Ghost Street
schwaches Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Sind doch alles Biedermänner. Apotheker, Lehrer, was weiß ich.«
»Sehr witzig.« Er verzog das Gesicht. »Zwei gegen sieben … das funktioniert nicht mal in Computerspielen. Darauf lasse ich es nicht ankommen.«
»Eins nach dem anderen!« Jenn drückte seine Hand mit dem Handy nach unten. »Die Kavallerie käme sowieso zu spät. Lass uns erst mal nachsehen, ob der Klan an der Kreuzung ist. Kannst du einen Bus fahren?«
»Wie bitte?«
»Natürlich kannst du das.«
»Du willst doch nicht …«
»Wirst du schon sehen.«
Sie schaltete die Sirene ein, als ein überholender Lieferwagen die linke Spur versperrte, und fegte über den Grünstreifen, als der Fahrer nicht schnell genug an einem Truck vorbeikam. Erde spritzte unter den Rädern ihres Wagens empor und schlug gegen die Scheiben. Holpernd fuhr sie auf den Highway zurück. »Keine Bange!«, beruhigte sie ihren Partner, der vor Angst schlotterte, »in Chicago bin ich mal in ein Kaufhaus gefahren. In der Kosmetikabteilung war Endstation.«
»Wie praktisch«, stieß er hervor.
Sie blickte auf die Uhr am Armaturenbrett. »Noch eine Viertelstunde«, sagte sie. »Vor vierzig Jahren flog der Bus um 16 Uhr 42 in die Luft. Das hat Alessa gestern erst herausgefunden.«
»Wir brauchen Verstärkung«, ließ er nicht locker. Er griff wieder nach seinem Handy. »Wir brauchen dringendVerstärkung. Allein schaffen wir das nicht. Nicht gegen den Klan.«
Sie ließ sich nicht beirren. »Da vorn fährt der Bus. Steck dein Handy weg und halt dich bereit. Gleich geht’s los.«
Mit heulender Sirene schloss sie zu dem Bus auf, einem alten Greyhound, der zwischen Claxton und Savannah pendelte. Sie blieb seitlich hinter dem Bus, damit der Fahrer sie sehen konnte, dennoch dauerte es einige Sekunden, bis der Mann merkte, dass er gemeint war, und an die Seite fuhr.
Jenn hielt ebenfalls an. »Nun mach schon!«, trieb sie Harmon ungeduldig an. Sie wartete, bis er ausgestiegen war, und verriegelte den Wagen. Mit ihrem Partner lief sie nach vorn zum Fahrer.
Sie hielt ihren Ausweis ans Fenster und bedeutete dem Mann, die Tür zu öffnen. »Savannah Police«, rief sie ihm und den fünf Passagieren zu, darunter auch die afroamerikanische alte Dame, die auf der vordersten Bank saß und keine Ahnung hatte, in welcher Gefahr sie schwebte. »Wir müssen Sie leider bitten, den Bus zu verlassen. Ein wichtiger Einsatz.« Sie erwähnte nicht, dass die Savannah Police in dem benachbarten County gar nicht zuständig war. »Bleiben Sie bitte bei dem Streifenwagen, wir melden uns in Kürze. Für Erklärungen haben wir im Augenblick leider keine Zeit, aber es besteht nicht der geringste Grund zur Besorgnis.«
Einer der Passagiere, ein älterer Herr, weigerte sich dennoch und beklagte sich über die »Willkür der Behörden«. Er stieg erst aus, als Jenn ihn mit einem freundlichen Lächeln versöhnte. »Es besteht kein Grund zur Panik, Sir. Wir überprüfen lediglich einen Anruf.«
Und zu allen sagte sie: »Bleiben Sie bitte bei unserem Wagen, Ladys und Gentlemen. Wir sind gleich zurück.«
Ohne auf die neugierigen Blicke und das Misstrauen der Fahrgäste einzugehen, stieg Jenn in den Bus. Harmonblieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. »Setz dich ans Steuer!«, forderte sie ihn auf. »Ich weiß nicht, ob ich aus der Ferne als ältere schwarze Lady durchgehe, aber vielleicht fallen der Killer und seine Klansmänner darauf rein.«
»Du willst ihnen eine Falle stellen?« Harmon konnte es nicht fassen. »Du willst die Typen an den Bus kommen lassen, und ich soll die Tür öffnen und …« Er schüttelte den Kopf. »Ohne mich! Das ist viel zu gefährlich und noch dazu illegal. Wir sind in einem benachbarten County. Hier sind wir nicht zuständig. Schon vergessen?«
»In einem Notfall schon. Und jetzt fahr endlich los, der Bus hat einen verdammten Fahrplan. Wir müssen um 16 Uhr 42 an der Kreuzung sein.«
Harmon kroch auf den Fahrersitz, schloss die Tür und gab Gas. »Du bist völlig verrückt!«, sagte er. »Und ich bin verrückt, weil ich mich auf so etwas einlasse. Was ist, wenn die Typen eine Handgranate werfen? Oder uns gleich über den Haufen knallen? Was dann?«
»Keine Bange. Wenn alles so passiert wie bei Hamilton, lässt man dich aussteigen und jagt nur mich in die Luft.« Sie suchte seinen Blick im Rückspiegel und lächelte. »Und da ich nicht vorhabe, mich in Luft aufzulösen, halten wir ihnen unsere Knarren unter die Nasen und
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