Gezaehmt im Bett einer Lady
rücksichtslos.“
Rücksichtslos. Boshaft. Teuflisch.
„Oh nein, so nicht“, stieß Dain aus. „Nicht über Mittelsmänner, du Teufelsbrut.“ Er zerknüllte die Nachricht zu einem festen Papierknäuel und warf es auf den Kaminrost. Dann marschierte er zu seinem Schreibtisch, nahm sich ein Blatt Papier, kritzelte eine Antwort darauf und rief nach seinem Kammerdiener.
In seiner Nachricht an Mr Herriard hatte Dain erklärt, dass er sich mit Miss Trent um sieben Uhr abends im Haus ihres Bruders treffen wolle. Er würde nicht, wie es Herriard gefordert hatte, seinen Anwalt senden, damit der mit ihrem verhandelte, weil der Marquess of Dain nicht beabsichtigte, wie er schrieb, sich „durch einen Stellvertreter“ auf etwas „festschwören und ausbluten“ zu lassen. Wenn Miss Trent Bedingungen diktieren wollte, dann könne sie das gerne persönlich tun. Wenn ihr das nicht zusagte, stünde es ihr selbstverständlich frei, ihren Bruder zu Dain zu schicken, der liebend gerne die Angelegenheit mit ihm auf zwanzig Schritt Entfernung regeln würde - diesmal aber beide Seiten bewaffnet.
Angesichts des letzten Vorschlags entschied Jessica, es sei wohl am besten, wenn Bertie den Abend anderswo verbrachte. Er hatte immer noch keine Ahnung, was geschehen war.
Sie war von der Polizeiwache heimgekehrt und hatte ihren Bruder unter den schmerzlichen Folgen seines übermäßigen Alkoholgenusses auf Lady Wallingdons Ball leidend vorgefunden. Da seine Konstitution geschwächt war von Monaten eines ausschweifenden Lebenswandels, war er schweren Verdauungsstörungen erlegen und hatte erst zum Nachmittagstee gestern das Bett wieder verlassen.
Selbst unter günstigsten Umständen war die Funktion seines Gehirns unzuverlässig. Gegenwärtig würde die Anstrengung, Dains ungewöhnliches Verhalten zu begreifen, einen Rückfall auslösen, wenn nicht gar einen Schlaganfall. Ebenso bedeutend war, dass Jessica es nicht riskieren wollte, dass Bertie hinter Dain herstolperte, von der fehlgeleiteten Idee beseelt, ihre Ehre zu rächen.
Genevieve hatte ihr zugestimmt. Sie hatte dementsprechend Bertie mitgenommen, um mit ihm zusammen beim Duc d’Abonville zu speisen. Man konnte sich bei dem Herzog darauf verlassen, dass er seine Zunge hütete. Schließlich war er es gewesen, der Jessica ans Herz gelegt hatte, die ihre zu hüten, bis sie mit einem Anwalt gesprochen hatte.
Es war ebenfalls der Herzog, der Mr Herriards Honorar zahlte. Wenn Jessica sich damit nicht einverstanden erklärt hätte, hätte Abonville selbst Dain zum Duell gefordert. Dieses Angebot hatte Jessica alles verraten, was sie über die Gefühle wissen musste, die der französische Adelige für Genevieve hegte.
Um sieben Uhr war Bertie deswegen glücklich aus dem Weg geräumt. Nur Mr Herriard befand sich bei Jessica im Salon. Sie standen vor einem Tisch, auf dem ein ordentlicher Stapel Papiere lag, als Dain hereinmarschierte.
Er ließ seinen Blick verächtlich über Herriard gleiten, dann richtete er seine sardonisch funkelnden obsidianschwarzen Augen auf Jessica. „Madam“, sagte er mit einem knappen Nicken.
„Mylord“, entgegnete sie mit einem noch knapperen.
„Damit ist den Regeln der Höflichkeit Genüge getan“, bemerkte er. „Sie können mit der Erpressung beginnen.“
Mr Herriards Lippen wurden schmal, jedoch er sagte nichts.
Er nahm die Papiere vom Tisch und reichte sie Dain, der damit quer durch den Raum zu einem Fenster ging. Er platzierte die Papiere vor sich auf der breiten Fensterbank, hob das oberste Blatt an und las es langsam. Als er fertig war, legte er es hin und nahm sich das nächste.
Minuten vergingen. Jessica wartete, wurde mit jedem Moment, der verstrich, nervöser.
Schließlich, nahezu eine halbe Stunde später, blickte Dain von den Dokumenten auf, die zu verstehen er nur einen Bruchteil der Zeit hätte benötigen sollen.
„Ich habe mich gefragt, wie Sie vorgehen wollen“, teilte er Herriard mit. „Wenn wir uns das ganze juristische Latein ersparen, läuft alles auf eine Anklage wegen Verleumdung hinaus - falls ich mich nicht einverstanden erkläre, die Sache außergerichtlich entsprechend Ihrer übertriebenen Forderungen zu regeln.“
„Die Worte, die Sie in Hörweite von sechs anderen Personen geäußert haben, lassen nur eine Deutung zu, Mylord“, erklärte Herriard. „Mit diesen Worten haben Sie das gesellschaftliche Ansehen und die finanzielle Glaubwürdigkeit meiner Mandantin zerstört. Sie haben es ihr unmöglich gemacht,
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