Ghost Street
Küche, um Gemüse zu schneiden.«
»Und das Messer lag zufällig griffbereit neben Ihnen, als Ihr Mann Sie angriff. War es so, Mrs Murrell?«
»Ja … so war es.«
»Sie hatten es nicht bereitgelegt, um es gleich zur Hand zu haben?«
»Einspruch!«
»Stattgegeben.«
»Keine weiteren Fragen«, erwiderte Alessa. Sie kehrte mit ernster Miene auf ihren Platz zurück und wandte sich an den Verteidiger. »Ihre Zeugin.«
31
Der Killer lachte sich ins Fäustchen. Er hatte die Polizei zweimal hereingelegt und würde sie auch ein drittes, viertes und fünftes Mal an der Nase herumführen. Nicht einmal dieser Klugscheißer vom FBI würde ihn stoppen.
Es war kurz nach zweiundzwanzig Uhr und über Savannah lag tiefe Dunkelheit. Das Gewitter war an der Stadt vorbeigezogen und ging über den Bewohnern der benachbarten Countys nieder, dafür war der Nebel zurückgekehrt und dichte Schwaden hingen in den mächtigen Eichen in der Altstadt.
Ideale Bedingungen für den Killer, der mehrere falsche Führerscheine besaß und sich erneut einen unscheinbaren Mietwagen vom Flughafen besorgt hatte, diesmal in Charleston, damit er nicht auffiel. Sein eigener Wagen stand zwischen Hunderten von anderen Fahrzeugen auf dem Parkplatz.
In dem Mietwagen, einem dunklen Dodge Caliber, war er nur einer von vielen. Wie bei jeder seiner Hinrichtungen, wie er seine Morde nannte, trug er cremefarbene Latexhandschuhe. Nach seiner Tat würde er sie in irgendeiner Mülltonne entsorgen. Im Kofferraum transportierte er einen Kanister mit Benzin. Den leeren Behälter würde er am Tatort zurücklassen, so wie Jeremy Hamilton es vor vierzig Jahren getan hatte. Er würde den Cops überhaupt nichts nutzen. Seine Kutte und seine Kapuze lagen in seiner Aktentasche, dem besten Versteck, das man sich vorstellen konnte. Niemand würde sie dort finden, nicht einmal seine Frau.
Er fuhr in die Außenbezirke nordwestlich der Stadt undhielt an einer roten Ampel. Das Licht verschwamm in dem Nebel, der über die feuchte Straße zog, zu einem Farbklecks. Außer ihm war kaum jemand unterwegs.
Er lächelte grimmig. Sie würden große Augen machen, wenn sie merkten, dass er sie hereingelegt hatte. Cops waren einfache Menschen, die es gerade mal schafften, zwei und zwei zusammenzuzählen, und der Typ vom FBI war auch nicht viel besser.
Sie arbeiteten methodisch, hatten sich gerade daran gewöhnt, dass er die Morde von Jeremy Hamilton genau kopierte, und sie hatten nicht den geringsten Schimmer, dass er weder die Reihenfolge noch die Vorgehensweise beibehalten würde. Er wäre doch bescheuert, wenn er weiterhin nach Schema X arbeiten und die Cops dazu einladen würde, ihm eine Falle zu stellen. Da könnte er sie auch gleich anrufen: Hallo, Detective, bis morgen dann, um 16 Uhr 42 an der Kreuzung südlich von Pembroke. Sperrt den Highway, dann habt ihr uns sicher, mich und meine Komplizen!
Nein, so dumm war er nicht. Er ging fantasievoller vor, wollte den Leuten etwas bieten, um sie auf seine Seite zu ziehen. Viele sympathisierten doch mit ihm, vielleicht sogar die meisten. Niemand konnte im Ernst wollen, dass sich Nigger oder Latinos noch mehr breitmachten als bisher. Es reichte doch, dass es einer von ihnen ins Weiße Haus geschafft hatte. Genug damit! Amerika den Amerikanern! Dieses wunderbare Land gehörte der weißen Rasse. Gott selbst hatte ihr diesen heiligen Boden zum Geschenk gemacht. Gott schütze Amerika!
Er war kurz davor, die Nationalhymne anzustimmen, so feierlich war ihm plötzlich zumute. Beinahe hätte er sogar die grüne Ampel übersehen. Kein Problem, bis auf einen UPS-Lieferwagen, der neben ihm abbog, war er sowieso allein. Er fuhr über die Kreuzung und blieb auf der WestLathrop Avenue. Im Schein einiger Straßenlampen waren bereits die Umrisse der St. Mark’s Church zu sehen. Er steuerte darauf zu, fuhr im Schatten einiger Eichen an den Straßenrand und parkte einen halben Block vom Eingang der Kirche entfernt.
Kaum hatte er die Scheinwerfer gelöscht und den Motor abgestellt, gingen die Flügeltüren der Kirche auf. Die Abendandacht war vorüber. Die wenigen Gläubigen, die mit Father Roy Keane jr. gebetet hatten, verabschiedeten sich von ihm, gingen zu ihren Autos und fuhren davon. Schwarze in feinen Anzügen und Kleidern. Es bereitete ihm beinahe körperliche Schmerzen, das Gesindel im Sonntagsstaat zu sehen. Wann kapierten diese Nigger endlich, dass sie in einer Stadt wie Savannah nichts zu suchen hatten? Wann verschwanden sie
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