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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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transparent, so als sei ein Teil von ihr bereits gegangen und der andere würde nur noch von ihrem Willen oder der Furcht einflößenden Medizintechnik festgehalten.
    Wie hatte sie nur übersehen können, dass es ihr so schlecht ging? »Tante Jill!«
    Marguerite kam ihr entgegen, und sie umarmten sich schweigend. Pauline setzte sich auf den frei gewordenen Stuhl am Bett. Sie wollte Jillians Hand nehmen, doch es war unmöglich, da sie zu verkabelt war. Also strich sie der Kranken über die Wange und sagte leise: »Ich bin so schnell gekommen, wie es ging. Was machst du bloß für Sachen?«
    Die Augenlider, von feinen Adern durchzogen und runzlig, als wäre sie über Nacht um Jahre gealtert, flatterten.
    Und dann sah Jillian sie plötzlich an, mit Augen, die den ihren immer so ähnlich gewesen waren. Für einen kurzen Moment wurde der Blick klar, war aber längst nicht mehr vollkommen diesseitig.
    »Da bist du ja, Kind!« Ein winziges Lächeln huschte über das Gesicht. Als wäre dies schon zu viel der Anstrengung, schloss sie die Lider und hauchte: »Gut.«
    Zwei Stunden später war es vorüber.
    Pauline konnte nicht aufhören zu weinen. Marguerite hingegen hatte sich ganz in sich zurückgezogen. Der Schmerz ließ sie fast stolz erscheinen, unnahbar. Erst als Constantin ihr anbot, sich um die Formalitäten zu kümmern, rollte ihr eine einzelne Träne über die Wange.
    Henry, die gemeinsam mit Pauline schon oft übers Wochenende in dem kleinen Ort bei Oxford zu Besuch gewesen war, sollte mit Nicholas bei Marguerite übernachten. Für Pauline und sich selbst hatte Constantin zwei Zimmer in der einzigen Herberge gemietet, die ihr Heimatort zu bieten hatte. Obwohl Pauline kurz zögerte, akzeptierte sie schließlich Constantins Angebot.
    Tief in sich spürte sie, dass sie das Haus ohne Jill im Moment nicht ertragen würde. Und so trafen sie und Constantin schließlich in der kürzlich wiedereröffneten Herberge ein. Pauline erkannte die einstige Poststation, die schon seit zweihundertfünfzig Jahren Reisende aufnahm, kaum wieder. Sie war zu einem attraktiven Landgasthof geworden, der neben einem behutsam renovierten Pub für die Einheimischen nun auch ein Restaurant und helle Räume in den vormaligen Pferdeställen besaß.
    Die junge Wirtin kannte Pauline noch aus ihrer Schulzeit und gab ihnen die besten Zimmer. Dennoch waren sie nicht mit den Luxusunterkünften vergleichbar, die Constantin sonst bewohnte.
    Als Pauline nach einem erneuten Heulanfall eine entsprechende Bemerkung machte, schüttelte er nur den Kopf. »Das lass mal meine Sorge sein. Ich bin hier sehr gut aufgehoben … mit dir.«
    Da musste sie wieder weinen, obwohl sie nicht begriff, warum er zwei Zimmer gemietet hatte, wenn er doch in ihrer Nähe sein wollte.
    Am frühen Abend rief Henry an und erzählte, wie erschüttert Marguerite sei. Es ginge ihr aber den Umständen entsprechend gut. Sie habe sich inzwischen hingelegt und vorher darum gebeten, Pauline und Constantin morgen zum Frühstück einzuladen, um das weitere Vorgehen besprechen zu können.
    »Nicholas und ich kümmern uns drum. Gibt es noch den kleinen Laden unten am Kirchplatz?«
    »Ja, wieso?«
    »Würdet ihr frisches Brot und Toast mitbringen? Nicholas könnte euch aber auch abholen, falls Constantin das will …«
    »Nein, danke. Ich laufe lieber. Und … Henry?«
    »Pauline?«
    »Danke! Du bist eine echte Freundin.«
    »Ach, papperlapapp. Ich lasse dich doch jetzt nicht damit allein. Deine Eltern, Jill und Marguerite, sind … waren zauberhafte Menschen. Das mache ich gern.«
    Sie verabredeten sich für zehn Uhr. Es war schön, solche Freunde zu haben. Der Gedanke löste eine neue Tränenflut aus, und Constantin, der eben mit einem Tablett in der Hand in ihr Zimmer trat, bemerkte trocken: »Ich hätte zwei Flaschen Wasser mitbringen sollen. Du musst ja schon vollkommen dehydriert sein.«
    Die Schulfreundin hatte extra für Pauline eine große Schale Schokoladenpudding zubereitet, der fast in einem See heißer, selbst gemachter Vanillesauce ertrank.
    Sie habe geschworen, sagte Constantin, dass dieses Dessert gut für die Seele sei, vor allem, wenn man es mit Sandwiches und einer »ordentlichen « Kanne Tee kombiniere, »um den Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung zu bringen «.
    Pauline hätte dieses Rezept bestimmt geholfen, wäre sie vor lauter Schmerz nicht so schrecklich schwach gewesen. Sie zitterte so, dass sie kaum die Teetasse, geschweige denn den Löffel halten konnte. Constantin,

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