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Gewitter über Pluto: Roman

Gewitter über Pluto: Roman

Titel: Gewitter über Pluto: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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endlich auf und fahren hinter mir her.«
    Ohne mir die Chance zu geben, ihn zum Teufel zu wünschen, stieß er
sich mit seinen Stöcken von der kleinen Rampe ab, glitt mit eng geführten
Schiern auf die Piste hinüber und ließ sich in der Art eines
Fallschirmspringers in ein Steilstück hineinfallen, welches er in rasch
folgenden Bögen, die Kanten heftig in die verdichteten Kristalle stoßend,
bewältigte. Es sah aus, als wollte er den Abhang zureiten, den Willen eines
Pferdes unterdrücken.
    Ich war weit entfernt, mich an dieser Zureiterei beteiligen zu
wollen, weshalb ich ein Pistenstück auswählte, das flacher schien. Allerdings
lag es im Schatten und entpuppte sich als eisig. Nicht, daß ich zum ersten Mal
auf Brettern stand, aber ich tat mich ungemein schwer. Fühlte mich weniger wie
auf einem Pferd, was schlimm genug gewesen wäre, sondern eher wie auf einem
Krokodil, dessen Zähmung bekanntermaßen zu den tendenziell sinnlosen Aufgaben
zählt.
    Während ich auf eine zitternde Weise schräg abrutschte, erkannte ich
von fern, wie der Mann auf der gegenüberliegenden Seite der Piste in einen Weg
hineinfuhr, der zwischen den Bäumen lag. Also mühte ich mich noch ein Stück
abwärts und querte dann den Hang, ohne mich groß um die Heruntersausenden zu
kümmern, die alle besser fuhren als ich und also imstande waren, auszuweichen.
    Einmal fiel ich hin, aber eigentlich nur als Folge meiner
Langsamkeit. Doch ich schaffte es und erreichte den Pfad, auf dem der andere
verschwunden war, steuerte in das Schattenreich hinein und gelangte in
gemächlicher Fahrt an eine weitere Abzweigung. Ein Weg ging nach oben. Zwanzig
Meter über mir stand der Mann und winkte. Ich stellte die Schier quer und
quälte mich – wie jemand, der gezwungen ist, eine Serie Dominosteine wieder
aufzustellen – das ansteigende Stück hoch. Beim letzten Stein angekommen,
führte der Weg um eine Kurve herum und endete vor einer massiven, mit der
Rückseite an den Fels grenzenden Holzhütte. Der Mann hatte seine Latten an die
Wand gestellt. Ich tat es ihm gleich.
    Â»Sie sind wohl kein großer Schifahrer?« meinte er.
    Â»Sie sollten erst mal sehen, wie schlecht ich Golf spiele.«
    Das war nicht nur ironisch gemeint. So dynamisch und gelenkig ich
sein konnte, wenn es sich als absolut nötig erwies, so wenig war ich ein Freund
des Sports. Der Sport macht die Menschen schlecht. Man kann es deutlich an
jenen sehen, die vom Sport leben. Hand aufs Herz: Gab es je einen sympathischen
Fußballspieler? Turnte je ein Mann am Reck, der echte Zuneigung verdiente? War
je eine Damenvolleyballmannschaft imstande, einen Turniersieg anders als durch
kollektive Entgleisung zu feiern?
    Der Mann gab mir ein Zeichen. Ich setzte meine betonierten Füße in
Bewegung und folgte ihm in das Innere der Hütte.
    Die keine Hütte war. Sondern gewissermaßen ein Hangar. Der Raum
weitete sich nach hinten in das Innere des Felsens. Dort lag eine Höhle im
Licht mehrerer Spots. Es roch wie in einer Bäckerei. Über einer Mulde schwebte… Das muß man unseren Leuten wirklich
lassen. So schlecht sie die Vögel im Griff haben, Raumschiffe können sie bauen.
Das Objekt, das ein paar Meter über dem Boden schwebte und an die fünfzig Meter
maß, besaß die perfekt aerodynamische Gestalt einer horizontalen, leicht in die
Länge gezogenen Träne. Die Hülle bestand vollkommen aus Wasser, welches in
einer stark verzögerten Bewegung dahinfloß und verschiedene Läufe bildete, die
ständig ihre Struktur veränderten. Nur an manchen Stellen hatten sich
gleichbleibende Wirbel gebildet, in der Art jenes großen, roten Flecks, den
Jupiter beherbergt. Überhaupt funktionierten diese Strömungen mit ihren
unterschiedlichen Richtungen und Geschwindigkeiten nicht unähnlich denen des
großen Gasplaneten. Wobei die hochenergetischen »Flecken« das eigentliche
Antriebssystem darstellten, während die veränderlichen »Streifen« die
schützende Ummantelung bildeten. Zudem versorgten sie das Innere mit Sauerstoff
und erzeugten im Zuge ihrer diversen Rotationen ein Gravitationsfeld. Das ganze
Objekt erstrahlte in vielen Varianten von hellem Blau, wobei die Oberfläche wie
mit Glas bedeckt schien, auch wenn sie das nicht war, sondern aus purem Wasser
bestand. Welches freilich mittels seiner speziellen Strömungsanordnung

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