Gezeiten der Sehnsucht - Feehan, C: Gezeiten der Sehnsucht - Dangerous Tides (4 - Libby)
wie vor sauber und anständig.«
»Tja, der Schmutz verträgt sich nicht so recht mit diesem Bild und der Knutschfleck noch viel weniger.«
»Das Muttermal«, verbesserte Libby sie.
»Nein, dieses sehr große und auffällige Muttermal auf deinem
Hals auch nicht. Hast du dich nun mit ihm im Schmutz gewälzt oder nicht? Wissbegierige Naturen brauchen auf solche Fragen dringend Antworten.«
»Natürlich nicht.« Libby konnte nichts gegen die Röte tun, die sich in ihren Hals stahl und ihre Wangen so rosig färbte wie ihre verbrannte Nase. »Natürlich nicht«, wiederholte sie.
Hannah schüttelte den Kopf, und ihre platinblonden Korkenzieherlocken wirbelten um ihre Schultern und auf ihrem Rücken. »O Libby. Mit dem hast du dir echte Schwierigkeiten eingehandelt, stimmt’s? Wer ist er überhaupt?«
»Das verrate ich nicht.« Libby trat sich die Schuhe von den Füßen und legte ihre Beine auf die kleine Ottomane. »Ich mag ihn noch nicht mal.«
»Meine Güte, das ist ja noch schlimmer. Er muss teuflisch gut küssen. Er ist ein scharfer Typ, stimmt’s?«
»Er ist ein arroganter Adrenalinjunkie. Mit einem unglaublichen Körper.« Libby sah ihre Schwester finster an. »Verstand, meinte ich.«
»Körper, so, so.«
»Verstand. Ich meinte, Verstand. Den besitzt er tatsächlich, obwohl er ihn die meiste Zeit nicht benutzt. Und du würdest nicht glauben, wie sehr es ihm an Umgangsformen mangelt. Wenn er nur den Mund hielte, könnten wir eine wunderbare Beziehung haben, aber er besteht darauf, zu reden.«
»Wie ungemein lästig«, sagte Hannah. »Du hast mir seinen Namen übrigens immer noch nicht gesagt.«
Libby verdrehte die Augen. »Tyson Derrick.«
Hannah verschluckte sich an ihrem Tee. »O mein Gott. Du hast den Verstand verloren, Libby. Das ist dir doch hoffentlich klar, oder nicht? Du kannst unmöglich mit ihm ausgehen. Im gesellschaftlichen Umgang ist er so unbeholfen wie Jonas.«
»Ich weiß, ich weiß.« Libby schlug sich die Hände vor das Gesicht und lugte durch ihre Finger. »Ich glaube, mein Gehirn hat sich noch nicht ganz von den Verletzungen erholt.«
Ein Schatten fiel über sie, und als sie aufblickten, sahen sie Jonas Harrington, der mit seinen breiten Schultern die Türöffnung ausfüllte. Hannah schnitt eine Grimasse, und Libby legte eine Hand auf ihren Hals, um sämtliche Indizien zu verbergen. »Jonas, wie nett von dir, dich ins Haus zu schleichen. «
»Wenn ich mich nicht reinschleiche, hetzt Hannah die Hunde auf mich. Übrigens bin ich im gesellschaftlichen Umgang nicht unbeholfen. Viele Frauen finden mich sehr ansprechend. «
Hannah gelang es, ihr Schnauben damenhaft klingen zu lassen. Der Sheriff funkelte sie finster an, während sie ganz reizend lächelte und einen Schluck von ihrem Tee trank.
»Ist etwas passiert?«, fragte Libby.
»Ich habe einen Anruf von Elle bekommen. Sie war besorgt um euch. Sie hat etwas von einem Erdrutsch gesagt und mich gebeten, nach euch zu sehen.«
»Wie seltsam, dass Elle es auch gefühlt hat«, sagte Hannah. »Deshalb bin ich nämlich nach Hause gekommen, Libby. Einen Moment lang habe ich etwas Bösartiges wahrgenommen und dann war es wieder verschwunden.«
»Elle hat dieses Wort auch benutzt«, sagte Jonas, »aber Erdrutsche sind nicht bösartig. Bauscht das bloß nicht wieder zu einem dieser seltsamen Vorfälle auf, die sich immer dann zu ereignen scheinen, wenn ihr alle zusammen seid. Ich will nicht, dass Dinge aus dem Nebel kommen oder Schatten hinterrücks nach Leuten greifen. Bleibt auf dem Boden der Tatsachen.«
»Ich war auch besorgt, aber ich könnte nicht sagen, weshalb«, stimmte Libby ihm zu.
Jonas lief durch das Zimmer und kauerte sich vor ihr hin. »Du bist ja ganz schmutzig. Es ist etwas passiert, stimmt’s?« Jeder Spott war aus seinem Tonfall verschwunden.
»Es war nichts weiter. Elle ist so eng mit uns allen verbunden, dass sie gar nicht anders kann, als sich Sorgen zu machen.
Es war nur ein kleiner Unfall. Erinnerst du dich noch an das Gespräch über die Erosion der Felswände nach den schweren Regenfällen? Ich habe dicht an der Klippe gesessen, und es ist zu einem Erdrutsch gekommen. Ein paar größere Felsbrocken müssen sich gelockert und das Ganze ausgelöst haben. Die Felsen haben die Stühle zerschmettert, aber mir fehlt nichts. Ich bin nur schmutzig, aber ich habe nicht mal einen Kratzer abgekriegt. «
»Dafür hat sie ein nagelneues rotes Muttermal am Hals«, steuerte Hannah hilfreich zu dem Gespräch bei.
Libby sah
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