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Gezeitengrab (German Edition)

Gezeitengrab (German Edition)

Titel: Gezeitengrab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths
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hat doch keine Ahnung von alldem.»
    Ruth denkt an das, was Hugh Anselm gesagt hat: Mrs. Hastings bereitete uns das Frühstück. Hatte Irene Hastings wirklich keine Ahnung, dass sie Männer bewirtete, die gerade zu Mördern geworden waren? Hat ihr Mann ihr wirklich nie erzählt, was in jener Nacht geschehen ist?
    «Ich hätte nie vermutet …» Jack Hastings ist ernstlich erschüttert; ihm zittern die Hände, als er den Projektor ausschaltet. «So etwas hätte ich wirklich nie vermutet. Ich wusste ja, dass da irgendetwas war. Mein Vater hat manchmal von der Home Guard erzählt, und das war nie lustig, nicht mal im Ansatz so wie in dieser Fernsehserie. Er meinte immer, sie seien auf eine Invasion vorbereitet gewesen und hätten bis zum letzten Atemzug gekämpft. Aber ich hätte nie gedacht …»
    «Haben Sie geahnt, dass es solche Beweise geben könnte?»
    Hastings schüttelt den Kopf. «Nein. Niemals.» Er setzt sich hin, und es sieht aus, als wollte er nie mehr aufstehen.
    «Ich muss los», sagt Ruth. Die scheußliche Dreißiger-Jahre-Uhr auf dem Kaminsims zeigt bereits sechs Uhr.
    Durch den Buntglaseinsatz der Haustür fällt seltsam bläuliches Licht herein, und als Ruth die Tür öffnet, wird ihr klar, woher es kommt. Die Welt draußen ist wie verwandelt. Die lange Einfahrt ist von einer dicken Schneeschicht bedeckt, die Bäume sind ganz weiß, und Ruths Auto ist kaum noch zu sehen. Jungfräulich und unberührt liegt die Schneedecke da, bis einer von Hastings’ Hunden sich losreißt und hysterisch kläffend im Kreis rennt.
    «Meine Fresse!», sagt Nelson. «Das ging aber schnell.»
    «O mein Gott!» Ruth wird ganz schlecht. «Wie soll ich denn jetzt nach Hause kommen?»
    «Wir nehmen meinen Wagen», sagt Nelson. «Der ist größer und stabiler. Und hat einen breiteren Radstand.»
    Ausdrücke wie «breiter Radstand» sagen Ruth überhaupt nichts, doch immerhin registriert sie, dass Nelson ihr anbietet, sie heimzufahren. Heim zu Kate. Sie verabschieden sich nur knapp von Jack Hastings und eilen über den verschneiten Rasen zu Nelsons Mercedes. Schnee dringt in Ruths Turnschuhe, und innerhalb von Sekunden ist sie völlig durchgefroren. Nelson wischt den Schnee von der Windschutzscheibe, dann steigt er ein und lässt den Motor an. Dem Himmel sei Dank, dass es deutsche Autos gibt. Vielleicht hatte der glücklose Hauptmann ja doch recht, und Deutschland hat eigentlich den Krieg gewonnen.
    Ruth sitzt vorgebeugt auf dem Beifahrersitz und hypnotisiert den Wagen, damit er die verschneite Einfahrt schafft. Die Räder drehen durch, Nelson flucht, doch trotzdem kommen sie langsam voran. Die Reifen quietschen auf dem feuchten Schnee.
    «Eigentlich braucht man da Schneeketten», meint Nelson. «Aber immerhin ist es noch nicht überfroren.»
    Als sie die Straße erreicht haben, atmet Ruth wieder leichter; doch als sie sich der Hauptstraße nähern, wird schnell klar, dass dort etwas nicht stimmt. Warnlichter blinken, und ein Mann in einer Leuchtweste tritt ihnen in den Weg.
    «Polizei», sagt Nelson und steigt aus dem Wagen. Nach einem kurzen Disput, bei dem Ruth nur sehen kann, wie der Mann mit der Leuchtweste immer wieder ehrerbietig die Schultern zuckt, kommt Nelson ans Wagenfenster zurück.
    «Die Straße ist gesperrt», sagt er. «Da ist ein Laster umgekippt.»
    «O nein!» Ruth ist starr vor Schreck. «Was machen wir denn jetzt?»
    «Es gibt hier keine Umgehungsstraßen», sagt Nelson. «Wir müssen zurück nach Sea’s End House.»
    «Und Kate?» Ruths Stimme zittert.
    «Der passiert nichts, Süße. Clara ist doch bei ihr. Und ich bring dich schon nach Hause, wenn es irgendwie geht. Ich rufe Verstärkung an. Wenn nötig, organisieren wir auch einen Hubschrauber. In Ordnung?»
    «In Ordnung.» Ruth bringt ein tränenfeuchtes Lächeln zustande.
    Jack und Stella sind voller Mitgefühl. Sie führen Ruth in die Küche, während Nelson seine Anrufe macht. Irene bereitet ihnen natürlich umgehend einen Tee in Porzellantässchen zu. Auf Stellas Vorschlag hin ruft Ruth bei Clara an, deren fröhliche Stimme sie sofort tröstet.
    «Was für ein Mist. Diese Straße ist auch wirklich eine Katastrophe. Aber mach dir keine Sorgen, Ruth. Ich kann auch hier auf dem Sofa schlafen. Ich habe Kate ihre Milch warm gemacht, und sie sieht schon ein bisschen müde aus.»
    «Ist Tatjana schon zurück?»
    «Nein. Aber da draußen geht es ziemlich zu, vielleicht sitzt sie ja in der Stadt fest.»
    «Ja, kann sein. Ich komme heim, sobald ich

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