Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
sexuell reichlich unerfahren, Ty, aber ich glaube, der Unterschied ist mir klar. Das brauchtest du mir nicht zu versichern.« Er strahlte immer noch so viel Schmerz aus, dass Libby es kaum noch im Wagen aushielt. Dennoch stieg sie nicht aus. Sie wollte nicht riskieren, dass er sich abgelehnt fühlen könnte. Durch die Dinge, die Sam gesagt hatte, und wie sein Cousin ihn behandelt hatte, war seine so sorgsam verborgene Kindheit an die Oberfläche gekommen.
»Er hat dir wehgetan, Libby.«
»Er hat dir wehgetan, Ty«, hob sie behutsam hervor. »Deine Eltern haben dir wehgetan. Menschen, die wir lieben, können uns wehtun. Wir geben ihnen diese Macht über uns in die Hand, indem wir sie lieben. Das gehört nun mal zum Leben dazu. Man kann nicht ständig als Zuschauer am Spielfeldrand sitzen oder sich ewig in einem Labor verstecken. Das Leben ist eine verfahrene Angelegenheit, Ty. Wenn du mir deine Liebe nicht anvertraust, wirst du niemals wissen, ob es mit uns geklappt hätte oder nicht. Was Sam meint oder was Sarah meint, spielt letzten Endes keine Rolle. Was zählt ist nur, was wir meinen.«
Seine Hände gruben sich in ihr Haar, und er zog sie dicht an sich und hielt ihren Kopf still. »Ich meine, dass ich dich so sehr will, wie ich noch nie etwas anderes in meinem Leben wollte. Was meinst du, Libby?«
Sie sah in seine stechend blauen Augen und hatte wieder dieses seltsame Gefühl dahinzuschmelzen. Aber entscheidender als das, entscheidender als der Schmerz zwischen ihren Beinen und die Spannung in ihren Brüsten, war das Gefühl, dass mit ihnen alles seine Richtigkeit hatte. Die Liebe konnte überwältigend sein, und für einen langen Moment konnte sie ihn nur stumm ansehen.
Tyson löste seinen Blick keine Sekunde von ihrem Gesicht. Er zuckte mit keiner Wimper. Seine Welt, seine Zukunft und der Rest seines Lebens hingen von diesem einen eigenartigen Moment am Straßenrand ab. Ihr zarter Duft drang ihm in die Nase, und ihr Haar fühlte sich in seinen Händen an wie Knitterseide. Libby Drake mit ihren großen grünen Augen und dem Schlafzimmerblick, mit ihrem sinnlichen Mund und ihrer natürlichen Unschuld. Sie hätte sich noch so sehr anstrengen können und es wäre ihr doch nicht gelungen, ihre Gedanken vor ihm zu verbergen. Ihr Gesicht war so aussagekräftig wie das keines anderen Menschen, der ihm je begegnet war.
Und er sah Liebe in ihren Augen. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Es mochte zwar sein, dass ihm solch ein Blick noch nie begegnet war, doch dieser Ausdruck war unverkennbar, und sein Herzschlag beschleunigte sich. Sein Puls rauschte in seinen Ohren, und Tränen brannten in seinen Augen. Um zu verhindern, dass er sich lächerlich machte, beugte er sich hinunter und nahm ihr die Worte, während sie sich bildeten, aus dem Mund. Kostete sie. Genoss jedes Einzelne von ihnen. Sog sie in sich auf, um sie dort zu bewahren.
Aus einem Quell, den er vor langer Zeit hatte versiegen lassen, sprudelten Gefühle auf. Sie durchfluteten seinen Körper, seine Seele, sein Herz, bis er innerlich bebte. Er küsste sie und wusste nicht, ob die Tränen seiner Vergangenheit oder der ungewissen Zukunft galten. Er wandte sein Gesicht von ihr ab und ließ den Porsche an.
»Ich kann nicht darüber reden, Libby«, sagte er mit abgewandtem Gesicht. »Fang also gar nicht erst davon an.«
Libby legte ihre Hand auf seine, als er in einen höheren Gang schaltete. »Du kannst nicht darüber reden, dass du mich liebst?«
Das kleine Lächeln in ihrer Stimme zog den emotionalen Knoten in seinen Eingeweiden noch fester zu. »Es ist mein Ernst, Lib. Ich werde keiner dieser gefühlsduseligen Männer
sein, die sich von Frauen herumschubsen lassen.« Er bemühte sich vergeblich, seine Stimme betont herrisch klingen zu lassen.
Sie lachte schallend – ein lieblicher Klang, der Musik in seinen Ohren zu sein schien. »Du meinst, du wirst mir nie sagen, dass du mich liebst?«
»Ich habe es gerade getan. Ich habe es dir gesagt und das sollte genügen.«
»Für den Rest meines Lebens?«
»Wie oft sollte das ein Mann einer Frau denn sagen?«
»Wenn sie ihr Leben miteinander verbringen? Oder in den wenigen Jahren, bevor sie sich scheiden lassen, weil er es nie sagt und sie es nicht weiß?«
Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Es wird keine Scheidung geben, und sie sollte es ohnehin wissen, wenn sie so klug ist wie du. Es ist nicht gerade eine meiner Stärken, nett zu sein, wenn ich auch ungern zugebe, dass Sam in irgendeinem Punkt
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