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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Biografie gleicht ... Zu Adam habe ich damals sofort gesagt: ›Das ist der Bursche, den du für dein Buch brauchst.‹«
    Ich lachte. Ich konnte nicht anders. »Nun ja«, sagte ich. »Ich hoffe doch, dass die Erinnerungen Ihres Mannes nicht ganz so nebulös sind wie die von Christy.«
    »Darauf würde ich nicht setzen«, sagte sie. Sie schlug die Kapuze zurück und atmete tief durch. In natura sah sie besser aus als im Fernsehen. Die Kamera konnte ihre amüsierte Geistesgegenwart, die Lebhaftigkeit ihres Gesichts nicht einfangen. »Gott, was habe ich Heimweh«, sagte sie. »Obwohl die Kinder schon alle aus dem Haus und auf der Uni sind. Dauernd sag ich’s ihm – ist genauso, als wäre ich Napoleons Frau auf Sankt Helena.«
    »Warum fliegen Sie nicht einlach zurück nach London?«
    Eine Zeit lang sagte sie nichts, blickte nur hinaus aufs Meer und biss sich auf die Lippe. Dann schaute sie mich taxierend an. »Diese Vertraulichkeitserklärung haben Sie doch unterschrieben, oder?«
    »Natürlich.«
    »Ganz bestimmt?«
    »Rufen Sie in Sid Krolls Büro an.«
    »Ich will das nämlich nicht nächste Woche in irgendeiner Klatschkolumne lesen oder im nächsten Jahr in einem miesen kleinen Enthüllungsbüchlein von Ihnen.«
    »Moment mal!« Ihre Gehässigkeit erstaunte mich. »Haben Sie nicht gerade erst gesagt, dass das alles Ihre Idee war? Ich habe nicht darum gebeten herzukommen.«
    Sie nickte. »Okay. Also, dann sage ich Ihnen jetzt, warum ich nicht nach Hause kann, unter uns. Im Augenblick stimmt irgendwas nicht ganz mit Adam. Ich hab ein bisschen Angst, ihn allein zu lassen.«
    Junge, Junge, dachte ich. Das wird ja immer besser.
    »Ja, richtig«, sagte ich diplomatisch. »Amelia hat mir erzählt, dass Mikes Tod ihn ziemlich aus der Fassung gebracht hat.«
    »Ach ja, hat sie das? Seit wann Mrs Bly eine derart kundige Expertin der emotionalen Befindlichkeit meines Mannes ist, das würde ich sehr gern wissen.« Hätte sie gefaucht und die Krallen ausgefahren, hätte das ihre Gefühle auch nicht unmissverständlicher zum Ausdruck bringen können. »Der Verlust von Mike macht natürlich alles noch schlimmer, aber das ist es nicht allein. Der Verlust der Macht, das ist das eigentliche Problem. Ohne Macht einfach nur dasitzen und Jahr für Jahr alles noch einmal durchmachen zu müssen. Die Presse lässt einfach nicht locker, es geht immer weiter: Was hat er getan? Was hat er nicht getan? Er wird die Vergangenheit nicht los, verstehen Sie? Er kann nicht weiterleben.« Sie machte eine hilflose Geste hin zum Meer, zum Sand, zu den Dünen. »Er sitzt fest. Wir sitzen beide fest.«
    Als wir zurück zum Haus gingen, hakte sie sich bei mir unter. »Oje«, sagte sie. »Sie fragen sich sicher jetzt schon, auf was Sie sich da eingelassen haben.«
     
     
    *
     
    Als wir zurückkamen, herrschte im Haus wesentlich mehr Trubel als vorher. Vor dem Eingang parkte eine Limousine, ein dunkelgrüner Jaguar mit Washingtoner Nummer, und dahinter stand ein schwarzer Minivan mit dunklen Scheiben. Als ich die Haustür öffnete, hörte ich mehrere Telefone gleichzeitig klingeln. Gleich hinter der Tür saß ein freundlicher grauhaariger Mann in einem billigen braunen Anzug. Er unterhielt sich mit einem der Wachpolizisten und trank dabei eine Tasse Tee. Als er Ruth Lang sah, sprang er zackig auf. Was für einen Heidenrespekt die alle vor ihr haben, dachte ich.
    »Tag, Ma’am.«
    »Hallo, Jeff, wie war’s in New York?«
    »Höllisches Chaos, wie immer. Wie am Piccadilly Circus zur Rushhour.« Er sprach mit einem pfiffigen Londoner Akzent. »Hab schon gedacht, ich schaff’s nicht mehr pünktlich.«
    Ruth wandte sich zu mir. »Wenn Adam landet, wollen sie immer schon mit dem Wagen abfahrbereit am Flugplatz stehen.« Sie fing an, sich aus ihrer Windjacke zu winden, was einige Zeit in Anspruch zu nehmen versprach. In diesem Augenblick bog Amelia Bly um die Ecke. Das Handy klemmte zwischen gepolsterter Schulter und gemeißeltem Kinn, während die geschickten Finger den Reißverschluss eines Diplomatenkoffers zuzogen. »Bestens, bestens, ich sag’s ihm.« Sie nickte Ruth zu und sprach weiter. »Am Donnerstag ist er in Chicago ...« Dann schaute sie zu Jeff und tippte auf ihre Armbanduhr.
    »Wisst ihr was? Ich fahre heute zum Flugplatz«, sagte Ruth plötzlich und zog sich die Windjacke wieder herunter. »Amelia kann hierbleiben und sich die Nägel oder sonst was polieren. Kommen Sie doch mit«, fügte sie an mich gewandt hinzu. »Adam kann’s gar nicht

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