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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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sofort sprangen ihr erneut Tränen in die Augen.
    »Ach, Herzchen! Es tut mir so leid!« Nachdem sie Pauline ein Päckchen Taschentücher zugeschoben hatte, erzählte Henry, dass David nach Mallorca abgereist war und was es mit den Koffern auf sich hatte. »Stell dir vor, Nicholas hat mich gefragt, ob ich hier bei ihm wohnen möchte. Und ob ich das will!« Sie lachte. Offenbar waren die Zweifel, die sie an ihrer Beziehung gehegt hatte, verflogen.
    Wie einfach das bei ihr geht , dachte Pauline. Doch vielleicht hatte sie sich auch nur ihren Rat zu Herzen genommen, das Beste aus ihrer gemeinsamen Zeit zu machen und derweil nach einem Heiratskandidaten Ausschau zu halten. Wie eine Verräterin kam sich Pauline vor, ihr so etwas empfohlen zu haben. Und Nicholas’ Verhalten war ebenso unmöglich. Henry einzuladen, bei ihm zu wohnen, nachdem er kurz zuvor ungerührt verkündet hatte, dass er mit ihrer besten Freundin schlafen wollte. Aber ich bin ja keinen Deut besser! , dachte sie beschämt.
    »Du bist doch bestimmt auch froh, bei deinem Liebsten zu sein, oder?«
    War da eine Spur Misstrauen zu hören? Pauline begriff plötzlich, dass Henry eifersüchtig war.
    Zu Recht. »Ich bin Constantin sehr dankbar, dass er sofort zurückgekommen ist.« Und daran war nichts geschwindelt. Doch ihr war auch klar, dass Nicholas’ plötzliche Gastfreundschaft Constantins Idee gewesen sein musste. Auf diese Weise hatte er sie alle unter Kontrolle.
    Wenn Henry vielleicht auch nur den Verdacht hegte, dass es eine besondere Verbindung zwischen Pauline und Nicholas gab, Constantin wusste zweifellos davon – auch ohne ihr morgendliches Geständnis. Die Sache war für ihn mit Sicherheit noch nicht erledigt.
    Typisch, dass er nicht weiter darauf eingegangen war. Möglicherweise aus Rücksicht auf ihre momentane Verfassung, aber ohne Frage auch deshalb, weil er den richtigen Zeitpunkt für eine Aussprache bestimmen wollte. Nichts, worauf sie sich freute. Doch heute fühlte sie sich zu erschöpft, um über Dinge nachzudenken, die sie ohnehin nicht ändern konnte.
    Das Regenwetter passte zu ihrer Stimmung, und so ver brachte Pauline, nachdem Henry und Nicholas nach unten ge gangen waren und Constantin sich in sein Büro zurückgezogen hatte, den restlichen Sonntag lesend auf dem Sofa. Dazu trank sie Tee aus einer großen Tasse und fühlte sich wie früher, wenn es ihr gelungen war, sich einen Tag schulfrei zu erbetteln. Nicht wegen eines Schnupfens oder Ähnlichem, sondern weil die Seele verstimmt war, wie Tante Jillian es immer nannte.
    Die folgenden zwei Wochen waren ausgefüllt mit Proben und zahllosen Aktivitäten, sodass ihr zunächst wenig Zeit blieb, über das Erlebte nachzudenken. Constantin tat, als wäre nichts gewesen. Er schlief mit ihr, wirkte dabei aber auf unheimliche Weise verschlossen, geradezu abwesend. Ganz anders verhielt sich Nicholas. Er war aufmerksam und scheinbar unbekümmert wie immer, und nichts an seinem Verhalten ließ Rückschlüsse auf die Ereignisse jener Nacht zu.
    Eines Abends hielt Pauline es nicht mehr aus und konfrontierte Constantin. »Ich will das jetzt ein für alle Mal klären.«
    Zu ihrem Erstaunen zog er einen Stuhl heran, setzte sich und sah sie aufmerksam an. »Was möchtest du klären?«
    Pauline wollte sich von der kühlen Distanz, die er nun schon seit Tagen zeigte, nicht verunsichern lassen. Doch was sie zu sagen hatte, ließ sich besser aussprechen, wenn auch sie Abstand wahrte. Deshalb ging sie zum Fenster und gab vor, in die Nacht hinauszublicken. Tatsächlich aber beobachtete sie Constantin, der sich in den Scheiben spiegelte.
    »Nehmen wir einmal an, ich hätte mit Nicholas geschlafen.« Sie schluckte, denn in ihrer Erinnerung hatte sie genau dies getan, ganz gleich, was ihr die beiden einzureden versuchten.
    »Ja?«, fragte er beängstigend ruhig.
    »Warum hast du mich nicht dafür bestraft?«
    Es dauerte quälend lange, bis er antwortete. »Weil nichts geschehen ist, wofür du eine Strafe von mir verdient hättest.«
    »Würdest du mich deshalb verlassen?« Nun war es heraus. Gebannt hielt sie den Atem an.
    »Das käme darauf an …«, sagte er.
    »Worauf?«, unterbrach sie ihn besorgt. »Entschuldige. Ich wollte dir nicht ins Wort fallen.« Sein Spiegelbild nickte, und Pauline begriff, er wusste genau, dass sie ihn beobachtete. Und dass er es hinnahm, obwohl er normalerweise von ihr verlangte, ihn direkt anzusehen, wenn sie etwas von ihm wollte.
    »Constantin, ich …« Sie senkte den Blick,

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