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Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel

Titel: Ghetto-Oma: Ein Leben mit dem Rücken zur Tafel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frl. Krise
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zusammen mit meinem süßen, voll kitschigen Minitannenbaum, den ich wieder aufs Pult gestellt habe.
    Alle sind glücklich, und ich wundere mich im Stillen, dass nicht schon die ersten Weihnachtslieder geschmettert werden.
    Ach, Weihnachten, für alle immer wieder wunderbar. (Bei vielen meiner Schüler steht übrigens zu Hause ein Tannenbaum – das gehört einfach dazu.)
    Ganz animiert von all der Weihnachtsdeko, schmieden die Mädchen schon erste Pläne für die Weihnachtsfeier am letzten Schultag vor den Ferien und bestimmen, dass es auf jeden Fall wieder einen Julklapp geben wird. Letztes Jahr hatten sich Emre und Ömür gegenseitig monstermäßig riesige in Weihnachtspapier verpackte Döner überreicht – voll abartig! Es war der Lacher des Tages, und es roch vorübergehend mehr nach Knoblauch als nach Weihnachten.
    Plätzchen würden die Mädchen auch gern backen, aber das geht dieses Jahr nicht, unsere Küche wird gerade umgebaut. Überhaupt, das ganze vorweihnachtliche Gedöns war mit daran Schuld, dass eine so friedliche und herzerwärmend freundliche Atmosphäre entstand.
    Gestern – die Diskussion im Theaterkurs? Das kommt mir vor wie ein alter böser Traum.

Mon-tägliches
    Kaum habe ich die Klasse betreten, da steht auch schon Ömür vor mir. Ich scheuche Aynur von meinem Platz auf, lege meine Tasche aufs Pult und denke, Ömür ist gewachsen, der ist ja auf einmal fast so groß wie ich.
    «Frl. Krise», fragt er mit einem drängelnden Unterton, «stimmt das?»
    «Was denn? Nein, ich will jetzt anfangen, Ömür. Keine Fragen, die nicht zum Unterricht gehören. Wir haben jetzt Deutsch.»
    «Dass die einen Anschlag machen wollen, ich meine, so eine Bombe auf Frau Merkel?»
    Was Ömür nur immer mit Frau Merkel hat?
    «Ja, in meine Koranschule haben wir auch darüber gesprochen», mischt sich Aynur ein.
    «Voll krass, das! Die wollen so ganz großes Attentat machen wie 11.9. Die sind schon unterwegs … Ist Al-Qaida, glaub ich …»
    «Ehrlich?» Nesrin, die gerade «Love» in großen Ballonbuchstaben an die Tafel malt, lässt die Kreide sinken. «Al-Qaida? Attentat? Hier bei uns? Sind die voll bescheuert? Denken die nicht daran, dass hier so viele Ausländer wohnen?»
    «Ja, ja», murmele ich so vor mich hin und suche nach meiner Federtasche. «Wenn ich hochgehe bei so einem Anschlag, macht das ja nix.»
    «Ach nöööö, Frl. Krise», sagt Ömür, «das wär jetzt voll blöd, jetzt ham wir uns gerade an Ihnen gewöhnt.»

Alle Jahre wieder
    Nach dem obermiesen Besuch am Elternsprechtag haben wir allen Eltern unserer Schüler den momentanen Leistungsstand ihrer Leibesfrüchte via Brief mitgeteilt. Ich spreche hier nicht von zwei oder drei Fünfen, die zu erwarten sind, sondern von sieben bis zwölf! Und das bei mehr als der Hälfte der Klasse.
    Null Reaktion.
    NULL!
    Dafür häufen sich wieder die Klagen der Fachlehrer: Hanna kommt und geht, wann sie will, Rahim zeichnet nur irgendwelche Monster ab, Gülten und Azzize quatschen und lachen hemmungslos, Necla schreit grundsätzlich alles, was ihr gerade durch den Kopf schießt, in die Klasse, Turgut kommt höchstens stundenweise (darüber beklagt sich aber niemand, weil er nicht zum Aushalten ist), Erkan schläft, oder er labert ohne Punkt und Komma mit Fuat, Nesrin schminkt und kämmt sich und rastet aus, wenn man es ihr verbietet, Leila und Gamze zanken sich in einer Tour, Jenny ist eigentlich in jeder Hinsicht unbeschulbar … usw. usw.
    Da sie das alles gleichzeitig machen, haben die wenigen anderen, falls sie denn ausnahmsweise mitarbeiten, kaum Chancen auf irgendeinen Lernfortschritt. Die Situation war zu Beginn des Schuljahrs wesentlich besser. Der Trend ist negativ.
    Ich bin völlig abgenervt. In den ersten Stunden arbeiten wir noch halbwegs normal (nur sieben Schüler sind allerdings pünktlich zur ersten Stunde da!), aber nach der Mittagspause geht gar nichts mehr.
    Karl und ich haben Klassenstunde, und wir sprechen die katastrophale Situation wie fast jede Woche an.
    «Was labern Sie!», schreit Necla. «Nützt eh nix, können Sie viel erzählen!»
    Unsere Lieben sind entspannt, die Versetzung ist noch weit, das Zwischenzeugnis doch auch erst Anfang Februar. Bis dahin sind es sechs Wochen, da lässt sich doch noch was machen.
    Karl und ich gucken uns an. Kann das wirklich sein? Rechnen wir ihnen nicht jede Woche vor, wie viel Zeit wirklich bleibt? Wieso kapieren die das nicht? Wann wollen sie endlich aufwachen?
    «Leute, ihr habt noch genau

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