Gezinkt
weiteren Plastikbeutel hoch. Auf den ersten Blick schien er leer zu sein. Aber mit dem Vergrößerungsglas fand Cooper eine winzige braune Faser. Er hielt sie hoch, damit Rhyme sie sehen konnte.
»Guter Fund, Sachs«, sagte Rhyme und mühte sich, seinen Kopf näher zu dem Beweisstück zu bewegen. »Nichts entgeht dir. Was ist es?«
Cooper legte die Faser unter ein optisches Doppelmikroskop und beugte sich über die Linsen. Dann wandte er sich einem Computer zu und tippte mit rasend flinken Fingern. »Ich glaube...« Er warf noch einen Blick durch das Mikroskop. »... es ist Coir.«
»Und das ist?«
»Ich finde es gerade heraus.« Cooper las einen Moment und berichtete dann. »Kokosnussfaser. Wird hauptsächlich für Seile benutzt, aber auch für Teppiche, Läufer, Untersätze, Nippes. Die größten Produzenten sind Malaysia, Indonesien und verschiedene afrikanische Länder.«
»Aber es stammt nicht von dem Seil, an dem er hinaufgestiegen ist?«, fragte Rhyme.
»Nein, das ist pures Nylon.«
»Führt uns auch nicht unbedingt direkt zu seiner Tür, oder? Was haben wir noch?«
»Das war’s.«
»Untersucht den Sand und die Erde. Macht einen GC.«
Der Gaschromatographie-Test ergab, dass die Probe signifikante Anteile von Dieseltreibstoff und Salzwasser enthielt.
»Aber eine bestimmte Sorte Treibstoff«, sagte Cooper und las vom Computermonitor ab. »Er enthält Mikrobiozide. Zusammen mit dem Salzwasser deutet das darauf hin, dass es wahrscheinlich Schiffsdiesel ist. Dieseltreibstoff in Schiffen wird häufig von Mikroorganismen kontaminiert. Die Hersteller mischen ihm deshalb einen Zusatz bei, der das verhindern soll.«
»Dann besitzt er also ein Boot«, sagte Sachs. »Oder wohnt in der Nähe einer Anlegestelle.«
»Oder ist per Boot ins Land gekommen«, sagte Rhyme. Wasserfahrzeuge waren immer noch der beste Weg, um an der Ostküste unbemerkt ins Land zu kommen – und eine der besten Möglichkeiten, Straßensperren und Überwachungsmaßnahmen zu entgehen, wenn man rund um New York unterwegs war.
»Fassen wir alles zu einer Liste zusammen. Thom! Wenn Sie...Thom?«
»Ja?« Der Assistent kam in den Raum. Wie Cooper und Sachs trug er Handschuhe, aber seine waren gelb, und der Name Playtex stand darauf.
»Könnten Sie unsere bisherigen Funde aufschreiben?« Rhyme nickte in Richtung der Tafel, und Thom streifte die Handschuhe ab und schrieb, was sein Boss diktierte.
Mordfall Ronald Larkin
Kokosfaser
Erde aus Garten unter Balkon
Schwarze Haare, gelockt. Keine Wurzel
Gummiabrieb, schwarz, möglicherweise von Schuhsohle
Erde und Sand mit Spuren von Schiffsdiesel, Salzwasser
Keine Fingerabdrücke, Trittspuren, Werkzeugspuren
Baumwollfaser mit Spuren von Anabolikum. Sportler?
32er Automatik, Schalldämpfer, Splittermunition
CMI Enterhaken, mit Streifen von altem Flanellhemd umhüllt
Seil Mil-Spec 550 Para Cord, geknotet, schwarz
Verdächtiger:
US-Bürger, andere Pässe?
In Europa ausgebildet
Söldner mit Kontakten in Afrika, Nahost
Kein Motiv
Hohes Honorar
Auftraggeber unbekannt
Rhyme überflog die Liste. Sein Blick blieb auf einem Gegenstand ruhen.
»Das Seil«, sagte er.
»Na, ja...« Sachs schaute zu Cooper. »Ich dachte...«
»Ich weiß, es ist Nylon, und es lässt sich nicht zurückverfolgen. Aber was ist das Interessante daran?«
Sachs schüttelte den Kopf. »Ich muss passen.«
»Die Knoten. Sie waren zusammengezogen, seit er sie geknüpft hat.«
»Ich kapier es immer noch nicht, Lincoln«, sagte Cooper.
Rhyme lächelte. »Betrachtet sie als Wundertüten an Beweismitteln. Ich würde gern wissen, was in den Knoten ist, ihr nicht? Lasst sie uns aufmachen.«
»Sie meinen mich, oder?«, sagte Cooper.
»Ich würde Ihnen ja gern helfen, aber...«
Der Labortechniker nahm das Seil in die behandschuhte Hand und fing an, einen Knoten zu lösen. »Wie Eisen.«
»Umso besser für uns. Was immer da drin ist, es war schön fest eingeschlossen, seit er die Knoten gemacht hat.«
» Falls etwas drin ist«, sagte Cooper. »Das könnte auch eine totale Zeitverschwendung sein.«
»Das gefällt mir, Mel. Darauf läuft die ganze Geschichte mit der Spurensicherung in etwa hinaus, finden Sie nicht?«
Als Rhyme noch allein gewohnt hatte, war das vordere Wohnzimmer seines Stadthauses – das gegenüber dem Labor – als Lagerraum genutzt worden. Aber nun, da Sachs zeitweise hier wohnte, hatten sie und Thom umdekoriert und es in ein behagliches Wohnzimmer verwandelt.
Es gab zeitgenössische
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