Gib mir deine Seele
Kleid.«
Anschließend hob er ihre Beine aufs Sofa und faltete eine flauschige Decke auseinander. »Reicht sie aus, oder möchtest du etwas Wärmeres haben?«
»Nein, die ist wunderbar.« Sie bettete den Kopf auf ein Kissen, das er ihr zurechtschob. »Du bist lieb, danke!«
Nachdem Constantin die Decke über ihr ausgebreitet hatte, ging er neben ihr in die Hocke und zog behutsam eine Nadel nach der anderen aus ihrer Frisur, bis sich die Locken wieder weich und wild ringelten.
Pauline wich seinem forschenden Blick aus. Ihn belügen zu müssen war schrecklich. Doch die Wahrheit konnte sie nicht verraten. Hätte ihre Mutter geschwiegen, wäre sie vielleicht nicht sitzengelassen worden. Als bei Pauline ebenfalls ein Herzfehler vermutet wurde, hatte sie ihr fast täglich gesagt: Genieße dein Leben! Mama war früh, aber als glücklicher Mensch gestorben.
Das wollte sie auch von sich sagen können, wenn es einmal so weit sein würde. Der Arzt machte ihr ohnehin bei jedem Besuch Mut: Die heutigen Medikamente seien sehr viel besser und verhinderten Schlimmeres. Sofern man sie regelmäßig einnahm.
Und das war Paulines Problem. Sie war vergesslich. Ich werde in Zukunft gewissenhafter sein. Mit diesem festen Vorsatz schlief sie ein.
Angesichts ihrer unerwarteten Schwäche fühlte er sich beunruhigend hilflos. Migräne? Er hatte schon erlebt, wie so ein plötzlich auftretender Kopfschmerz den Alltag eines Menschen beeinträchtigte. Das waren schlechte Neuigkeiten. Würde Pauline in einer solchen Situation singen können? Unzuverlässigkeit war das Letzte, was sie sich erlauben konnte. Doch Constantin waren die Hände gebunden. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass dieses Leiden keinen Einfluss auf ihre Karriere haben würde.
Immerhin ging Pauline souverän damit um und war vorbereitet. Zumindest wies die dezente Tablettendose darauf hin, die sie aus der Handtasche gezogen hatte. Zu wissen, dass es nichts Neues für sie war, beruhigte ihn. Wen interessierte es da, dass er für diesen Abend andere Pläne gehabt hatte?
Als die Stunden vergingen und die Sonne immer tiefer sank, stellte er überrascht fest, wie entspannend es sein konnte, den Atem einer Geliebten im Gesicht, einfach nur auf dem Boden zu sitzen und ihren Schlaf zu bewachen.
15 Paris und Barcelona – Neue Seiten und eine neue Stadt
Spät am Abend erwachte Pauline.
Constantin bestellte einen schlichten Imbiss in der Hotelküche und war erleichtert, als er sah, dass zumindest ein Teil ihres Appetits zurückgekehrt war. Sie verbrachten gemeinsam eine ruhige Nacht.
Morgens war sie wieder vollkommen hergestellt und erfreute ihn mit ihrer Aufregung. Bevor sie zum Flughafen aufbrachen, lief Pauline mindestens ein Dutzend Mal ins Bad, verschüttete eine Tasse Tee und suchte hektisch ihren Reisepass, überzeugt, ihn verloren zu haben. Auch der Hinweis darauf, dass sie ihn nicht benötigen würde, schien sie nicht zu beruhigen. Offensichtlich litt sie unter Reisefieber, etwas, das ihm fremd war, aber es zu beobachten amüsierte ihn außerordentlich.
Der Flug nach Spanien und die anschließende Fahrt zu seiner Wohnung im Herzen der Stadt verliefen ereignislos. Doch als Constantin den Schlüssel, den er vom Chauffeur erhalten hatte, im Schloss umdrehte, fühlte er sich beinahe ebenso aufgeregt wie Pauline.
Nicholas ist ein Genie! Dass es seinem Assistenten gelungen war, die ursprünglich zum Verkauf stehende Wohnung gewissermaßen über Nacht zu einem wohnlichen Zuhause zu machen, grenzte an Magie. Misstrauisch sog er die Luft ein, als wäre es möglich, magische Aktivitäten zu riechen.
»Kein Wunder«, sagte Pauline neben ihm, »dass du dich von dieser Wohnung nicht trennen wolltest. Sie ist traumhaft schön.«
Im Nu hatte sie den lichtdurchfluten Hauptraum durchquert und die gläsernen Terrassentüren geöffnet – warme, vom nahen Meer salzgetränkte Frühlingsluft und Vogelgezwitscher strömten zusammen mit dem Summen der Stadt herein. Nicht weit entfernt, vielleicht in einem nah gelegenen Innenhof, sprachen zwei Frauen miteinander. Es klang, als stritten sie, doch dann ertönte fröhliches Gelächter. Kinder spielten Ball gegen eine Mauer, und von einem benachbarten Balkon sah eine schwarz-weiß gefleckte Katze zu ihnen herüber.
»Sie erinnert mich an die Norwegische Waldkatze, die ich früher mal aufgepäppelt habe.«
»Im Sommer wird es ihr bestimmt heiß werden in diesem plüschigen Pelz«, sagte er und ertappte sich dabei,
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