Gewitter über Pluto: Roman
Unmöglichkeit sprechen, die gewaltigen Distanzen im
Universum zu überwinden. Das wird wahrlich ein ewiges Hindernis bleiben, selbst
für Leute, deren Alter tausend Jahre und mehr zählt. Wir werden nie durch
Wurmlöcher passen, und wir werden weder den Raum noch die Zeit überlisten. Und
schon gar nicht wird der Trainer mit sich reden lassen.
Aber von welchem Raum reden wir überhaupt? Wenn der Homo sapiens an
AuÃerirdische denkt, denkt er immer an ferne Galaxien, zumindest an den
nächstgelegenen Stern, freilich nie an das eigene Sonnensystem. Man tut so, als
handle es sich um ein ziemlich übersichtliches Gelände, welches längst
erforscht und durchwandert ist, ja als spreche man vom Frankenwald oder den
Trimm-dich-Wegen rund um den Wörthersee. Die Leute bekommen zu hören, der Mars
sei definitiv unbewohnt, keine Mikrobe weit und breit, und glauben es sofort.
Dabei stellt sich die Frage, über welchen Mars da eigentlich gesprochen wird.
Jener Mars, auf dem die Amerikaner ein paar Roboter absetzen konnten, die in der
Folge ein Gebiet von der GröÃe eines Schrebergartens erobert haben? Man stelle
sich vor, diese Roboterchen würden gar nicht wegen ihrer leeren Batterien keine
Signale mehr aussenden, sondern einfach darum, weil irgend jemand versehentlich
auf sie draufgestiegen ist. Ich will jetzt nicht sagen, es gäbe Leben auf dem
Mars, noch dazu Leben mit der Fähigkeit, versehentlich auf was draufzusteigen,
aber wenn die Forscher so tun, als wüÃten sie bestens über den Mars Bescheid,
ist das eigentlich eine Frechheit.
Man sollte nun bedenken, daà gerade in den Gebieten jenseits des
Asteroidengürtels etwas besteht, das man in Anlehnung an die Formulierung weiÃe Flecken als schwarze Flecken bezeichnen
kann. Und tatsächlich schwirrt dort drauÃen derart viel kohlehaltiges Zeug und
stark verdrecktes Eis durch die Gegend, daà die Sicht praktisch verstellt ist.
Nach beiden Seiten hin, versteht sich. Sodaà es einigen glücklichen Fügungen zu
verdanken war â und sehr viel weniger unserer etwas weiter fortgeschrittenen
Technik â, daà wir die Erde entdeckten, die Erde aber nicht uns.
Was die Menschen nicht wissen können â wenngleich einige ihrer
Wissenschaftler diesbezügliche Vermutungen bereits aufgestellt haben â, ist
folgendes: Das Sonnensystem, in dem wir alle leben, ist ein Doppelsternsystem.
Wobei die Leuchtkraft dieser zweiten Sonne um einiges schwächer ausfällt, der
Planet hingegen, von dem ich herstamme, bedeutend gröÃer ist als die Erde und auch
sehr viel näher an seiner Sonne gelegen. Unser Planet ist weniger blau, mehr
graubraun, aber ebenfalls sehr schön. Die Meere grün wie englischer Rasen. Wie
gesagt, es gibt kaum Würmer, überhaupt weniger Wirbellose, weniger Parasiten,
dafür eine Unmenge Vögel. Manchmal ist der Himmel schwarz davon. Die Vögel sind
unsere Plage. Und auch wenn sie uns nicht angreifen, sondern bloà die
Landwirtschaft bedrohen, ihren Kot über die Städte verteilen und diverse
Krankheiten in Umlauf bringen, war mir gar nicht zum Lachen zumute, als ich das
erste Mal Hitchcocks »Vögel« sah. Wir wissen bis heute nicht, wie das mit
diesen Tieren so kommen konnte, warum sie sich seit Jahrtausenden derart
vermehren. Den Rest haben wir eigentlich ganz gut im Griff, die
Umweltverschmutzung hält sich in Grenzen (wobei einige meinen, daà wir genau
darum das Problem mit den Vögeln haben), die Armut verringert sich ständig, und
die Kriege, die hin und wieder ausbrechen, sind nicht weiter von Bedeutung â
wenige Tote, wenig Ehrgeiz, eher handelt es sich Reminiszenzen an frühere
Kriege, ja man könnte von Scharmützeln sprechen, von miniaturisierten
Konflikten, die einer puren Sentimentalität entspringen. Nein, jeder hier weiÃ,
nicht zuletzt die Generäle, daà die Zeit der echten Kriege vorbei ist. Es hat
sich einfach ausgekriegt. Als Ersatz dafür hat man viel Geld in die
Weltraumforschung investiert. Ganz nach dem Motto, anstatt den Nachbarstaat zu
erobern, diese Ehre dem Weltraum zuteil werden zu lassen. Nun ja, zuerst ging
es um die zwei Monde, die uns umkreisen, die aber auch nicht viel spannender
als la Luna sind. Darum hielten wir Ausschau nach interessanteren Dingen. Es
war ein Mann namens Nurgaski, der dank eines Systems, das er »Befragung
reisender Teilchen« taufte, erste handfeste Beweise
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