Gib den Jungs zwei Küsse: Die letzten Wünsche einer Mutter
Weile, bevor sie einwilligte, es noch mal zu versuchen. Und dieser Tauchgang erfüllte auf beeindruckende Weise alle meine Vorhersagen. Irgendwann schalteten wir unsere Taschenlampen aus und spielten mit dem phosphoreszierenden Plankton im Wasser, verfolgten, wie es Funken sprühte und schimmerte wie eine Million blauer Halogenbirnen. Erst als eine Feuerkoralle mir ihr Nesselgift injizierte, sodass der letzte Lacher Kate gehörte, gaben wir uns zufrieden.
Da die Jungs jetzt alt genug zum Schnorcheln waren, fänden auch sie sicherlich Gefallen an Ägypten, also beschloss ich, die Reise noch diese Woche zu buchen und mich darum zu kümmern, dass sie die nötigen Impfungen bekamen und sich darauf freuen konnten. Allerdings war mir angesichts der Impfungen etwas mulmig zumute. Als bei Reef Krebs diagnostiziert worden war, hatten wir uns unweigerlich gefragt, was die Ursache sein mochte, wir wollten unbedingt wissen, was schiefgegangen und Auslöser einer derart seltenen und aggressiven Form der Krankheit sein könnte.
Als auch Kate ihre Diagnose bekam, dachten wir, dass es eine gewisse genetische Verbindung geben musste, obwohl auf keiner Seite der Familie in der Vergangenheit Krebserkrankungen aufgetaucht waren. Die Ärzte befanden jedoch, dass zwischen Reefs und Kates Krebs keinerlei Verbindung existierte. Es handele sich nur um eine dieser alarmierenden Lotteriestatistiken, wonach es völlig ausgeschlossen war, dass Mutter und Sohn an zwei völlig verschiedenen aggressiven Krebsarten erkrankten.
»Es müssen die Impfungen gewesen sein«, sagte Kate, die verzweifelt nach Antworten suchte, weil sie aufgrund ihrer mütterlichen Gewissensbisse bei sich selbst die Schuld suchte.
»Wegen unserer ganzen Auslandsurlaube habe ich jede Schutzimpfung bekommen, die man sich nur vorstellen kann. Eine davon muss mich angegriffen haben, als ich schwanger war oder auch schon davor. Oder es war die Mischung der Impfungen, die sich mit mir nicht vertragen hat?«
Es gab absolut keinen medizinischen Beweis, der diese Theorie erhärtet hätte, trotzdem waren Impfungen die einzig möglichen Missetäter, die Kate bei ihrer Suche nach einer Erklärung für Reefs Zustand einfielen. Ihre eigene Krebserkrankung nährte ihre Ängste und ihren Verdacht, und als sie ihre Liste schrieb, vermerkte sie darauf nachdrücklich: »Bitte mach keine Urlaube abseits ausgetretener Pfade, da ich fest davon überzeugt bin, dass Impfungen bei Reef und mir den Krebs ausgelöst haben.«
Über dieses Dilemma sprach ich mit einigen Mitgliedern meiner Familie, die mich aber alle beruhigten und meinten, ich solle mir keine Sorgen machen. »Kate wollte, dass du mit den Jungs nach Ägypten fährst, es steht auf der Liste«, sagte mein Dad. »Und sie hat mehr als einmal versucht, mit euch gemeinsam dort hinzufahren. Mach dir also keine Gedanken.«
»Ägypten ist keine Reise abseits ausgetretener Pfade«, ergänzte mein Bruder. »Die Jungs brauchen keine exotischen Impfungen, nur die routinemäßigen. Ansonsten hätte Kate gar nicht gewollt, dass du mit ihnen dort hinfährst.« Genau das wollte ich hören, und ich wusste, dass sie recht hatten.
»Ach übrigens, können wir auch mitkommen?«, fragten mich mein Bruder und mein Dad ein paar Wochen später.
»Was? Wirklich?«
Ich war ziemlich überrascht, dass sie mich begleiten wollten, aber vermutlich hing ihr Ansinnen damit zusammen, dass ich über Weihnachten, also zur Familienzeit verreisen wollte.
»Aber gewiss«, sagte mein Dad und fügte hinzu, dass meine Stiefmutter ebenfalls liebend gern mitkommen wollte.
»Es wird bestimmt toll werden«, meinte mein Bruder und erzählte mir, dass auch seine Freundin sich uns anschließen wolle.
Als ich Kates Eltern von den Plänen erzählte, wollten auch sie mitkommen.
»Nun, ich fahre sowieso, und wenn ihr mitkommen wollt, dann nur zu«, sagte ich zu allen, die Interesse anmeldeten. Als wir die Reise schließlich buchten, waren wir eine Gruppe von dreizehn Leuten.
Mein Bruder Matt, seine Freundin Olivia, meine kleine Schwester Lucinda, mein Dad und meine Stiefmutter und deren beste Freunde, zu denen ich Onkel Normal und Tante Chris sagte, wollten während der gesamten vierzehn Tage mit uns Urlaub machen, wohingegen Christine und Martin zusammen mit Kates Bruder Ben erst in der zweiten Woche zu uns stoßen würden.
Es überraschte mich doch sehr, dass sie alle Lust darauf hatten, und glaubte es auch erst, als alles gebucht und bezahlt war. Vermutlich wollten sie
Weitere Kostenlose Bücher