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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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offenen Eingangstür und half ihnen beim Aufhängen der Jacken. Drinnen, in der gemütlichen Küche, war der Tisch bereits gedeckt, und der Geruch von frisch gebrühtem Filterkaffee zog durch das gesamte Erdgeschoss.
    Hier also war Pauline aufgewachsen. Constantin sah sich um und unterdrückte ein Schmunzeln. Das Cottage hatte von außen schon verwunschen ausgesehen, mit Rosenranken, einem Gemüsegarten, alten Obstbäumen, drei kugelrunden Schafen und scharrenden Hühnern. Dieser Stil setzte sich im Inneren nahtlos fort. Die geräumige Küche war für sein Empfinden unglaublich voll. Unter der Decke hingen Büschel aus Wildpflanzen, auf Regalen standen irdene Schalen und Krüge, in den Fensterbänken Tontöpfe mit frischen Kräutern, und dazwischen thronte eine rot getigerte Katze und blinzelte die vielen Besucher misstrauisch an. Über dem Herd, den Nicholas mit neuen Holzscheiten fütterte, hingen tatsächlich Pfannen und Töpfe.
    » Bonjour, Monsieur Dumont «, begrüßte ihn Marguerite, die in ihrem langen schwarzen Kleid und dem grauen Haarschopf am gescheuerten Holztisch lehnend das Bild vollendete.
    »Vielen Dank für Ihre Einladung, Madame«, sagte er höflich und rückte ihr einen Stuhl zurecht, auf den sie sich schwer fallen ließ, nachdem sie auch Pauline mit einer herzlichen Umarmung begrüßt hatte.
    Als alle saßen und der Toast über dem Feuer röstete, erzählte Marguerite ihnen von Jillians Krankheit. Niemand sonst schien gewusst zu haben, dass sie sich auf einer Reise durch die USA mit dem Hantavirus infiziert hatte.
    »Anfangs haben wir gar nicht geglaubt, dass eine solche Infektion gefährlich sein kann … und später wollten wir niemanden beunruhigen«, sagte Marguerite mit einem entschuldigenden Blick zu Pauline. »Vor Weihnachten ging es ihr dann auch wieder viel besser.«
    Jillian habe sogar den Ausflug nach London gut überstanden, erzählte sie. Zum Jahreswechsel sei sie dann aber auf einmal zusammengebrochen.
    Dafür, dass sie ihre langjährige Lebensgefährtin verloren hatte, hielt sich Marguerite erstaunlich aufrecht, fand Constantin. Wie bei Pauline war ihre tiefe Trauer aber für jeden unübersehbar, der ihr in die Augen blickte.
    Marguerite unterbrach seine Gedanken, indem sie sich nun direkt an ihn wandte. »Ich würde die Hilfe gern annehmen, die Sie mir gestern angeboten haben. Von diesen Dingen verstehe ich wenig. Pauline, falls du nichts dagegen hast …?«
    »Natürlich nicht. Es ist allein deine Entscheidung. Niemand wird mir nachsagen, ich hätte Talent für den Papierkram.«
    Die Unterlagen und ihren letzten Willen hatten beide Frauen offenbar bereits vor langer Zeit geordnet. Constantin streckte die Hand nach den säuberlich gestapelten Papieren aus und reichte sie nach einem kurzen Blick darauf an Nicholas weiter. Er würde wissen, wie weiter vorzugehen war.
    Nach dem Frühstück winkte ihn die Französin beiseite. Er war gespannt, was sie von ihm wollte. In schnellem Französisch und ohne Umschweife sagte sie: »Wenn Sie der Mann sind, für den ich Sie halte, dann achten Sie darauf, dass meinem Mädchen nichts passiert. Sie ist alles, was ich noch habe.«
    Als hätte sie die Kraft an dieser Stelle verlassen, nestelte Marguerite ein Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Augen.
    »Ich werde mein Möglichstes tun. Aber Pauline hat eine große Karriere vor sich. Sie wird ihre eigenen Entscheidungen treffen.«
    Misstrauisch sah Marguerite ihn an. »Wieso sind Sie da so sicher?«
    Er hätte ihr sagen können, dass ein Schicksal manchmal unausweichlich war, dass Pauline eine einzigartige Stimme besaß, die selbst die Götter zu unterhalten wusste, wenn sie erst einmal auf dem Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit angekommen war.
    Doch er tat nichts dergleichen, sondern antwortete nur: »Ich werde sie nicht aus den Augen lassen. Vertrauen Sie mir.«
    Das tat er in den nächsten zwei Tagen tatsächlich nicht, und er beobachtete mit Sorge, wie Pauline immer blasser und schmaler wurde.
    So konnte das nicht weitergehen. Constantin zog sein Handy aus der Tasche und ging vor die Tür. Nach dem kurzen Telefonat blieb er noch ein paar Minuten stehen, sah in den Garten und atmete die frische Luft tief ein. Trotz der Kälte spazierte die Hühnerschar, die er schon bei seiner Ankunft gesehen hatte, leise gackernd um einen kleinen Teich. Keine Lust, sich die Füße zu vertreten, schienen heute dagegen die molligen Schafe zu haben. Nur eines sah aus der offenen Stalltür heraus,

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