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Ghost

Titel: Ghost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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erwarten, Sie kennenzulernen.«
    Eins zu null für die Ehefrau, dachte ich. Doch halt: In feinster Tradition des britischen Staatsdieners landete Amelia einen Konter. »Dann fahr ich im zweiten Wagen mit«, sagte sie und klappte mit einem lieblichen Lächeln ihr Handy zu. »Da kann ich auch meine Nägel polieren.«
    Jeff öffnete Ruth eine der Hintertüren des Jaguars, während ich um den Wagen herumging und mir fast den Arm ausrenkte, als ich die andere Tür aufzog. Ich rutschte auf den Ledersitz, und mit einem zischenden Ploppen schloss sich hinter mir die Tür.
    »Das Baby ist gepanzert, Sir«, sagte Jeff in den Rückspiegel und fuhr los. »Wiegt zweieinhalb Tonnen. Selbst wenn sie uns alle vier Reifen platt schießen, schaffen wir noch hundert Meilen pro Stunde.«
    »Verschon uns, Jeff, bitte«, sagte Ruth gut gelaunt. »Glaub kaum, dass ihn das interessiert.«
    »Die Fenster sind zweieinhalb Zentimeter dick. Lassen sich nicht runterkurbeln, falls Sie auf die Idee kommen sollten. Luftdicht verschlossen gegen Anschläge mit chemischen und biologischen Waffen, Sauerstoff für eine Stunde. Da staunen Sie, was? In diesem Augenblick, Sir, sind Sie wahrscheinlich sicherer, als Sie es jemals in Ihrem Leben gewesen sind oder jemals wieder sein werden.«
    Ruth fing an zu lachen und verzog das Gesicht. »Jungs und ihr Spielzeug.«
    Die Außenwelt war stumm und weit weg. Wir glitten so ruhig und leise über den Waldweg, als führen wir auf Gummi. Wie im Mutterleib, dachte ich: das herrliche Gefühl vollkommener Sicherheit. Wir fuhren über das tote Stinktier, ohne dass der große Wagen auch nur mit der geringsten Vibration darauf reagierte.
    »Nervös?«, fragte Ruth.
    »Nein. Warum? Sollte ich?«
    »Überhaupt nicht. Sie werden sehen, er ist geradezu märchenhaft charmant. Mein Märchenprinz!« Weder ließ sie ihr kehliges, maskulines Lachen hören. »Gott«, sagte sie, während sie aus dem Fenster schaute. »Was bin ich froh, wenn ich diese Bäume nicht mehr sehen muss. Kommt einem vor, als würde man in einem Zauberwald leben.«
    Ich schaute mich kurz zu dem Minivan um, der dicht hinter uns fuhr. Ich verstand, dass das zu einer Sucht werden konnte. Ich gewöhnte mich schon jetzt daran. Diese Gewohnheit wieder aufzugeben, wenn man sich erst einmal damit vertraut gemacht hatte, würde genauso schwerfallen, wie sich von seiner Mama abzunabeln. Aber angesichts der Bedrohung durch den Terrorismus würde Lang das nie müssen. Er würde nie selbst fahren, geschweige denn für einen Bus anstehen müssen. Er wurde verhätschelt und in Watte gepackt wie ein Romanow vor der Revolution.
    Wir verließen den Wald, bogen zuerst links in die Hauptstraße ein, dann fast sofort wieder nach rechts ab und befanden uns schon auf dem Flugplatzgelände. Überrascht schaute ich aus dem Fenster auf die große Startbahn.
    »Wir sind schon da?«
    »Im Sommer hat’s Marty ganz gern, wenn er um vier aus seinem Büro in Manhattan rauskann und dann um sechs schon am Strand ist.«
    »Er benutzt einen Privatjet, nehme ich mal an«, sagte ich. Ein Versuch, mich ein wenig weltgewandt zu zeigen.
    »Natürlich benutzt er einen Privatjet.«
    Nach dem Blick, den Ruth mir daraufhin zuwarf, kam ich mir vor wie ein Bauerntrampel, der sich gerade mit seinem Fischmesser Butter aufs Brötchen geschmiert hatte. Natürlich benutzt er einen Privatjet. Man kauft sich kein Dreißig-Millionen-Dollar-Haus und fährt dann mit dem Bus hin. Der Mann musste einen Öko-Fußabdruck haben wie ein Yeti. Mir wurde bewusst, dass so ziemlich jeder, den die Langs in jenen Tagen kannten, einen Privatjet besaß. Und tatsächlich traf Lang höchstpersönlich in diesem Moment in einer konzerneigenen Gulfstream ein. Der Jet fiel aus dem dämmerigen Himmel und schwebte dicht über die düsteren Kiefern. Jeff trat aufs Gas, und eine Minute später hielten wir vor dem kleinen Flughafengebäude. Nach einer großspurigen Kanonade knallender Autotüren gingen wir hinein – Ruth, Amelia, Jeff, einer der Personenschützer und ich. Drinnen wartete schon ein Streifenbeamter der Polizei von Edgartown. An der Wand hinter ihm hing ein verblasstes Begrüßungsfoto mit Bill und Hillary Clinton beim Verlassen der Air Force One anlässlich irgendeines skandalumwitterten Präsidentenurlaubs.
    Der Privatjet rollte über die Landebahn. Er war dunkelblau, neben der Tür stand in goldenen Lettern HALLINGTON, und er war größer als das übliche Phallussymbol von Vorstandsvorsitzenden. Er hatte einen steil

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