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Gezeiten der Liebe

Gezeiten der Liebe

Titel: Gezeiten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Roberts
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zu halten, dachte Grace. Was sie am liebsten gesagt hätte, war so gehässig, daß sie unter Umständen ihren Job los geworden wäre. Deshalb ging sie wortlos davon und brachte die leeren Gläser zum Bartresen.

    »Macht er Ärger, Grace?«
    Sie lächelte Steve matt zu. Jetzt hielten nur noch sie beide die Stellung. Die zweite Kellnerin hatte um Mitternacht Schluß gemacht. Sie habe Migräne, sagte sie. Da sie weiß war wie ein Gespenst, hatte Grace sie nach Hause geschickt und sich bereit erklärt, sie zu vertreten.
    »Bloß einer von der Sorte, die sich für absolut unwiderstehlich halten. Kein Grund zur Sorge.«
    »Wenn er bis zur Sperrstunde nicht verschwunden ist, warte ich, bis du im Auto sitzt und losfährst.«
    Sie gab nur einen unverbindlichen Laut von sich. Bisher hatte sie nichts davon gesagt, daß sie im Moment keinen fahrbaren Untersatz hatte, da Steve sonst garantiert darauf bestanden hätte, sie nach Hause zu fahren. Aber er wohnte zwanzig Minuten von hier entfernt, in der entgegensetzten Richtung. Und zu Hause wartete seine schwangere Frau auf ihn.
    Sie kassierte an den Tischen, räumte ab und bemerkte erleichtert, daß ihr Problemgast endlich aufstand, um zu gehen. Die 18,83 Dollar bezahlte er bar, alles in allem ließ er zwanzig Dollar auf dem Tisch liegen. Obwohl es ihm gelungen war, in den vergangenen drei Stunden den Großteil ihrer Zeit und Aufmerksamkeit mit Beschlag zu belegen, war Grace zu erschöpft, um sich über das lausige Trinkgeld zu ärgern.
    Es dauerte nicht lange, bis der Pub sich geleert hatte. Die Kundschaft hatte überwiegend aus Collegestudenten bestanden, die in aller Ruhe ein Bier trinken und sich unterhalten wollten. Sie schätzte, daß seit Beginn ihrer Schicht um sieben nicht mehr als zwanzig Gäste das Lokal besucht hatten. Die Trinkgelder des heutigen Abends würden ihr keine große Hilfe sein, wenn sie sich einen neuen Wagen kaufen wollte.
    Es war so still, daß sie beide erschrocken zusammenfuhren, als plötzlich das Telefon läutete. Während Grace
noch über ihre Reaktion lachen mußte, wich alle Farbe aus Steves Gesicht. »Mollie«, stieß er nur hervor, ehe er zum Telefon stürzte. »Ist es schon soweit?« stammelte er in den Hörer.
    Grace ging zu ihm. Ob sie stark genug war, ihn aufzufangen, wenn er in Ohnmacht fiel? Als er aufgeregt nickte, lächelte sie.
    »Na gut. Du – du rufst den Arzt an, ja? Es ist alles vorbereitet. In welchem Abstand ... O Gott, o Gott, bin schon auf dem Weg. Rühr dich nicht vom Fleck. Tu gar nichts. Mach dir keine Sorgen.«
    Er warf den Hörer auf die Gabel, dann erstarrte er. »Es ist so weit ... Molli ... meine Frau ...«
    »Ja, ich weiß, wer Mollie ist – wir sind zusammen zur Schule gegangen, wir kennen uns seit dem Kindergarten.« Grace lachte. Dann nahm sie sein Gesicht in ihre Hände und küßte ihn, weil er so lieb und so verängstigt aussah. »Fahr schon los. Aber sei bloß vorsichtig. Babys lassen sich viel Zeit, wenn sie kommen. Sie werden auf dich warten.«
    »Wir kriegen ein Baby«, sagte er langsam, als probiere er aus, wie das klang. »Mollie und ich.«
    »Ich weiß. Und es ist einfach großartig. Sag ihr, daß ich sie besuche, sie und das Baby. Aber wenn du weiter so dastehst, als wären deine Füße am Boden festgewachsen, wird sie wohl selbst zum Krankenhaus fahren müssen.«
    »Gott! Ich muß los.« Auf dem Weg zur Tür warf er einen Stuhl um. »Die Schlüssel, wo sind die Schlüssel?«
    »Deine Autoschlüssel stecken in deiner Tasche. Die Schlüssel zum Pub liegen hinter der Bar. Ich schließe ab, Daddy.«
    Er blieb stehen und lächelte ihr über die Schulter hinweg strahlend zu. »Wow!« Damit verschwand er.
    Grace kicherte immer noch, als sie den Stuhl aufhob und verkehrt herum auf den Tisch stellte.
    Sie dachte an die Nacht zurück, als bei ihr die Wehen eingesetzt
hatten. Oh, sie war so verängstigt, war so aufgeregt gewesen. Dann mußte sie allein zum Krankenhaus fahren, da kein Ehemann da war, der mit ihr zittern und bangen konnte. Es war niemand da, der bei ihr sitzen konnte, ihr sagte, wie sie atmen sollte, und ihr die Hand hielt.
    Als sie die Schmerzen und die Einsamkeit nicht mehr aushielt, war sie schwach geworden und hatte die Krankenschwester gebeten, bei ihrer Mutter anzurufen. Natürlich kam ihre Mutter auch sofort, blieb bei ihr und erlebte mit, wie Aubrey zur Welt kam. Sie weinten zusammen, lachten zusammen, und alles war wieder gut gewesen.
    Ihr Vater war nicht gekommen. Damals nicht, und

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