Gewalt
den Status von 337 ethnischen Minderheiten in 124 Staaten seit 1950 wiedergibt. [1056] (Die Daten überlappen sich mit denen von Harff über den Völkermord, mit denen wir uns in Kapitel 6 beschäftigt haben.) Asal und Pate trugen den Prozentsatz der Staaten, in denen eine ethnische Minderheit politisch diskriminiert wurde, zusammen mit denen auf, in denen eine solche Minderheit besonders begünstigt wird. Wie man in Abbildung 7 - 5 erkennt, betrieben 1950 insgesamt 44 Prozent der Regierungen eine gehässige, diskriminierende Politik; 2003 waren es nur noch 19 Prozent, weniger als die Anzahl derer, die sich eine Antidiskriminierungspolitik zu eigen gemacht hatten.
Abbildung 7 – 5 :
Diskriminierungspolitik und Antidiskriminierungspolitik von 1950 bis 2003
Asal und Pate schlüsselten die Zahlen nach Regionen auf und stellten dabei fest, dass es Minderheiten in Amerika und Europa besonders gut geht; dort kommt offizielle Diskriminierung kaum noch vor. Eine gesetzlich sanktionierte Diskriminierung von Minderheitengruppen gibt es noch in Asien, Nordafrika, dem mittleren und südlichen Afrika und insbesondere dem Mittleren Osten, in allen Fällen sind jedoch seit dem Ende des Kalten Krieges Verbesserungen eingetreten. [1057] Die Autoren gelangen zu dem Schluss: »Die Bürde der offiziellen Diskriminierung ist überall leichter geworden. Der Trend begann in den westlichen Demokratien Ende der 1960 er Jahre, und in den 1990 er Jahren hatte er alle Teile der Welt erreicht.« [1058]
Der Rückgang betraf nicht nur die staatlich verordnete Diskriminierung, sondern auch die entmenschlichende und dämonisierende Geisteshaltung der einzelnen Menschen. Diese Behauptung mag den vielen Intellektuellen, nach deren Ansicht die Vereinigten Staaten bis auf die Knochen rassistisch sind, unglaublich erscheinen. Aber wie wir in diesem Buch immer wieder erfahren haben, gab es in der Menschheitsgeschichte bei jedem moralischen Fortschritt jene Gesellschaftskommentatoren, die darauf beharrten, es sei noch nie so schlimm gewesen. Der Politikwissenschaftler Andrew Hacker sagte 1968 voraus, die Afroamerikaner würden schon bald einen Aufstand beginnen und »Brücken und Wasserleitungen in die Luft sprengen, Gebäude in Brand setzen, Personen des öffentlichen Lebens und Berühmtheiten umbringen. Und natürlich wird es hier und da Amokläufe geben.« [1059] Unbeeindruckt vom Ausbleiben der Sprengungen und der Seltenheit von Amokläufen, legte er 1992 in
Two Nations: Black and White, Separate, Hostile, Unequal
noch einmal nach. Die Aussage dieses Buches lautete: »Es bleibt eine große Kluft zwischen den Rassen, und es gibt kaum Anzeichen, dass sie sich im kommenden Jahrhundert schließen wird.« Obwohl Oprah Winfrey, Michael Jordan und Colin Powell in den 1990 er Jahren wiederholt in Umfragen als meistbewunderte Amerikaner genannt wurden, beherrschten düstere Urteile über die Beziehungen zwischen den Rassen das literarische Leben. Der Jurist Derrick Bell schrieb beispielsweise 1992 in einem Buch mit dem Untertitel
The Permanence of Racism
[»Die Dauerhaftigkeit des Rassismus«]: »Rassismus ist ein integraler, dauerhafter und unzerstörbarer Bestandteil dieser Gesellschaft.« [1060]
Der Soziologe Lawrence Bobo und seine Kollegen wollten es genau wissen und untersuchten zu diesem Zweck die historische Entwicklung der Einstellungen weißer Amerikaner gegenüber ihren farbigen Landsleuten. [1061] Nach ihren Feststellungen ist der offene Rassismus alles andere als unzerstörbar: Er löst sich stetig auf. Wie man in Abbildung 7 - 6 erkennt, gab in den 1940 er und 1950 er Jahren eine Mehrheit der Amerikaner an, sie seien dagegen, dass schwarze Kinder weiße Schulen besuchen, und noch Anfang der 1960 er Jahre sagte fast die Hälfte, sie würden wegziehen, wenn nebenan eine schwarze Familie einzieht. In den 1980 er Jahren bewegte sich der Prozentsatz derer, die solche Einstellungen hatten, im einstelligen Bereich.
Abbildung 7 – 6 :
Rassentrennung befürwortende Einstellungen in den Vereinigten Staaten von 1942 bis 1997 . Anteil weißer Amerikaner, die glauben, dass schwarze und weiße Schüler auf getrennte Schule gehen sollten, und die »vielleicht« oder »ganz sicher« wegziehen würden, wenn nebenan eine schwarze Familie einzieht.
Wie wir an Abbildung 7 - 7 ablesen können, wurden Mischehen Ende der 1950 er Jahre nur von fünf Prozent der weißen US -Amerikaner befürwortet. Ende der 1990 er Jahre war dieser Anteil auf
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