Ghostwalker 03 - Raven, M: Ghostwalker 03
Geknurre fortsetzte, war es ihr recht.
Als sie endlich auf die Brücke kam und sich der Stahl der oberen Ebene über ihr absenkte, atmete sie tief durch. Es gab ihr immer ein klaustrophobisches Gefühl, auf der unteren Ebene zu fahren, die für den Verkehr in Richtung Oakland reserviert war, und der Gedanke, dass die Autos, die nach San Francisco unterwegs waren, jetzt über ihrem Kopf entlangfuhren, machte es nicht besser. Deshalb zog sie die Golden Gate Bridge normalerweise vor, aber das wäre ein zu großer Umweg gewesen. Selbst wenn sie die kürzeste Route nahm, würde sie erst im Dunkeln zu Hause ankommen. Wenigstens drang die Sonne noch durch die Stahlträger, und dahinter konnte sie in der Tiefe das Wasser schimmern sehen. Sehnsüchtig blickte sie darauf, während sich der dichte Feierabendverkehr langsam über die Brücke wälzte. Unruhig trommelten ihre Finger auf das Lenkrad, und sie wünschte sich, es wäre jemand bei ihr. Jemand, der ihr auch antworten würde, wenn sie mit ihm sprach. Man sollte denken, sie hätte für einen Tag genug geredet, aber die Dinge, die sie die ganze Zeit hatte zurückhalten müssen, drängten sich auf ihrer Zunge. Mit ihrem Handballen drückte sie gegen ihre Stirn, hinter der sich Kopfschmerzen aufbauten.
„Wunderbar, ein perfektes Ende für diesen ätzenden Tag.“
Angus antwortete natürlich nicht, dafür stellte sich sein Nackenhaar auf, und er begann, den Beifahrersitz anzukläffen.
Marisa schloss die Augen, riss sie aber schnell wieder auf, als sie sich daran erinnerte, dass sie Auto fuhr. „Wirklich, Angus, manchmal frage ich mich, warum ich mich mit dir Bettvorleger überhaupt noch abgebe. Bist du wohl still!“
Das Kläffen wurde zu einer sich wiederholenden Winsel-jaul-heul-knurr-Abfolge, und Marisa dachte einen Moment lang darüber nach, einfach aus dem Wagen zu springen. Das konnte auf keinen Fall schlimmer sein, als sich noch weitere dreihundert Kilometer lang Angus’ Theater anzutun.
„Ich fürchte, er kann nichts dafür.“
Marisas Kopf ruckte so schnell zum Beifahrersitz herum, dass ihr Genick protestierend knackte. Ein nackter Mann saß neben ihr, ihren Rucksack auf dem Schoß, als wäre es das Normalste der Welt. Vor Schreck trat Marisa auf die Bremse und verriss das Lenkrad, sodass der Wagen ins Schlingern kam. Um sie herum ertönten Hupen und sie kämpfte darum, das Auto wieder in die Spur zu bringen. Der Verkehr war zu dicht, als dass sie in eine der Notfallbuchten hätte ausweichen können. Sie war auf der mittleren Spur gefangen, bis sie von der Brücke herunter war.
„Fahren Sie einfach weiter, ich tue Ihnen nichts.“
Die Stimme war leicht rau und passte gut zu dem harten Äußeren des Mannes, wie Marisa aus den Augenwinkeln feststellte. Es dauerte eine Weile, bis sie sich so weit unter Kontrolle hatte, dass sie sprechen konnte. Seit sie die Wandler kannte, hatte sie schon vieles erlebt und eigentlich geglaubt, es könnte sie nichts mehr erschrecken.
„Toller Trick. Wie kommen Sie in mein Auto?“ Marisas Worte klangen zu ihrer Erleichterung nicht ganz so verängstigt, wie sie sich fühlte.
Der Mann gab einen Laut von sich, der bei jedem anderen ein Lachen hätte sein können. Sein Gesicht sah jedoch aus wie aus Stein gemeißelt. Zumindest wenn man von den Falten um die Augen absah, die ihn irgendwie … zugänglicher wirken ließen. Er ging nicht auf ihre Frage ein. Stattdessen drehte er sich zu Angus um, der wieder zu kläffen begonnen hatte. Ein Blick genügte, und der Bloodhound zog sich mit einem Winseln zurück und legte seinen Kopf auf die Rückbank.
Marisas Herz klopfte bis zum Hals. „Den Trick müssen Sie mir unbedingt verraten.“ Als er nicht antwortete, warf sie ihm erneut einen vorsichtigen Blick zu. Wenigstens schien er keine Waffe bei sich zu haben, aber wer wusste schon, welche Fähigkeiten er sonst noch besaß. „Wer sind Sie?“
Er sah sie mit seinen rauchig grauen Augen ruhig an, die sich ständig zu verändern schienen. „ Was ich bin, haben Sie schon erraten.“
Konnte er auch ein Wandler sein? „Ich glaube schon. Aber Sie machen es ganz anders als die anderen.“ Das klang wirr, aber der Mann schien sie zu verstehen, denn er schüttelte leicht den Kopf.
„Nein, nicht wirklich. Sie haben mich nur vorher nicht gesehen. Und auch Ihre Freunde können mich nicht mit ihren Sinnen wahrnehmen, wenn ich es nicht will.“ Sein Mund verzog sich zu der Parodie eines Lächelns. „Man könnte sagen, ich bin so etwas
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