Gezeiten des Krieges
Rebellion gebrochen hatte? »Was ist mit dir?«, fragte er Mark. »Bist du noch bei uns?«
»Bis zum bitteren, blutigen Ende«, bestätigte Mark. Ein Schwur, der in den letzten Tagen ein Eigenleben entwickelt hatte.
Jenna drückte Mark und flüsterte ihm etwas zu. Er nickte, als sie sich wieder trennten. Evan fragte nicht. Es spielte keine Rolle. Letztlich zählte nur, ob sie ihr Ziel erreichten und wie viele Leben das kostete. Das Hahns war eines von vielen. Aber es machte den eigentlichen Preis deutlich. Evan hatte Hahn benutzt, so wie Hahn Evan von Zeit zu Zeit benutzt hatte, um seine Ziele zu fördern. Hahn hatte daran geglaubt, dass er das Richtige tat. So wie Evan auch daran glaubte.
So wie Mai Uhn Wa daran glaubte.
Mit Jenna im Schlepptau drängelte sich Evan durch das Labyrinth der Trauernden und suchte Mai Wa. Er fand ihn im Gespräch mit Colonel Feldspar und Gerald Tsung sowie ein paar niedrigeren Offizieren. Der Maskirovka-Agent Michael Yung-Te war glücklicherweise nicht zu sehen. Er nahm Kurs auf die kleine Gruppe. Er war sich über seinen Lehrer und Meister immer noch nicht im Klaren. Wie ein Bildhauer hatte Mai Evans grobes Netzwerk bearbeitet, um dessen innere Kraft zum Vorschein zu bringen. An seinem Erfolg gab es keinen Zweifel. In den letzten Tagen hatte Mai Evan auch danach befragt, ob der Liao-Kult noch über weitere Mittel verfügte. Evan hatte ihm alles ausgehändigt, allerdings nur widerwillig.
Doch wenn Evan davon überzeugt war, dass er das Richtige getan hatte, musste er dann nicht auch annehmen, dass Mai Uhn Wa bei allem, was er getan hatte, allein davon geleitet worden war, was nach Überzeugung des Offiziersveteranen und Rebellenführers der beste Weg zu einem freien Liao war?
»Evan«, begrüßte ihn Mai und nickte Jenna respektvoll zu, um sie wissen zu lassen, dass ihre Anwesenheit anderenorts sinnvoller war.
Er entließ auch einen der anderen Offiziere, sodass nur Feldspar, Tsung, die beiden früheren Ijori-De-Guäng-Mitglieder und ein Mann mit den Insignien der 5. Triarii übrig blieben. Evan erkannte Legat Ruskovs Adjutanten, Lieutenant Nguyen. Er hatte den Feuerfalke gelenkt und mehr aus Abscheu und Empörung über das Handeln des Principes-Gardisten gefeuert als aus echter Unterstützung für den Kampf gegen das Joch der Republik.
Es hatte Evan nicht überrascht, zu hören, dass Mai Lieutenant Nguyen und seinem BattleMech freien Abzug garantiert hatte, wenn er das Konservatorium verlassen wollte. Ein Feuerfalke war eine altehrwürdige Konstruktion und nichts, was man nach einer Schlacht leichtfertig aufgab. Der capellanische Kader brauchte Ausrüstung, Nachschub und Krieger. Aber noch dringender brauchte er Einigkeit. Und die hatten sie jetzt möglicherweise erzielt.
»Shiao Mai.« Evan wollte nicken, dann aber verbeugte er sich förmlich, womit er nicht nur Mai Wa überraschte, sondern auch sich selbst. »Danke für Eure Rede heute Morgen. Hahn ... sie alle ... weiß es zu schätzen.«
»Wir zeigen unsere Stärke in der Erinnerung an die Opfer derer, die uns vorangegangen sind«, stellte der alte Mann fest und strich sich mit einer Hand abwärts über den grauen Bart. Dunkle, harte Augen musterten reihum jeden in der Runde. »Liao ist einmal eine starke und einige Welt gewesen. So kann es wieder sein. So wird es wieder sein.«
Es erschütterte Evan, dass die Gedanken seines Mentors seinen eigenen so ähnlich waren, obwohl ihn das gar nicht hätte überraschen dürfen. Evan hatte ebenso aus Mais Geschichtsstudien gelernt wie aus dem Lehrplan der Militärakademien.
Und er hatte sich beidem widersetzt, Lehrer und Militär, hatte beides nie wirklich angenommen. Vielleicht war es jetzt Zeit, das zu ändern.
»Das könnte sein«, stimmte er zu. »Wenn wir je unsere Differenzen akzeptieren und zum größeren Wohl beiseite schieben können.«
Nguyen verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. »Ich bin mir nicht so sicher, dass eine Mitgliedschaft Liaos in der Konföderation letztlich das Bessere ist«, erwiderte er und nahm Evans Aussage damit wörtlich. »Ganz egal, was Gouverneurin Lu Pohl inzwischen sagt.«
Evan folgte Nguyens Blick zu Gerald Tsung. Was auch immer in diesem Mann vorging, er behielt es für sich. »Steht sie wirklich hinter uns?«, fragte er Mai direkt, ohne ihren Adjutanten damit beleidigen zu wollen.
»Ja, das tut sie.« Mai antwortete langsam und mit abwesendem Blick, während er über Evans vorherige Worte nachdachte. »Sie hat sich
Weitere Kostenlose Bücher