Ghostwalker 02 - Raven, M: Ghostwalker 02
Gefühl hat, ihr Leben zerstört zu haben. Ihr Vater wurde getötet, und sie hat Dinge gesehen, die sie schockiert haben müssen. Wahrscheinlich ist es besser für sie, wenn sie die Zeit bekommt, ihr Leben neu zu ordnen und die schrecklichen Geschehnisse hinter sich zu lassen, so gut es geht.“ Coyles Stimme drückte trotz seiner Worte Zweifel aus.
„Wenn das, was Marisa gestern gesagt hat, stimmt und Isabel Bowen wirklich in ihrem Geist spüren konnte, dann ist ihre Beziehung etwas Besonderes, und keiner von beiden wird den anderen so schnell vergessen können. Aber das wird vermutlich erst die Zeit zeigen.“ Finn richtete sich gerader auf. „Wie gesagt, wenn du irgendetwas für Bowen tun kannst, wäre ich dir sehr dankbar. Ich habe das Gefühl, dass die Gruppe langsam auseinanderdriftet, und ich weiß nicht, wie ich es aufhalten soll. Es reicht völlig, wenn die Probleme von außen kommen, die kann ich wenigstens bekämpfen.“
Die gleiche Ratlosigkeit stand in Coyles Gesicht geschrieben. „Ich fürchte, das ist ein Prozess, den wir kaum aufhalten können. Mit Fernsehen und Internet ist die Welt draußen ein Stück näher gerückt, und es wird immer schwerer, die jungen Leute hier zu halten. Sie möchten die Welt kennenlernen, sich aussuchen, wo sie leben und was sie tun.“ Coyle verzog den Mund. „Wenn wir nicht bald eine Möglichkeit finden, beide Welten miteinander zu verbinden, werden sich die Gruppen auflösen, Finn. Und das wird zur Vernichtung unserer Spezies führen.“
„Allerdings kann das auch durch eine Öffnung zur Menschenwelt geschehen.“
„Ja.“
Finn fuhr mit den Fingern durch seine Haare. „Also gibt es keine Lösung, wie wir unsere Situation verbessern können.“
„Ich sehe zumindest im Moment keine. Wir können nur hoffen, dass uns bald etwas einfällt.“
Nachdem er sämtliche Zäune überprüft hatte, kehrte Ryan ins Haus zurück. Das Betäubungsmittel schien ihm noch zuzusetzen, beinahe wäre er im Stehen eingeschlafen. Auch die ungewöhnliche Hitze machte ihm zu schaffen, nachdem er eine halbe Stunde in der prallen Sonne herumgelaufen und durchs Gebüsch gekrabbelt war. Immerhin konnte er jetzt sicher sein, dass Etana frei durch seinen Garten laufen konnte, ohne dass er befürchten musste, dass sie einfach verschwand. Seine Nachbarn waren einiges von ihm gewohnt, aber wenn eine Raubkatze durch die Straßen lief, würden sie kein Verständnis mehr für ihn aufbringen. Seine Mundwinkel hoben sich. Obwohl es sicher ein lustiger Anblick wäre. Der Anflug von Humor verschwand sofort wieder. Was sollte er mit der Leopardin tun, wenn sich ihr Besitzer nicht fand? Er konnte sie kaum auf unbestimmte Zeit in seinem Garten beherbergen, dort hatte sie einfach nicht genug Auslauf und auch keine Artgenossen.
Vermutlich sollte er so schnell wie möglich damit anfangen, einen guten Platz für sie zu suchen, am besten ein Auswilderungsprogramm in Afrika. Der Gedanke, sie bald nicht mehr in seiner Nähe zu haben, machte ihm seltsamerweise zu schaffen. Er würde sich auf jeden Fall freuen, wenn sie ein gutes Zuhause fand, gar keine Frage, doch ein kleiner selbstsüchtiger Teil in ihm wollte sie in seiner Nähe behalten. Unsinn, das dachte er nur, weil er von ihr fasziniert war. In ein paar Wochen würde er ganz anders darüber denken. Wirklich?
Ryan ignorierte die beharrliche Stimme in seinem Hinterkopf und ging stattdessen in die Küche, wo er sich Wasser eingoss. Mit dem Glas auf halbem Weg zu den Lippen erstarrte er. Hatte er tatsächlich Etana auf seinem Sofa liegen lassen, in einem ihr fremden Haus und ohne ihr wenigstens eine Schüssel mit Wasser und etwas zu essen hinzustellen? Vermutlich war sie schon völlig ausgetrocknet und fragte sich, wo er blieb.
Rasch holte er eine Schüssel und füllte sie mit Wasser, bevor er ins Wohnzimmer ging. „Entschuldige, Etana …“ Er brach ab, als er erkannte, dass sie nicht mehr auf dem Sofa lag. Unruhig sah er sich um. Wo konnte sie sein? Seltsamerweise hatte er mehr Angst davor, dass sie sich verletzen oder aufregen, als davor, dass sie ihm etwas tun könnte. Wenn sie letzte Nacht neben ihm geschlafen hatte, ohne ihm ein Haar zu krümmen, dann würde sie es jetzt auch nicht tun.
„Etana?“ Keine Antwort.
Ryan stellte die Schüssel auf den Boden und machte sich auf die Suche nach der Leopardin. Ein Lächeln breitete sich in seinem Gesicht aus, als er Etana schließlich im Schlafzimmer auf seinem Bett entdeckte. Sie hatte es geschafft,
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