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Gewalten

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Titel: Gewalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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beide Male, konnt’ gar nicht klar denken, hab regelrecht gezittert, ja, Mensch, da stellt man sich das immer vor, und dann auf einmal ... SCHOCKIERENDE FOTOS DES OPFERS – RECHTSMEDI - ZINER ENTSETZT DAS PUBLIKUM MIT DEN ERGEBNISSEN DER OBDUKTION .
    Ich kann also neben dir stehen, weiß genau, was jetzt kommt, na, das gefällt dir nicht, dass da noch jemand in der Wohnung ist, was? Aber keine Angst, ich halt mich zurück. Was mich interessieren würde, wo hast du den Trichter eigentlich her? Ich meine, wer hat heutzutage noch einen Trichter im Haus? Also ich habe keinen. Und als ich neulich bei meiner Mutter zum Essen war, habe ich sie gefragt, ob sie nicht zufällig einen Trichter hat, einen, sagt man das so?,
Speisetrichter
,
Lebensmitteltrichter
. Ich kann mich entsinnen, dass wir früher einen Trichter hatten, aber da haben wir noch woanders gewohnt. Denn ich habe mit diesem Trichter, blau war er wohl, gespielt, und da gibt’s ’ne Menge Sachen, die man mit einem Trichter spielen kann: Ich hab ihn meinen Puppen aufgesetzt wie eine Mütze, der Eisenmann aus »Alice im Wunderland«, Quatsch, »Der Zauberer der Smaragdenstadt« (das ist die Russenvariante vom »Zauberer von Oz«) hat auch so ein Ding auf dem Kopf gehabt, aber das war kein Lebensmitteltrichter, sondern einer aus Metall für Öl und Benzin und so was; wenn ich den Trichter auf den Boden gestellt habe zwischen meine Indianer und Ritter, war er die Kuppel eines mystischen Tempels, in dem ein böser Geist wohnte, der konnte oben aus dem Rohr raus- und reinfahren, je nachdem, wie er gerade drauf war, und wenn er Ritter und Indianer draußen totmachen musste, rein, raus, rein, raus, und am besten konnte man sich diesen Vielzwecktrichter
vor den Mund halten oder auch ans Ohr, da klang alles sonderbar klar und doch mit einem Rauschen unterlegt, und man konnte, mit dem Trichter vorm Mund, herrlich rumschreien! »Meine Damen und Herren, da sehen Sie die Meistermannschaft der BSG Chemie Leipzig, einen großen Applaus für den Kapitän Manfred Walter, der jetzt zusammen mit Trainer Alfred Kunze den Meisterpokal in den Leutzscher Himmel stemmt! Und da singen die fast 30000 Zuschauer, wie aus einem Mund kommt das ...«
    TODESURSACHE IST ERSTICKEN . Das Klebeband hattest du schon zurechtgelegt, das weiß ich, braunes Paketklebeband, das hast du vielleicht sogar im Schreibwarenladen auf der Martinbrücke gekauft, oder aber im Schlecker, da gibt’s so was auch, glaub ich. Oder vielleicht hatte deine Mutter das sowieso im Haushalt, kann man immer gebrauchen, Weihnachtspakete, Putz- und Flickstunde, einen Trichter hatte sie ja auch, war ein gutgeführter Haushalt, da kann man ihr nun wirklich keinen Vorwurf machen. UM HILFESCHREIE ZU UNTERDRÜCKEN , WOLLTE ER IHREN MUND MIT KLEBEBAND VERSCHLIESSEN . Und hier steig ich so langsam aus, auch wenn ich mir alle Mühe gebe, dich zu verstehen. Es sind nämlich eine Menge Sackgassen in deinen Planungen. Da ist deine Gier nach ihrem Körper so groß geworden, würd’ ich mal sagen, dass du nur ein bestimmtes Feld überschauen konntest, bis hier hin und nicht weiter. Ich meine, wer kennt das nicht, ohne das jetzt miteinander vergleichen zu wollen; man trifft eine Frau in der Disco oder irgendwo anders, und obwohl man gebunden ist, glücklich verheiratet meinetwegen, geht’s zu ihr oder zu dir, da denkt man eben erstmal nur an das, was da wohl gleich Aufregendes kommt und wie sich das anfühlt, und nicht an die Dominosteine, die dann
klack, klack, klack
, einer nach dem anderen umkippen und das Ganze unüberschaubar machen. Also ohne das jetzt miteinander zu vergleichen.
Klack, klack, klack.
Dabei hast du doch genug Zeit gehabt, hast sie doch tagelang beobachtet, hast dir immer wieder vorgestellt, wie das wohl ist, wie sich das wohl anfühlt, aber wenn du das, was du vorhast, mit ihr gemacht hast, was dann? Und wohin mit ihr? Sie zum Beispiel erstmal ein bisschen beschwatzen, wie das so einige Pädos tun, daran hast du ja gar nicht gedacht, nein, du kamst gleich mit dem Klebeband, da hat sie noch keine drei Minuten auf dem Sofa gesessen. Aber ich sagte ja schon, du bist ein ganz spezieller Fall, und im wissenschaftlichen, medizinischen und wie auch immer Sinne gar kein Pädo nehm' ich an, da muss man deinen Kopf sezieren und mit einer langen dünnen Nadel mal hier und da reinstechen, um die Gedankenströme ... und schau mal, da hab ich doch tatsächlich ein Bild, oder besser gesagt einen Ton, »Oma und Mutti, Oma und

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