Ghost Lover
erklärbar. Mit Holz, das arbeitete.
Der Schreck saß ihr immer noch in den Gliedern. Misstrauisch beäugte sie ihr Inventar, als würde jeden Moment aus einer Schublade oder Nische ein Gespenst hüpfen.
„Lächerlich!“, sprach sie sich Mut zu. Das war ihr Haus, ihr Heim. Sie hatte es im ersten Moment gefühlt, als sie es erblickte. Das Cottage hatte nur darauf gewartet, dass sie endlich kam und auch sie hatte gewusst, dass sie hierher gehörte. Dass sie hier und nur hier willkommen war. Bestimmt hatte sie Augenringe wie ein Panda. Da halfen nur noch Make-up und ein extrastarker Kaffee.
Ella tuschte sich die Wimpern, umrahmte ihre Augen mit Kajal und trug Lippenstift auf. Ein schier fremdes Gesicht starrte ihr entgegen. Es wäre eine Lüge, hätte sie die Verwandlung als Verschlechterung bezeichnet. Sie gehörte zur großen Gruppe Frauen, die mit Make-up noch besser aussahen als in natura. Dennoch tat sie es nur selten ohne besonderen Grund.
Sie lächelte ihrem Spiegelbild zu und überlegte, ob sie das neue Kleid oder Rock und Bluse tragen sollte.
Unten krachte es wieder.
Ella seufzte und zählte bis zehn. Tatsächlich waren nun die Schritte zu vernehmen. Sie betrachtete die Situation mit Humor. Wenigstens hatte der Spuk einen Sinn für Pünktlichkeit. Vielleicht ein preußischer Geist, der sich verlaufen hatte. Vermutlich wäre sie anstelle eines Pedanten auch ärgerlich und würde die Lebenden dafür büßen lassen.
Hoffentlich hatte er seinen Chor des Grauens im Jenseits zurückgelassen.
Sie wählte eine Flasche Wein und eine Schachtel Pralinen aus ihren Vorräten, legte beides in Tante Ediths Einkaufskorb und machte sich daran, das Haus zu verlassen.
In diesem Moment fuhr ein Wagen die Einfahrt herein. Ella spitzelte durch das Fensterchen neben der Tür und sah einen nagelneuen, teuren Jeep vor dem Haus stehen. Steven Stapleton und ein weiterer Mann kletterten heraus. Der Viscount trug eine No-Name-Jeans und ein Cordhemd, und Ella konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies einzig dazu diente, ihr gegenüber etwas jovialer zu wirken.
Hektisch überlegte sie, ob sie sich durch die Hintertür hinausschleichen sollte. Dann war der Moment vorbei, denn der zweite Mann, ein schmierig wirkender Anzugträger, entdeckte sie. Seine wulstigen Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln.
Ella seufzte. Sie holte tief Luft und öffnete die Tür.
Steven lächelte sie an. Seine braunen Augen jedoch blieben kalt wie die eines Fisches.
Ella verschränkte ihre Arme.
„Mr. Stapleton“, sie nickte ihm und dem Unbekannten zu.
„Miss Francke, guten Abend. Darf ich Ihnen meinen Begleiter vorstellen?
Gerald Emmerson, er ist Gutachter und würde sich gern ein Bild vom Zustand des Hauses machen.“
Ella machte einen Schritt zur Seite, sodass sie den Männern den Zutritt zum Innern des Hauses versperrte.
„Selbst wenn ich ein Interesse daran hätte, dass ein Sachverständiger mein Haus begutachtet, müsste ich Sie beide wieder fortschicken.“ Steven runzelte die Stirn. „Oh, wir kommen ungelegen?“ Er gab sich Mühe, schuldbewusst dreinzusehen.
„Ja.“
Steven nickte Mr. Emmerson zu und wandte sich wieder an Ella. „Dann wollen wir Sie nicht aufhalten.“ Mr. Emmerson reichte Ella eine Visitenkarte.
„Rufen Sie mich an, dann können wir einen Termin vereinbaren, der Ihnen besser zusagt.“
„Auf Wiedersehen“, sagte Ella und schloss die Haustür.
Kopfschüttelnd ging sie in die Küche und warf die Visitenkarte in den Müll.
Als sie auf den Hof blickte, waren die beiden Männer weggefahren.
Kopfschüttelnd machte sie sich auf den Weg. Was dachte sich dieser windige Viscount nur? Er schien wirklich keine Zeit vergeuden zu wollen.
Und dann dieser Sachverständige. Ella zweifelte nicht, dass sein vermeintlich tadelloses Gutachten vernichtend ausfallen würde. Immerhin schien Wyndham das Cottage unbedingt wieder in den Besitz seiner Familie bringen zu wollen.
Die kurze Strecke in den Ortskern von Maidenly Green, wo die Paytons wohnten, legte sie zu Fuß zurück. Der blaue Godet-Rock, den sie trug, schwang bei jedem ihrer Schritte mit und die Wickelbluse gab ihrem Outfit die richtige Mischung aus Eleganz und legerem Aussehen, die sie dem Anlass entsprechend angemessen empfand.
Kapitel 3
„Belästige mich nicht.“ Aurikel
Beschwingt kehrte Ella nach Hause zurück.
Sie stellte den Korb ab, und wie sie sich vorbeugte, sah sie eine Gestalt im Wohnzimmer stehen. Immer noch gebückt, griff sie einen
Weitere Kostenlose Bücher