Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
schlucken, bevor sie ihre Sprache wiederfand. „Das hast du nicht.“
Skeptisch betrachtete er ihre Arme, deren dunkle Hautfarbe glücklicherweise die Druckflecken verdeckte, die er sicherlich darauf hinterlassen hatte. „Ich hätte dich nicht so grob anfassen dürfen, für einen Moment hatte ich vergessen, wie klein und zierlich du bist.“
Genervt schob sie ihr Kinn vor. „Und genau das hat mir gefallen. Ich bin nicht aus Glas, ich will nicht ständig so behandelt werden, als würde ich jeden Moment zerbrechen. Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie hart das Leben in der Savanne sein kann?“
Stumm schüttelte Finn den Kopf, während er sich an die Wand zurücklehnte und die Arme vor der Brust verschränkte. „Nein, aber du kannst mir ja davon erzählen.“
„Das hatte ich vor – demnächst.“
„Das ist gut, im Moment bin ich nämlich nicht sehr aufnahmefähig, fürchte ich.“ Ein selbstironisches Lächeln spielte um seine Mundwinkel.
Jamilas Herz machte einen Sprung, als sie es sah.
„Woran hast du gedacht, als ich hereingekommen bin?“ Seine Stimme hatte den warmen, samtigen Ton angenommen, dem sie nicht widerstehen konnte.
„Daran, wie du gestern ausgesehen hast, als Torik mich zu deiner Hütte gebracht hat.“
Seine Augen verdunkelten sich, und er machte einen Schritt auf sie zu. „Jamila …“
Sie ließ ihn nicht ausreden. „Und wie es sich anfühlen würde, wenn wir uns lieben.“ Warum sagte sie ihm die Wahrheit? Das machte die Situation nur noch schwieriger.
Finn stieß seinen Atem zischend aus. „Du hättest auch lügen können.“
„Warum sollte ich? Es ist ja nicht so, als könntest du nicht wittern, was ich empfinde.“ Und sie konnte seine Reaktion riechen.
Sein innerer Kampf war ihm anzumerken, als er lange Zeit schwieg. Schließlich hob er den Kopf und blickte sie direkt an. „Genau darum geht es. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass das aufhören muss.“
„Und wie sollen wir das deiner Meinung nach anstellen? Uns nie wieder sehen?“ Finns Reaktion auf ihre nicht ernst gemeinte Feststellung ließ sie innerlich erstarren.
„Wenn es sein muss, ja.“ Er hob die Hand, als sie etwas erwidern wollte. „Lass mich ausreden. Es geht nicht um das, was ich will oder du, sondern darum, die Ruhe im Lager nicht zu gefährden.“
Unsicher sah Jamila ihn an. „Wie meinst du das?“
Wut loderte in Finns Augen auf, ein Muskel zuckte in seiner Wange. „Irgendjemand hat Kearne von unserem Treffen gestern erzählt und auch, dass wir … nun ja, erregt waren. Er hat nun Angst, dass die Unruhe im Lager sich dadurch noch verstärken könnte.“
Jamila starrte ihn mit offenem Mund an. „Du willst also sagen, dass du dich nicht mit einer wie mir einlassen kannst, damit deine Freunde und Verwandten zufrieden sind?“
Seine Augen verengten sich. „Du bist hier seit eurem Angriff auf Coyle nicht gerade die beliebteste Person, das weißt du. Wenn ich als ausführendes Ratsmitglied jetzt alles andere ignoriere und mich mit dir einlasse, wird das Auswirkungen auf die ganze Gruppe haben, die ich noch nicht absehen kann. Das kann ich nicht zulassen, wenn ich nicht will, dass das Zusammenleben noch schwieriger wird, als es schon ist.“
Jamila hatte das gewusst, aber warum tat es dann trotzdem so weh, es aus seinem Mund zu hören? Es war eine Illusion gewesen, dass sie vielleicht mit der Zeit ein Teil dieser Gemeinschaft werden konnte – zumindest bis Kainda zurückkam. Sie schlang die Arme um ihren Körper, um den Schmerz im Innern zu halten.
„Sag etwas.“ Finns Blick bohrte sich forschend in ihren.
„Ich verstehe. Ich werde mich von jetzt ab von dir fernhalten. Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dich noch einmal belästige.“
Finn trat einen Schritt näher. „Jamila …“
„Geh einfach. Nicht, dass dich jemand allein mit mir in der Hütte erwischt und denkt, wir würden hier unanständige Sachen treiben.“ Die Erinnerung daran, dass sie das beinahe getan hätten, verstärkte den Schmerz. „Bitte geh jetzt.“
Zuerst dachte sie, Finn würde noch etwas sagen, doch er nickte ihr nur zu und verließ, so leise wie er gekommen war, die Hütte. Sowie er die Tür hinter sich geschlossen hatte, sackte Jamila zusammen und sank zu Boden. Sie hatte nicht geglaubt, noch einmal einen solchen Kummer spüren zu können, nach dem, was sie erlebt hatte. Aber warum fühlte sie sich dann, als hätte sie gerade ihren einzigen Freund verloren? Es war dumm gewesen, mehr zu
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