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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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musste sie die Tüten bemerkt haben.
    »Träum nicht. Jetzt ist eine Anprobe angesagt.«
    Alles passte wie maßgeschneidert, sogar die Schuhe.
    »Woher kennt er meine Maße so genau?«
    Pauline fand, Henry sähe verdächtig selbstzufrieden aus. »War das etwa deine Idee?«
    Nun wirkte sie eine Spur verlegen. »Kann schon sein, dass ich das mal erwähnt habe.«
    »Mal erwähnt? Wie darf ich mir das vorstellen? Pauline hat übrigens 90-60-90? Jetzt wird mir einiges klar. Deshalb waren meine Lieblingsschuhe zwischendurch verschwunden! Ich fasse es nicht. Wie konntest du das tun?«
    »Erstens sind das gar nicht deine Maße, und zweitens: Was ist denn schon dabei? Bei deiner Sanduhrenfigur ist es gar nicht so einfach, etwas Passendes zu finden. Das weißt du doch selbst. Wenn ich ihm nicht geholfen hätte, würdest du jetzt mit schönen Kleidern hier sitzen, die dir nicht richtig passen. Und wer müsste dann die ganze Nacht nähen? Ich!«
    »Verräterin!« Doch obwohl sie es wollte, konnte sie Henry nicht ernsthaft böse sein.

10 München – Der Wettbewerb
    Die Agentur hatte ihr nicht nur die Flugtickets gebucht, sondern auf Paulines Bitte hin für Henry ein zweites Zimmer in ihrer kleinen Frühstückspension reserviert. Überraschenderweise begrüßte ihre Agentin es sogar, dass Pauline eine Freundin mitbringen wollte, und versprach, sie als Begleitung anzumelden, damit sie auch Zutritt zum Theater haben würde.
    Dass Henry Deutsch sprach, machte vieles leichter. Sie organisierte nach der Landung Wochenkarten für die U-Bahn und zeigte ihr zuerst auf der Fahrt vom Flughafen und dann in der Straßenbahn, die sie zu ihrer Unterkunft bringen würde, die Stadt.
    »Im Sommer ist München wunderschön«, sagte sie mehrfach angesichts der schmutzigen Schneereste an den Straßenrändern. »Man kann überall draußen sitzen, und es gibt tolle Biergärten.«
    Und damit Pauline das Konzept bayerischer Lebensart auch wirklich verstand, lud sie sie in eines der alten Gasthäuser zu einer zünftigen Brotzeit ein. Die fand Pauline ausgesprochen lecker. Ein Bier, das man hier aus riesigen Krügen zu trinken schien, wollte sie aber lieber nicht dazu bestellen.
    Am nächsten Morgen fuhren sie gemeinsam zur Staatsoper, wo eine vorbereitende Info-Veranstaltung geplant war, bevor mittags die erste Ausscheidungsrunde begann. Im Anschluss war Pauline mit ihrer Agentin verabredet. Marcella Bonetti war eine zierliche Frau mit eisernem Willen. Das Publikum hatte sie als Pianistin gefeiert, bis ein Fahrradunfall ihre Karriere abrupt beendete. Ein Finger der linken Hand blieb steif. Nun war sie Paulines Ansprechpartnerin im Londoner Büro der IA-NY , einer internationalen Künstleragentur, die weltweit Niederlassungen besaß.
    Mit ausgestreckten Armen kam sie nach der Veranstaltung auf die Freundinnen zu. »Pauline, da bist du ja. Du siehst bezaubernd aus.« Sie trat einen Schritt zurück und schnalzte anerkennend mit der Zunge, während sie Pauline musterte, die den Hosenanzug trug, um einen möglichst guten ersten Eindruck zu machen.
    »Und du bist Henriette, die Kostümbildnerin.«
    Pauline wollte das Missverständnis aufklären, schließlich war Henry Sängerin so wie sie selbst. Doch die lachte nur und schüttelte die dargebotene Hand. »Genau. Und heute bin ich Händchenhalterin.«
    Ein dunkel gekleideter Mann trat zu ihnen, und Marcella stellte ihn den beiden vor. »Das ist Stefan Schmidt. Ein deutscher Fernsehsender möchte über die Veranstaltung berichten und dafür einige Künstler mit der Kamera begleiten. Das ist dir doch recht, Pauline?«
    Das war es keineswegs, aber offenbar war die Frage nur rhetorisch, denn die Agentin sprach gleich weiter. »Stefan, merk dir dieses Gesicht gut. Pauline Roth wird den Contest gewinnen.«
    Stefan reichte ihr die Hand und versprach in gutem Englisch: »Vielen Dank, Ms. Roth. Sie werden uns die meiste Zeit kaum bemerken.«
    Die Vorrunde ging über anderthalb Tage, und es stellte sich heraus, dass Pauline erst morgen als eine der letzten Teilnehmerinnen singen sollte. Janice hatte sie zu Beginn der Einführungsveranstaltung nur kurz begrüßt, ihr Zeitplan sah offenbar anders aus, und nun war sie nirgends zu entdecken. Also machten sich Pauline und Henry, nachdem sie sich von Marcella verabschiedet hatten, allein mit dem Theater vertraut. Sie verließen das Vorderhaus, suchten die Garderobe, die sie zur Vorbereitung nutzen durften, und gingen den Weg bis zur Bühne ab. Überall waren freundliche

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