Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
windschiefen Brettern, die so aussahen, als könnten sie jeden Augenblick zusammenbrechen. Lautlos schlich Sawyer sich an, jederzeit bereit, auf eine Bedrohung zu reagieren, auch wenn die Gerüche bereits so verwischt waren, dass er fast sicher sein konnte, auf keinen Menschen mehr zu treffen. Vorsichtig schob er sich an der Bretterwand vorwärts und blickte in den Verschlag. Er war leer.
Obwohl es schön gewesen wäre, Isabel hier lebendig und wohlauf zu finden, hatte er doch nicht damit gerechnet. Aber immerhin hatte er auch keine Leiche gefunden, sodass er erleichtert durchatmen konnte. Zwar kannte er Isabel nicht persönlich, aber er wusste, dass es Keira hart treffen würde, sollte ihrem Schützling etwas zustoßen. Nach einem tiefen Atemzug war er sich fast sicher, einen Hauch von Isabels Geruch wahrnehmen zu können. Also war sie wirklich hier gewesen. Sawyer betrachtete den Sandboden genauer und entdeckte Fußspuren und den Umriss von etwas Rechteckigem, das etwa einen Meter achtzig lang und vierzig Zentimeter breit war. Eine Schleifspur führte dorthin und mit einem unguten Gefühl im Magen erkannte er, dass das Objekt groß genug gewesen sein musste, um eine Frau zu beherbergen. Wahrscheinlich war Isabel hier also aus dem Auto gezerrt und in diese Kiste oder etwas Ähnliches umgebettet worden.
Sawyer blickte aus dem Verschlag über die unwirtliche Landschaft bis zum in der Ferne liegenden Flughafengelände. Wahrscheinlich hatten die Verbrecher Isabel samt Kiste wieder ins Auto geschoben und sie dann irgendwie aufs Gelände geschmuggelt, während Lee Soundso mit der Limousine zum Eingang des Flughafengebäudes gefahren war und dort geparkt hatte. Vielleicht hatte er dann ein Flugzeug bestiegen und war weggeflogen – oder es war nur eine Finte und er war in die Stadt zurückgekehrt und untergetaucht. Wie auch immer, er musste Keira auf diesen Ort aufmerksam machen, vielleicht konnte die Polizistin hier mehr entdecken als er.
Sorgfältig verwischte Sawyer seine Pfotenabdrücke und bewegte sich rückwärts aus dem Schuppen. Nach einigen Metern drehte er sich um und lief zum Versteck seiner Kleidung zurück. Bevor er durch eine Lücke des Maschendrahtzauns vom Gelände schlüpfte, verwischte er auch noch seine Schuhabdrücke. Die Polizistin kam ihm recht gründlich vor und er wollte nicht, dass sie Isabels Leid mit unnötigen Untersuchungen verlängerte. So unauffällig wie möglich überquerte Sawyer die Straße, was bei dem steten Verkehr kaum möglich war, aber die Dunkelheit gab ihm etwas Schutz.
Endlich hatte er es geschafft und betrachtete den brusthohen Stacheldrahtzaun, der das Flughafengelände umgab. Einige Meter weiter kam er an einem Tor vorbei, das mit breiten Stahlstreben verstärkt war. Eine Straße führte auf das Flughafengelände, die sich später in mehrere Richtungen verzweigte. Er hätte wetten mögen, dass Isabel auf diesem Wege zu einem Flugzeug gebracht worden war, sofern sie überhaupt ausgeflogen wurde. Zwar beleuchteten Straßenlaternen den Bürgersteig und damit auch die Einfahrt, aber wenn es den Verbrechern gelungen war, einen Insider als Helfer zu verpflichten, dürfte ihnen das keinerlei Probleme bereitet haben.
Spuren würden sie auf dem Asphalt keine finden, deshalb kehrte Sawyer um und ging langsam in Richtung des Flughafengebäudes.
Finn wurde aus seinen unruhigen Gedanken gerissen, als es erneut an der Tür klopfte. Seit Bowen ihm von seinem Gefühl berichtet hatte, dass Isabel in Schwierigkeiten steckte, hatte er nicht mehr schlafen können und stattdessen alle zehn Minuten versucht, Isabel und Keira telefonisch zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. Finn war inzwischen so weit, ebenfalls daran zu glauben, dass etwas passiert war. Der mysteriöse Wandler Harken, der seltsamerweise in letzter Zeit immer öfter auftauchte und ihnen half, hatte ihm berichtet, dass er Isabel und Keira zuletzt gesehen hatte, als sie am frühen Abend das Krankenhaus verließen. Selbst wenn sie danach noch irgendwo etwas gegessen hatten, müssten sie längst wieder im Motel sein. Leider wusste er nicht, wo genau sie abgestiegen waren, sonst hätte er dort angerufen und sich nach ihnen erkundigt. Auch die Polizei konnte er nicht anrufen und die Sorge um seine Schwester und die Menschenfrau machte ihn verrückt.
Rasch lief er zur Tür und riss sie auf. Als nicht wie erwartet Bowen davorstand, sondern dessen Mutter Amira, vergrößerte sich der Klumpen in seinem Magen. Amiras hellblonde Haare waren
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