Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
automatischen Reaktionen ihres Körpers zu kontrollieren. Vor allem wusste sie nicht, dass er sie in seinem Kopf fühlen konnte, weil sie durch irgendetwas miteinander verbunden waren. Aber das war etwas, worüber er nicht nachdenken wollte.
Stattdessen sollte er sich lieber darauf konzentrieren, wie sie aus diesem Gefängnis herauskamen, und zwar bevor sich der Entführer überlegte, wie er sie am besten verschwinden lassen konnte. Bowen sah zur Decke hinauf, wo durch Schlitze frische Luft hereinströmte. Wenn diese geschlossen wurden, mussten sie langsam und qualvoll ersticken. Der einzige Hoffnungsschimmer war, dass ihr Vater Isabel sicher nicht töten wollte, und er damit nichts tun konnte, was dazu führte, dass sie beide hier starben.
„Gibt es einen anderen Ausgang?“ Seine Stimme klang immer noch ungewöhnlich rau und dünn.
Isabels Rücken versteifte sich, und sie wischte unauffällig über ihre Wangen, bevor sie sich zu ihm umdrehte. Die Tränenspuren versetzten ihm einen Stich. „Wer sagt, dass ich noch mit dir rede?“
Wider Erwarten musste er über ihre Antwort beinahe schmunzeln. „Das tust du gerade.“
Isabel sah ihn einen Moment starr an, dann nickte sie. „Es scheint so. Nicht, dass du es verdient hättest.“ Bevor er darauf reagieren konnte, redete sie schon weiter. „Nein, soweit ich weiß, hat dieser Teil des Kellers keinen anderen Ausgang.“
„Wohin führt die Tür?“
„In einen kleinen Vorraum und dann zu einer Treppe nach oben. Sie endet vor einer Geheimtür im Büro meines Vaters. Ich habe sie durch Zufall entdeckt. Der normale Keller hat einen Aufgang in die Diele, aber er ist nicht mit diesem Raum verbunden.“
Natürlich, das wäre ja auch zu einfach gewesen. „Wie ist die Tür hier unten gesichert?“
„Durch einen Metallriegel, ich glaube nicht, dass wir ihn von innen aufbekommen können.“
Bowen ging zur Wand und schlug mit den Fingerknöcheln dagegen. Sie klang massiv, niemand würde sie hören, wenn sie um Hilfe riefen. „Ist noch jemand anders im Haus?“
„Nein, nur mein Vater.“ Isabel sah so niedergeschlagen aus, wie er sich fühlte. Dann richtete sie sich abrupt auf. „Außer es kommt jemand ins Haus, wenn der Transporter gebracht wird.“ Ihre Mundwinkel bogen sich nach unten. „Aber ich weiß nicht, wann das sein wird und um wen es sich handelt. Wahrscheinlich jemand, dem es völlig egal ist, wenn wir hier unten elend verrotten.“
„Weißt du sicher, dass ich damit weggebracht werden sollte?“
Isabel schüttelte den Kopf. „Er hat es mir nicht gesagt. Allerdings könnte es auch etwas mit dem Telefongespräch zu tun haben. Es ging um …“ Ihre Augen weiteten sich alarmiert und sie starrte ihn an.
Beunruhigt ging er zu ihr und umfasste ihre Schultern. „Was ist?“
„Berglöwen. Mein Vater hat mit einem merkwürdigen Mann telefoniert, und ich habe ihn dabei belauscht. Sie haben über eine Gruppe von Berglöwen geredet, mein Vater will sie einfangen lassen. Oder vielleicht haben sie es inzwischen schon getan, das Telefonat war vorgestern Abend.“
Bowen spürte, wie ihm das Blut aus dem Kopf wich, Schwindel erfasste ihn. „Weißt du, wo sie die Gruppe einfangen wollten?“
Isabel sah ihn besorgt an. „Nein, leider nicht.“
Was, wenn sie seinetwegen wussten, wo die Wandler zu finden waren, und sein Entführer noch weitere Exemplare für seine „Forschungen“ brauchte? Was hinderte sie daran, zurückzugehen und sich seine ganze Familie zu holen? Bowen rieb mit den Händen über sein Gesicht, doch der Schrecken blieb, genauso wie das Schwindelgefühl. Etwas berührte seinen Arm, doch er bemerkte es kaum, zu sehr war er in seinem Entsetzen gefangen. Bisher war er davon ausgegangen, dass er nur stark genug sein musste, damit seine Familie und Freunde in Sicherheit waren. Wenn er nichts von sich preisgab und dem Entführer nicht das lieferte, was er haben wollte, dann würde er ihn entweder freilassen oder töten.
„Bowen, sag etwas!“
Die Stimme drang in sein Bewusstsein und klärte sein Gehirn. Erst jetzt bemerkte er, dass er nicht mehr stand, sondern auf dem Boden kauerte, nur noch von Isabels Händen aufrecht gehalten. Da er nicht wusste, ob er seiner Stimme trauen konnte, sah er Isabel nur an.
„Weißt du etwas über die Berglöwengruppe? Kennst du sie?“
„Vielleicht …“ Er räusperte sich. „Es könnte meine Familie sein. Normalerweise leben Berglöwen als Einzelgänger, ich habe noch nie davon gehört, dass irgendwo
Weitere Kostenlose Bücher