Gib mir deine Seele
gedreht. Das musste passiert sein, als diese Fieslinge im Club handgreiflich geworden waren.
Bitte lass Constantin wenigstens bis zur Premiere hierbleiben! , bat sie ihr Spiegelbild und meinte doch die Muse, die über sie wachte.
Seine Gegenwart würde ihr die erforderliche innere Ruhe geben, um mit den Ereignissen der letzten Stunden zurechtzukommen. Nicholas hatte sie davor bewahrt, vergewaltigt zu werden! Der Gedanke an die fremden Hände auf ihrem Körper bereitete ihr Übelkeit. Und wie im Club schnürte ihr Angst beinahe den Hals zu. Noch heute würde sie mit ihm zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Sie hatten beide Glück gehabt. So viele gegen einen hätte leicht schiefgehen können.
Bin ich ihm so dankbar gewesen, dass ich danach diese reale Sexfantasien hatte? Es hat sich so echt angefühlt.
Um dem nagenden Zweifel zu entfliehen, zog sie sich aus, ging in die Dusche und stellte sich unter den dampfenden Strahl, der ihre Tränen mit sich fortriss und ihr schließlich auch jedes Gefühl nahm.
»Pauline!«
Es dauerte einen Augenblick, bis sie Constantins Stimme erkannte. Das Rauschen brach abrupt ab. Eisige Kälte brach über sie herein, das Zittern wurde unkontrollierbar. Doch plötzlich hüllten sie warme Handtücher ein, federleicht wie ein zärtliches Streicheln. Er trug sie, hielt sie sicher, und seine Hände strichen wie eine geflüsterte Liebkosung über ihre Haut, bis sich der Schmerz allmählich in ihr Inneres zurückzog, wo sie ihn, für den Augenblick zumindest, sicher verschloss.
»Zieh dich an, ma petit e !«
Constantins Befehl drang wie ein besonders scharfes Messer bis zu ihrer Seele vor. Folgsam griff sie nach den Kleidungsstücken, die er ihr reichte, ließ sich dabei helfen, das dicke Frotteehandtuch um den Kopf zu schlingen, und setzte sich schließlich an den reich gedeckten Tisch. Nicholas war nirgends zu sehen.
»Möchtest du Tee oder Kaffee?« Aufmunternd lächelte er ihr zu.
»Tee, bitte. Und ein Glas Wasser.«
Als er es vor ihr abstellte, leerte sie es in einem Zug. Allmählich klärte sich der merkwürdige Nebel, der sie eingehüllt zu haben schien, und der, wie sie wusste, von dem Wunsch herrührte, die Erinnerungen erträglicher zu machen. Doch nun war Constantin bei ihr. Alles wird gut. Pauline schnitt frisches Obst in eine Schüssel mit Hüttenkäse, und mit jedem Bissen fühlte sie sich besser. Alles wird gut.
Constantin hatte sie offenbar genau beobachtet, denn nun fragte er: »Wovor hast du solche Angst?«
»Vor der Polizei.« Sie stockte. So klang es falsch. »Dieser Senyor muss angezeigt werden, aber mit den Proben, die noch anstehen und allem … Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
»Darüber musst du dir keine Gedanken machen.«
»Aber …«
»Wir kümmern uns darum.« Er beugte sich vor und wischte mit dem Daumen über ihre Lippen, um ihn anschließend abzulecken.
Ihr blieb fast das Herz stehen.
»Süß«, sagte er. »Die Ananas ist ausgesprochen süß. Als hätte sich die karibische Sonne darin verfangen.« Dabei ließ er sie nicht aus den Augen.
Die Wohnungstür wurde geöffnet. Pauline drehte sich nicht um, gebannt von Constantins angedeutetem Lächeln konnte sie an nichts mehr denken.
»Ach, da sind die beiden ja!« Er stand auf und zerriss die feinen Zauberfäden ihres Glücksmoments.
Nun drehte sie sich um und sah Nicholas, dem ein Mann folgte, der zwei große Koffer trug, als wögen sie nicht mehr als eine leere Aktentasche. Ihre Koffer. Dahinter tauchte Henry auf, drängte sich an den Männern vorbei und hatte im Nu ihre Arme um Pauline geschlungen.
»Es tut mir so leid! Das wäre nie passiert, wenn ich nicht dermaßen blöd gewesen wäre.«
»Aber du kannst doch nichts dafür!«
»Setz dich, Henriette!« Constantin schien anderer Meinung zu sein. Er sah ihre Freundin grimmig an. »Erzähl ihr, was mit David ist. Sie macht sich Sorgen.« Er kehrte ihnen den Rücken zu und verließ den Raum.
»Wow! Manchmal tust du mir echt leid.« Henry nahm sich ein Croissant und biss hinein. »Hab ich einen Hunger!«
»Was ist mit David?«
»Haben sie es dir nicht erzählt? Er stand heute Morgen um sechs bei mir vor der Tür. Auf der Nase einen fetten Verband, und ein schönes Veilchen hatte er auch.«
»Aber sonst war er in Ordnung?«
»Na ja, ziemlich aufgelöst war er, und er machte sich schreckliche Vorwürfe, weil er dich überredet hat, in diesen Club zu gehen. War es wirklich so schlimm?«
Pauline dachte an die widerlichen Männer, und
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