Gezaehmt im Bett einer Lady
beziehen. Ihr Assistent war Phelps, der Kutscher.
Er war einer der wenigen Dienstboten, der schon zu Zeiten des vorherigen Marquess auf Athcourt gedient hatte. Damals war Phelps nur ein einfacher Stallbursche gewesen. Dass er behalten und befördert worden war, war Beweis für Dains Wertschätzung seiner Fähigkeiten. Dass er „Phelps“ gerufen wurde statt „John Coachman“, wie es sonst üblich war, zeigte die Hochachtung für den Mann selbst.
Diese Hochachtung wurde erwidert.
Das hieß jedoch nicht, dass Phelps Seine Lordschaft für unfehlbar hielte. Was es bedeutete, so hatte Jessica kurz nach dem Zwischenfall in Devonport erfahren, war, dass Phelps den Unterschied kannte, zwischen dem, was der Herr ihm befohlen hatte, und dem, was gut für ihn war.
Die Verbindung zwischen Jessica und dem Kutscher hatte am ersten Sonntag begonnen, an dem sie in die Kirche in Athton gegangen war. Nachdem sie aus der Kutsche gestiegen war, hatte Phelps sie um Erlaubnis gebeten, auf seine eigene Weise Seelenforschung zu betreiben - und zwar im Gasthaus des Ortes, dem Whistling Ghost.
„Gewiss doch“, hatte Jessica geantwortet und mit einem reuigen Lächeln hinzugefügt: „Ich wünschte nur, ich könnte mitkommen.“
„Kann ich mir denken“, hatte er in seinem breiten Devon-Dialekt erwidert. „Das Kuddelmuddel gestern mit der dummen Frau wird sich inzwischen in ganz Dartmoor herumgesprochen haben. Aber Ihre Ladyschaft hat nichts gegen ein bisschen Gucken und Zungenwetzen, nicht wahr? Sie haben auf ihn geschossen, jawohl.“ Sein ledriges Gesicht legte sich in zahllose Falten. „Gut. Sie werden den anderen schon noch beibringen, aus was für einem Holz Sie geschnitzt sind.“
Ein paar Tage später, als er sie in die Pfarre zum Tee fuhr, klärte Phelps seinen Standpunkt genauer, indem er Jessica mitteilte, was er im Whistling Ghost über Charity Graves und den Jungen Dominick erfahren hatte, ergänzt durch das, was er selbst über die Sache wusste.
Daher hatte Jessica an diesem fünften Sonntag eine gute Vorstellung davon, was für eine Sorte Frau Charity Graves war, und mehr als genug Bestätigung ihrer Einschätzung, dass Dominick gerettet werden musste.
Soweit Phelps es wusste, war der Junge unter der Obhut der alten Annie Geach, einer Hebamme, aufgewachsen, während Charity wie eine Zigeunerin durch Dartmoor streifte. Annie war gestorben, etwa einen Monat bevor Dain nach England zurückgekehrt war. Seitdem hielt sich auch Charity Graves in der Nähe von Athton auf. Obwohl sie selten im Dorf gesehen wurde, traf man ihren Sohn, der praktisch sich selbst überlassen war, viel zu oft - und zudem trieb er zu oft groben Unfug.
Ungefähr vor eineinhalb Monaten hatten einige wohlmeinende Bürger versucht, ihn in die Schule zu stecken. Dominick hatte sich geweigert, sich irgendwohin stecken zu lassen, und hatte Stattdessen nichts als dumme Streiche im Sinn gehabt, bei den drei Malen, die er in die Schule gegangen war. Er hatte mit den anderen Kindern Streit angefangen und Lehrern wie Mitschülern übel mitgespielt. Man konnte ihm kein gutes Benehmen beibringen, weil er mit Lachen, Spott und Schimpfwörtern antwortete. Man konnte ihn auch nicht zum Gehorsam prügeln, weil man ihn dazu erst fangen musste, er aber teuflisch flink war.
In den letzten paar Wochen hatte sich sein Betragen dramatisch verschlimmert, die Vorfälle häuften sich. Während einer Woche hatte Dominick am Montag Mrs Knapps Wäsche von der Leine gezogen und in den Schlamm getreten; am Mittwoch hatte er eine tote Maus in Missy Lobbs Marktkorb fallen lassen; am Freitag hatte er mit Pferdeäpfeln auf die frisch gestrichene Stalltür von Mr Pomeroy geworfen.
Und vor Kurzem erst hatte Dominick zwei Jungen Veilchen verpasst, einem weiteren die Nase blutig geschlagen und an die Eingangstür des Backhauses uriniert sowie der Hausmagd des Pfarrers seinen entblößten Hintern gezeigt. Bislang hatten die Dorfbewohner ihre Beschwerden für sich behalten. Selbst wenn sie in der Lage gewesen wären, Dominicks habhaft zu werden, so waren sie ratlos, was sie mit dem Satansbraten anfangen sollten, dem Sohn des Schlossherrn. Bislang hatte niemand den Mut aufgebracht, Dain mit den Vergehen seines Sprösslings zu konfrontieren. Niemand hatte bislang die ungeschriebenen Gesetze von Takt und Anstand überwinden können, um sich über Dains unehelichen Sohn bei seiner Ehefrau zu beschweren. Und niemand konnte Charity Graves ausfindig machen und sie dazu bringen, etwas
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