Ghost Dusters 01 - Die Geisterfeger
Sie zogen zwischendurch für ein paar Monate nach Portland, um Grants neues Sportartikelgeschäft in Gang zu bringen, aber Grant konnte es kaum erwarten, mit Trudy wieder nach Seattle zurückzukehren. Sie hasste Portland, und er liebte sie von ganzem Herzen. Er wollte, dass sie glücklich ist.« Ihre Unterlippe begann zu zittern. »Er hat sie so sehr geliebt, er hätte nie...«
Sylvia rang nach Worten, denn natürlich gab es nichts weiter dazu zu sagen – Grant hatte seine Frau getötet, und das war die schreckliche Wahrheit. Die arme Mrs. Toth würde wahrscheinlich nie begreifen, dass ihr Sohn eine so entsetzliche Tat begangen hatte.
Sylvias Schluchzen wurde lauter, und Sadie entschied, dass es an der Zeit sei, schwereres Geschütz aufzufahren.
»Mein Bruder hat sich vor fünf Jahren das Leben genommen«, begann sie.
Sadie sprach selten mit jemandem darüber, außer mit ihren Kunden. Sie verstanden ihren Verlust und konnten ihren Schmerz nachempfinden.
»Brian war neunundzwanzig und gesund, war gerade erst
befördert worden und wollte heiraten. Er mochte gern wandern und bergsteigen. Ein richtiger Naturbursche eben.« Sie lächelte bei dem Gedanken. »Keiner von meiner Familie hat etwas geahnt. Er hat sich erschossen. Es fällt uns immer noch schwer, seinen Tod zu akzeptieren.« Das war die Wahrheit. »Aber mit der Zeit lässt der Schmerz nach.« Das war eine glatte Lüge.
Sylvia schniefte und betupfte ihre Augen mit einem Taschentuch. »Und deshalb haben Sie sich diese Arbeit ausgesucht?«
Sadie nickte. »Ich würde sogar meinen, dass die Arbeit mich ausgesucht hat. Bei meinem Bruder handelte es sich um einen ungeklärten Todesfall, das heißt, seine Leiche wurde erst Wochen später entdeckt.« Ah, zu viele Informationen. Sadie redete hastig weiter. »Wir dachten eigentlich, er sei im Urlaub.« Sie biss sich auf die Innenseite ihrer Wange. Sie wollte keines der Details mehr preisgeben, die sie nachts in ihren Träumen noch immer verfolgten. »Ich musste hinterher bei ihm sauber machen, weil ich nicht wollte, dass diese Arbeit an meinen Eltern hängen blieb. Damals erfuhr ich von einem Polizeibeamten, dass es in vielen Großstädten Reinigungsfirmen gibt, die in solch einem Fall gerufen werden, aber in Seattle gab es damals leider noch keine.«
»Das muss schrecklich für Sie gewesen sein.«
»Ja«, sagte Sadie. »Aber danach gab ich meinen Job als Lehrerin auf und gründete selbst so eine Firma.« Nach einer kurzen Pause fügte sie überzeugend hinzu: »Die Angehörigen sollten niemals sehen müssen, was ich damals gesehen habe.«
Sylvia Toth nickte und drückte sanft Sadies Hand.
Niemand ist mit seinem Schmerz gern allein, dachte Sadie. Eine solche Tragödie verbindet.
Rasch legte Sadie den Vertrag auf den Tisch und ließ Mrs. Toth unterschreiben.
Nach dem Besuch bei Mrs. Toth fuhr Sadie zum Haus der Carsons und war angenehm überrascht, dass Zack mit der Arbeit schon fertig war.
»Du musst dir heute Morgen ja regelrecht den Arsch aufgerissen haben«, bemerkte sie.
Zack blickte über seine Schulter und meinte mit gespielter Sorge: »Stimmt! Der ist hin!«
»Oh nein, er ist völlig okay.« Am liebsten hätte Sadie ihn freundschaftlich in den Hintern gekniffen, ließ es aber sein.
Wenn ein Job erledigt war, gab es immer auch heitere Momente. Sadie war vor allem dann mit sich zufrieden, wenn sie einem Geist beim Übergang ins Jenseits geholfen hatte. So wie bei Jacob. Es war ein ungeheures Glücksgefühl, gepaart mit Erleichterung, dass sie wieder einer Seele hatte behilflich sein können.
Sadie und Zack beeilten sich, den Rest des Arbeitsmaterials in den Scene-2-Clean-Transporter zu verfrachten. Hätte der nächste Auftrag nicht schon auf sie gewartet, hätten sie sich bestimmt in einer Kneipe ein paar Bierchen gegönnt und den Gedanken an den Tod erst mal verdrängt. Doch nun reichte es nur für ein Sandwich im Blue Onion Bistro.
Das Café war hellblau und sonnengelb eingerichtet; ein erfrischender Kontrast zu dem trüben Tag. Während sie so dasaßen, kamen sie auf das miese Wetter zu sprechen sowie
auf das anstehende Super-Bowl-Spiel und die Chancen der Seahawks auf die Meisterschaft. Sie redeten über so ziemlich alles, nur nicht über ihre Arbeit.
Beide bestellten ein Truthahnsandwich und dazu den besten Kartoffelsalat der Welt, aber keiner von ihnen hatte großen Appetit. Zack wollte einen neuen Job nicht gern mit vollem Bauch beginnen, und obwohl es Sadie dank ihres unverwüstlichen
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