Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Mordfall?“ Ryans Frage riss sie aus ihren Gedanken.
Der Detective verzog das Gesicht. „Ich darf nicht darüber sprechen. Aber sagen wir es so: Die Leopardin ist bisher das einzig Außergewöhnliche, das ich im Leben der Opfer finden konnte.“
Ryan schüttelte den Kopf. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass beides miteinander zu tun hat.“
„Ich mir auch nicht, aber ich muss jeder Spur nachgehen.“ Der Detective streckte seine Hand aus. „Danke, dass Sie mir für die Befragung zur Verfügung gestanden haben, Dr. Thorne.“ Sein Blick glitt zu Kainda. „Ich hoffe, dass Sie einen guten Platz für Ihre Patientin finden.“
Bildete Kainda sich das nur ein, oder lag etwas wie Erkennen in seinen Augen? Der Gedanke verschwand, als er sich umdrehte und aus dem Raum ging, während Ryan ihm folgte.
Sie legte ihren plötzlich zu schweren Kopf zurück auf die weiche Unterlage und schloss die Augen. Jetzt war sie fast sicher, dass sie großes Glück gehabt hatte und ihren Verfolgern entkommen war. Und wenn sie sich tatsächlich bei völlig ahnungslosen Menschen aufhielt, dann konnte sie sich auch vorstellen, warum jemand diesen Rivers umgebracht hatte. Die Frage war nur, ob die Täter schon wussten, wohin der Trucker sie gebracht hatte. Wenn ja, dann war nicht nur sie in Lebensgefahr, sondern auch Ryan und alle anderen, die sich in ihrer Nähe aufhielten. Sie musste hier unbedingt weg, bevor sie gefunden wurde.
7
Unruhig streifte Jamila durch den Wald, zu aufgewühlt, um in der Hütte zu sitzen oder auch nur im Lager auf einen der Berglöwen zu treffen. Sie hatte noch ein paarmal das Gefühl gehabt, Kaindas Furcht und Schmerzen zu spüren, aber jetzt fühlte sie nichts mehr. Es machte ihr Angst, nicht zu wissen, was mit ihrer Schwester passiert war oder ob sie überhaupt noch lebte. Sie musste ihr irgendwie helfen. Doch selbst wenn sie herausfand, wo Kainda war, wie sollte sie dort in absehbarer Zeit hinkommen? Obwohl sie sich in den letzten Monaten körperlich erholt und beinahe zu ihrer alten Stärke zurückgefunden hatte, konnte sie unmöglich innerhalb von ein oder zwei Tagen die gleiche Strecke überwinden wie Kainda in drei Monaten. Normalerweise war das Band zwischen ihnen viel stärker, denn ihre Schwester war wie ihre andere Hälfte. Alles, was einer von ihnen zustieß, war für die andere sofort spürbar gewesen, doch jetzt waren sie weiter voneinander entfernt als jemals zuvor.
Jamila schloss die Augen, als sie wieder den Schmerz jenes verhängnisvollen Tages in Afrika spürte. Das Gefühl, plötzlich völlig allein dazustehen und alles verloren zu haben, das ihnen jemals etwas bedeutet hatte. Auch ihr eigener Verlust war groß gewesen, doch Kaindas Verzweiflung überlagerte alles. Ihr Schmerz war so tief, dass er niemals wirklich vergehen würde.
Tränen traten in Jamilas Augen, und ihre Kehle zog sich zusammen. Sie wusste nicht, wie Kainda damit leben konnte, wie sie es schaffte, trotzdem noch zu funktionieren und sich um ihre Schwester zu kümmern. Mit einem Seufzer gestand Jamila sich ein, dass sie nie so stark gewesen war wie Kainda. Schon vom ersten Tag an hatte ihre Schwester den Ton angegeben, und sie hatte sich gefügt. Es war ihr nicht schwergefallen, weil Kainda meist vernünftige Vorschläge machte, die auch ihren Interessen entsprachen. Aber jetzt war sie auf sich selbst gestellt und musste lernen, sich durchzusetzen und Hilfe für Kainda zu organisieren. Finn würde ihr helfen, wenn sie ihn darum bat, dessen war sie sich sicher. Wäre es so schlimm, ihm als Gegenleistung etwas über sich zu erzählen?
Jamila blieb abrupt stehen, als ihr klar wurde, warum sie bisher geschwiegen hatte. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, dass es für jemanden interessant sein könnte, ihre Geschichte zu erfahren. Sie fand ihr Leben und ihre Gedanken nicht so spannend und erzählenswert. Und über die dunkle Zeit wollte sie nicht reden, nein, sie konnte es nicht. Das alles war zu tief in ihr eingeschlossen. Wenn sie etwas davon herausließ, würde es sie zerreißen. Ein Zittern lief durch ihren Körper, als die Erinnerungen in ihr hervorbrachen. Nein. Nein! Jamila begann zu laufen, schneller, immer schneller, bis ihre Gedanken sie nicht mehr einholen konnten.
Völlig ausgepumpt wurde sie nach einiger Zeit langsamer und blieb schließlich stehen. Schwer atmend sah sie sich um und stellte fest, dass sie nicht wusste, wo sie war. So weit hatte sie sich noch nie vom Lager entfernt, und schon gar nicht
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