Gewagt - Gewonnen
Unerfahrenheit und blonden Jugend.
Harder merkte nicht, daß seine Augen unablässig zwischen der Mutter und der Tochter hin und her wanderten.
Jörgen Trahne dagegen hatte es sofort bemerkt.
Harder brach auf. Frau Liberg bat ihn wiederzukommen, wenn er einmal Lust dazu habe, und Harder versicherte halb scherzend, halb ernsthaft, er würde sie sicher beim Wort nehmen.
Jörgen Trahne blieb zum Abendessen.
„Ich begleite dich ein Stück“, sagte Astrid, als er sich endlich verabschieden wollte. „Ich bin den ganzen Tag über nicht draußen gewesen, und ich brauche unbedingt etwas frische Luft.“
Sie gingen langsam. Astrid atmete die kühle, frische Luft in vollen Zügen. Jörgen war still. Er antwortete auf Astrids Geplauder sehr einsilbig.
„Bist du so tief in Gedanken?“ fragte sie schließlich verwundert.
„Ja“, erwiderte Jörgen.
„Dann kann ich dich ja ruhig deinen Gedanken überlassen“, sagte Astrid. „Ich kehre jetzt nämlich um und lege mich schlafen. Ich muß zeitig auf.“
Sie blieb unter einer Straßenlaterne stehen, erhob ihren Arm und warf einen Blick auf die neue Armbanduhr. Jörgen ergriff ihre Hand und betrachtete die Uhr. Sein Gesicht war bleich, sein Mund verkniffen.
„Ja, es gibt welche, die haben’s“, sagte er schließlich. „Wie gefällt es dir, von einem Herrn ein solches Geschenk zu erhalten?“ Astrid bemerkte sehr wohl den Stachel in seinen Worten. „Wie es mir gefällt? Das kannst du dir doch denken! Ausgezeichnet gefällt es mir. Harder ist immer riesig nett zu mir gewesen. Er sagt ja auch scherzweise, ich sei seine zweite Tochter.“
„Tochter… ist gut! Und auf den Leim kriechst du? Bildest du dir wirklich ein, die väterlichen Gefühle, die er angeblich für dich empfindet, hätten ihn dazu veranlaßt, dir ein solches Geschenk zu machen? Du mußt mich nicht falsch verstehen. Ich gönne dir natürlich alles Gute, und wenn du Harder auch dazu rechnest, dann gönne ich dir den auch. – Natürlich! Aber glaube nur ja nicht, daß er dich zur Tochter begehrt!“
„Was redest du da, Jörgen!“
„Ich bin ein Mann, Astrid, und ich verstehe auch etwas von Männern. Und du mußt dir einfach darüber klar sein, daß dieser Mann, der reichlich alt genug ist, um dein Vater sein zu können, der… der…“
„Ich will nichts mehr hören!“ sagte Astrid scharf. „Zwischen Harder und mir ist alles absolut in Ordnung. Wir sind in Oslo zusammen ausgegangen, und wenn er mir eine andere Freundlichkeit hätte zeigen wollen als die rein väterliche, dann hätte er Gelegenheit genug dazu gehabt!“
„Puh!“ sagte Jörgen. „Mir wird ganz übel, wenn ich dieses Gewäsch von den väterlichen Gefühlen höre. Er hat für dich ebensowenig väterliche Gefühle wie… wie ich! Ich kann dir nur raten: Nimm dich vor ihm in acht! Glaubst du, er ist ein Mönch? Oder etwa ein Engel vom Himmel? Er kann dir Schmuck und Geld und Autos und wer weiß was alles unter die Nase halten und…“
„Jörgen!“ Astrid stampfte mit dem Fuß auf den Asphalt, so böse war sie. „Ich dulde es nicht, daß du so von einem Manne sprichst, der ein guter Freund von mir ist! Du weißt ganz genau, daß du nicht die geringste Veranlassung dazu hast! Du bist nach deiner nächtlichen Inspektionsrunde übermüdet. Das beste ist, du gehst nach Hause und legst dich hin. Es ist wahrhaftig schon spät genug.“
„Ja, das mußt du ja wissen, denn du hast ja eine so feine Uhr“, fauchte Jörgen Trahne. Er lüftete seinen Hut und verschwand mit einem äußerst verblüfften und verwirrten Timian im Kielwasser.
„Väterlicher Freund!“ stieß Jörgen Trahne durch die Zähne. „Väterlicher Freund!!! Und das soll ich glauben?“
Du kannst dich auf mich verlassen…
Astrid ärgerte sich. Daß Männer so dumm sein konnten! Nun hatten sie und Jörgen es so schön miteinander gehabt. Es war so gemütlich gewesen, wenn er nachmittags zum Kaffee kam, mit der Mutter und ihr plauderte und mit Hein trainierte. Und da wurde er nun plötzlich aus bloßem Mißverstehen so völlig durchgedreht! Bloß weil Harder sie gut leiden konnte und nett zu ihr war!
Wie konnte er nur so töricht sein!
Eigentlich hatte sie erwartet, er würde anrufen und einen Ausflug am Sonntag vorschlagen. Aber er dachte nicht daran. Als das Telefon am Sonntag morgen läutete, war nicht Jörgen am Apparat, sondern Harder.
„Wollen Sie mir einen Gefallen tun, Fräulein Astrid?“
„Sehr gern!“
„Haben Sie heute etwas
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