Gewäsch und Gewimmel - Roman
ans Bett der sorglos Schlafenden und sah sie an. Als sie aufwachte, gestand erihr aufs Neue seine Liebe, verbunden mit der flehentlichen Bitte, zu ihm zurückzukehren. In der Hansestadt Bremen könne doch wieder alles gut werden. Da lachte sie ihn aus vollem Herzen aus, denn sie hatte keine Lust dazu.
Nun kannte er kein Halten mehr und wußte keine Rettung vor seiner Wut. Er erstickte sie mit dem Kopfkissen, damit sie nicht mehr lachte. Ebenso brachte er die vom Lärm aufgewachte, aus dem Nebenraum herbeigeeilte Freundin um. Nein, die erstach er, vielleicht aus Pietät vor der toten Liebe, mit dem Messer, das er für die Reifen mitgebracht hatte.
Störung
Berlin. Die in Verfolgung ihrer Verführungswünsche äußerst hartnäckige Studentin Katja beobachtet vom Fenster aus die Leute in ihren dicken Mänteln, mit Kappen und gravitätischen Hüten auf dem Kopf, nicht zu vergessen die bitterernsten Mienen. Gerade merkt sie, wie sehr es sie interessieren würde, die Passanten beim Ablegen ihrer Rüstung zu sehen, wenn sie sich Stück für Stück in Triebwesen verwandeln. Sie will es sich ausmalen, nicht nur beim Orchideenstudenten. Da ruft ihre Mutter an. Sie erkennt es am Atmen, noch bevor sich die Stimme meldet.
»Na!« sagt Katja, »sind wieder irgendwelche Leute an irgendwas gestorben?«
Es entsteht eine fassungslose kleine Pause. Dann wird stumm aufgelegt. Katja ist verdutzt, auch ein bißchen reuevoll: Ob es doch ein anderer war?
Eben noch da, dann nie wieder?
Der türkische Obsthändler hat ein kleines Schild an sein zerbrochenes Schaufenster geheftet. Elsa steht davor, mit leerem Einkaufskorb. Ach, der zuvorkommende Herr! Welche Noblesse beim Präsentieren getrockneter und frischer Feigen! Elsa hatseinen Ernst für eine erlesene Art orientalischen Stils gehalten. Das Sorgenvolle an ihm zwang zu fast unbedingter Treue. Nun aber, erfährt sie aus der Notiz, hat man einen Brandanschlag auf das Geschäft verübt. Es soll in sechs Wochen, behauptet der Zettel, tröstet der Zettel, nach der Renovierung wiedereröffnet werden.
Frühlingsrauschen
Wie es in den Winterbäumen rauscht! Erst in einigen Wochen wird man das gleiche Geräusch »Frühlingsrauschen« nennen dürfen.
Neuigkeit
Alex (»Ich genieße eben mein Leben!«), der früher einmal auf dem Markt Gewürze verkaufte, jetzt, nach vielen anderen Jobs, selbständiger Verkäufer von Presseartikeln, nimmt noch immer jede Woche gewissenhaft an den Chorproben teil. Wer weiß, ob er nicht dort eine tüchtige Frau, vielleicht sogar eine mit solidem Einkommen findet?
Duschanbe
Bin in der Hauptstadt Tadschikistans und habe ein funktionierendes Internetcafé gefunden. Love, Eva
Frau Fendels Katze
Frau Fendel lacht jedesmal leise, leise in sich hinein. Wenn ihre Katze bei einer Unverschämtheit zurückgewiesen wird, etwa beim Lagern auf der weißen Tischdecke, und sie, Frau Fendel, die Beleidigte nach einer Weile aus ihrem Schmollwinkel hervorlockt, zählt die Katze heimlich die Strafpunkte, die sie Frau Fendel erteilt hat, bis sie sich, wenn die Buße Minute für Minute abgeleistet ist, schließlich versöhnlich gibt. Gern erbricht sie sich auch und sieht Frau Fendel kalten Blutes zu, wie sie den Unratwegräumt, ihn in einem Plastiksäckchen verknotet, das sie zur Aschentonne bringt, und den Teppich desinfiziert.
Dann liegt sie lange neben der Frau, als warteten beide geduldig und träumerisch auf das Ende der Welt, ganz so, wie es sich Eva mit ihren Eltern und ihrem verstoßenen Freund gewünscht hat.
Gewäsch
Frankfurt. Ruth ist Herta an der Tür gleich mit einem kleinen Aufstöhnen um den Hals gefallen. Da wußte Herta, daß ihr Entschluß, nach Ruths letztem, alarmierendem Brief zu der Freundin zu fahren, das einzig Richtige war. »Dabei ist gar nichts, dabei ist doch überhaupt nichts«, schluchzte Ruth von Zeit zu Zeit. Mehr mußte erst mal nicht gesprochen werden. Ruth kochte wie gewohnt ihren erstklassigen Kaffee, rauchte auch immer noch, und zwar immer noch ihre extra langen Zigaretten, damit der Spaß nicht so schnell zu Ende ging.
Nun fand die wechselseitige Spurensuche in den Gesichtern statt. Sie hatten an sich selbst gelernt, wie man Zentimeter für Zentimeter altert. Beide betrachteten das Altern nicht mehr pauschal wie früher bei anderen. Es war jetzt, sogar bei Kummer, eine faszinierende Sache.
Irgendwann hatten die beiden Frauen dann ein bißchen Geschirr zum Spülen beisammen. Es konnte beginnen.
Vorher aber sagte Ruth, die schon imstande
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