Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
hatte einen harten Klang. Kalt und geschäftsmäßig, als würde er sich ständig mit solchen Themen befassen. „Rivers lag im Obergeschoss im Flur, es sieht aus, als wäre er relativ schnell gestorben. Seine Frau …“ Ein Stocken und Räuspern, bevor er in ebenso leidenschaftslosem Ton fortfuhr. „… scheint länger gelitten zu haben.“
Kainda setzte sich auf und ignorierte den Schmerz, der durch ihr Bein fuhr. Wovon redeten sie da? Mord? Der Name Rivers brachte irgendetwas in ihr zum Klingen, aber sie konnte ihn beim besten Willen nicht einordnen. Sie kannte in Amerika nur die Berglöwen, und da war ihr niemand mit diesem Namen begegnet.
Ryans warme Stimme riss sie aus den Gedanken zurück. „Ich wüsste wirklich nicht, wie ich Ihnen in diesem Fall helfen könnte, Detective Harken. Wie ich am Telefon schon sagte, war Rivers nur etwa fünf Minuten hier. Er hat gewartet, bis wir die Leopardin auf dem Tisch hatten, aber dann wollte er möglichst schnell zu seiner Frau nach Hause.“ Einen Moment schwieg er. „Nicht jeder hätte das getan, was er gemacht hat. Die Leopardin tat ihm leid, und er wollte sie retten.“
Kainda hielt die Luft an. Konnte es sein, dass dieser Rivers umgebracht worden war, weil er versucht hatte, sie zu befreien?
„Haben Sie schon herausgefunden, woher das Tier stammt?“
„Nein, leider hat sich noch niemand gemeldet. Ihr Allgemeinzustand war auch vorher schon schlecht, es könnte sein, dass sie schon einige Zeit ohne regelmäßige Nahrungsaufnahme auskommen musste.“
Ihr Bewacher schien mehr zu merken, als sie erwartet hatte. Hoffentlich konnte er daraus keine Rückschlüsse ziehen, wo sie hergekommen war. Andererseits waren die Berglöwenwandler und ihre Schwester nach dem Umzug in Sicherheit, denn da sie die Lage des neuen Lagers nicht kannte, konnte sie auch nichts darüber verraten.
„Wird sie sich erholen?“
„Ich denke, schon. Wenn ihr gebrochenes Bein gut heilt, sollte sie in einigen Wochen wieder fit sein.“
Wochen? Kainda erschrak. So viel Zeit hatte sie nicht! Irgendwie musste es ihr gelingen, früher auszubrechen, damit die Verbrecher sie gar nicht erst dazu zwingen konnten, etwas über die Wandler preiszugeben.
„Und wo wollen Sie die Leopardin lassen, wenn sich der Besitzer nicht meldet?“
Ryan schien zu zögern, bevor er antwortete. „Solange sie noch medizinische Hilfe braucht, wird sie hierbleiben, danach werde ich versuchen, einen guten Platz für sie zu finden.“
Was meinte er damit? Wollten diese Leute sie irgendwo für immer einsperren?
„Haben Sie denn hier im Park nichts für sie?“
„Leider nicht. Wir haben nur Geparden, Tiger und Löwen, keine Leoparden.“
Verwirrt presste sich Kainda dichter an die Gitterstäbe, auch wenn ihre Rippen heftig pochten. Mittlerweile verstand sie überhaupt nichts mehr. Von welchem Park sprachen die Männer? Und sie hielten auch andere Raubkatzen gefangen? War ihre Gruppe vielleicht nicht die einzige gewesen, die in Afrika angegriffen wurde? Waren es nicht nur wenige Verbrecher, sondern vielleicht eine ganze Organisation, die gezielt vorging? Dann war die Gefahr für alle Wandler noch viel größer, als sie gedacht hatte. Wie sollten sie sich schützen, wenn sie sich noch nicht einmal an die Polizei wenden konnten? Wenn niemand wissen durfte, dass sie überhaupt existierten? Vielleicht hätte sie auf Jamila hören und den Unterschlupf annehmen sollen, den die Berglöwenwandler boten. Aber sie hatte es nicht über sich gebracht, die Rückkehr nach Afrika aufzugeben. Ihre Familie aufzugeben. Wieder tobte Schmerz in ihrem Innern, tausendmal stärker, als es gebrochene Knochen jemals könnten. Keuchend versuchte sie zu atmen, doch ihr Hals war wie zugeschnürt. Tränen schossen ihr in die Augen, ihre Umgebung wurde unscharf.
Sie war so in ihrem eigenen Leid gefangen, dass sie nicht merkte, wie die Tür geöffnet wurde. Erst als Ryans Stimme plötzlich viel näher klang, wurde ihr bewusst, dass sie nicht mehr allein war. Verspätet sprang sie vom Gitter zurück und drückte sich an die Wand im hinteren Bereich des Käfigs. Ein Zittern lief durch ihren Körper.
„Es ist alles in Ordnung, Etana, keine Angst.“ Ryan kam langsam näher und hockte sich vor den Käfig. Der andere Mann blieb hinter ihm stehen und starrte sie prüfend an.
Kaindas Bein gab unter ihr nach, und sie ließ sich wieder auf den Boden sinken. Sie sah Ryan an und verlor sich für einen Moment in seinen Augen. Es schien ihm wirklich
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