Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Job anzusehen. Welcher andere Arzt hätte mehrere Nächte auf einer Liege neben ihrem Käfig verbracht, obwohl es medizinisch nicht mehr notwendig gewesen war? Ganz zu schweigen davon, dass er trotz Überfall und Betäubung schon wenige Stunden später zur Klinik zurückgekommen war, damit sie nicht allein sein musste. Nein, die anderen Tiere des Parks hatten wirklich Glück, hier zu sein, wenn sie schon nicht in Freiheit leben konnten.
Grelles Licht schmerzte in Kaindas Augen, als Ryan sie durch die Tür ins Freie zog. Instinktiv machte sie sich so klein wie möglich, damit sie von möglichst wenigen Menschen gesehen wurde.
„Es ist alles in Ordnung, du kommst gleich hier raus.“ Der Transportwagen blieb vor einem großen Jeep stehen, von dem sie fast nur die Reifen sehen konnte. Ryan beugte sich zu ihr herunter und öffnete die Käfigtür. „Okay, jetzt kommt der knifflige Moment.“ Er blickte zur Seite. „Mach bitte die hintere Klappe auf, Peter.“
Erst jetzt bemerkte Kainda, dass ihnen einer der Männer aus der Klinik gefolgt war. Von seiner Kleidung her tippte sie auf einen der Pfleger. Er schob die hintere Scheibe hoch und klappte den metallenen Teil des Hecks herunter, sodass eine kleine Ladefläche entstand. Im Innern des Wagens konnte Kainda weitere Gitterstäbe erkennen, die den Kofferraum von den Sitzen trennten. Es schien, als wäre der Jeep extra für Tiertransporte ausgebaut worden. Automatisch drückte sie sich in die hinterste Ecke, unsicher, was es für sie bedeuten würde, wenn sie damit weggebracht wurde.
Ryan hockte sich vor den Käfig und blockierte damit ihr Sichtfeld. „Ich weiß, dass du jetzt Angst hast, aber das brauchst du wirklich nicht. Ich bin bei dir, und ich werde nicht zulassen, dass dir etwas passiert.“
„Vielleicht hätten wir sie doch betäuben sollen. Connelly wird uns die Hölle heiß machen, wenn er erfährt, dass wir eine Raubkatze unbetäubt umsetzen wollen.“
Ryan sah ihr weiter fest in die Augen. „Er wird es nicht erfahren. Sinn der Sache ist ja gerade, dass möglichst wenige Personen wissen, wo wir Etana hinbringen.“
„Ja, schon, aber …“ Peter blickte sich unruhig um.
„Vertrau mir, ich weiß, was ich tue.“
Kainda war sich nicht sicher, ob er mit ihr sprach oder mit dem Pfleger. Sie vermutete Ersteres. Schließlich neigte sie leicht den Kopf zum Zeichen, dass sie kooperieren würde.
„Hat sie gerade genickt?“ Peters viel zu laute Frage ließ sie zusammenzucken.
Ryan wandte seinen Blick nicht von ihr ab. „Hast du schon mal eine Raubkatze nicken sehen?“
„Nein, aber es sah wirklich so aus, als wenn …“
„Wir sollten uns jetzt beeilen, ich möchte nicht noch mehr Zuschauer anlocken.“ Ryans Stimme duldete keinen Widerspruch. „Ist der Wagen fertig?“
„Ja.“
Ryans blaue Augen bohrten sich in ihre. „Komm, meine Schöne.“
Kaindas Mundwinkel hob sich. Dachte er wirklich, sie würde auf Schmeicheleien reagieren? Er zwinkerte ihr zu, und sie verstand, dass ihm gelungen war, was er vorgehabt hatte: ihre Unsicherheit zu vertreiben. Sie sollte in Zukunft daran denken, nie seine Intelligenz zu unterschätzen. Langsam erhob sie sich und ließ sich widerstandslos von ihm aus dem Käfig und in den Jeep heben. Seine Hände waren sanft, und er versuchte, ihre Verletzungen möglichst zu schonen. Im Käfig lag eine weiche Decke, die er um sie herum zurechtzupfte.
„Danke.“ Seine Stimme war ein Hauch, nur für ihre Ohren bestimmt. Mit den Fingern strich er sanft über ihre Stirn, bevor er sich zurückzog.
Während Ryan die Klappe vorsichtig schloss und die Glasscheibe wieder herunterklappte, konnte sie Peters Stimme hören. „Das war unglaublich. Ich weiß, dass du ein echtes Händchen dafür hast, aber es ist nicht normal, dass ein Tier einfach so in einen Käfig geht, noch dazu eine Raubkatze. Langsam wirst du mir wirklich unheimlich.“
Ryan lachte nur und ging um den Wagen herum zur Fahrerseite. „Ich muss ja schließlich was für meinen Ruf tun. Ich nehme den Rest des Tages frei, wenn ihr mich braucht, weißt du, wie du mich erreichen kannst.“
„Alles klar. Gute Fahrt, und versuch, dir nichts abbeißen zu lassen, wenn deine Magie versagen sollte.“
„Keine Angst.“ Der Jeep schaukelte, als Ryan sich hineinschwang und die Tür zuzog. Sein Blick traf ihren im Rückspiegel. „Das mit dem Ruf habe ich nur gesagt, damit Peter Ruhe gibt, das weißt du, oder?“
Kainda bleckte ihre Zähne und stieß ein leises Fauchen
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