Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
verborgen, dass die junge Frau sich kurz versteifte. War er mit der Frage wieder mal übers Ziel hinausgeschossen? Abwartend heftete er die Augen auf seine Nachbarin.
Diese schwieg eine Zeit lang, bevor sie leise seufzte. „Das ist eine längere Geschichte. Angie fuhr den Wagen, der meiner Karriere als Stuntfrau ein Ende bereitet hat. Aber sie traf absolut keine Schuld. Die Beleuchtung ist wie aus heiterem Himmel ausgefallen und machte sie blind wie einen Maulwurf. Trotzdem hatte sie ein schlechtes Gewissen.
Als ich meinen Mann verlassen habe und nicht so recht wusste, wohin, hat sie mir bei sich Unterschlupf gewährt. Eine Zeit lang habe ich noch die Hoffnung gehegt, erneut ins Stuntgeschäft einsteigen zu können. Doch leider wurde durch den Unfall meine Beweglichkeit zu sehr eingeschränkt. Und als dann überraschend Angelinas Assistentin gekündigt hat, kam ich zu dem Job wie die Jungfrau zum Kind.“ Sie kratzte fahrig mit der Gabel über ein Stück Gurke, dann warf sie den Kopf in den Nacken und blickte ihn frustriert an. „Aber ich möchte eigentlich nicht darüber reden, ich verbinde das nur mit unangenehmen Erinnerungen.“
Sie nahm einen tiefen Schluck Wein und stellte das Glas mit einem deutlich vernehmbaren Klirren auf dem Tisch ab. Das Thema schien sie ziemlich zu berühren.
Nun war es Rafael doch peinlich, dass er so tief in sie gedrungen war. „Entschuldigen Sie. Ich wollte Sie nicht bedrängen. Lassen Sie uns doch über Angelina sprechen.“
Valerie verzog entnervt das Gesicht. „Was wollen Sie denn jetzt schon wieder wissen?“
Rafael zuckte mit den Schultern. „Ich werde aus ihr einfach nicht schlau. Sie ist manchmal so kalt und abweisend. Liegt das in ihrem Naturell, oder bin ich der Auslöser dafür?“ Erleichtert bemerkte er, dass Valerie lächelte. Da hatte er ja gerade noch mal die Kurve gekriegt.
„Nein, das liegt mit Sicherheit nicht an Ihnen. So ist sie eben. Sie hatte keine einfache Kindheit. Sie ist mit einem herrischen Vater und einem üblen Bruder aufgewachsen. Ihre Mutter hat irgendwann das Weite gesucht. Ich glaube, sie hat nie mehr etwas von ihr gehört.“
Nachdenklich nippte sie an ihrem Wein. „Ich denke, deswegen hat sie sich eine so harte Schale zugelegt. Noch dazu will sie ständig unter Beweis stellen, dass sie die Beste ist. Das vermittelt nach außen hin oft den Eindruck maßloser Arroganz. Aber glauben Sie mir, im Grunde ihres Herzens ist sie ein sehr einsamer Mensch.“ Sie legte den Kopf schief und schaute ihn herausfordernd an. „Aber nun genug von Angelina. Warum reden wir zur Abwechslung nicht mal über Sie? Sie haben doch in Ihrem Leben schon so viel erlebt. Warum sind Sie eigentlich beim Secret Service ausgestiegen? Nur wegen Ihres Vaters? Und wo leben Ihre Eltern überhaupt?“
Eine Erbse purzelte vor Schreck von seiner Gabel. „Nun, die Krankheit meines Vaters war der Auslöser“, flunkerte er, und es wurmte ihn maßlos, dass Valerie erneut den Spieß umgedreht hatte. So kam er einfach nicht weiter. „Und meine Eltern wohnen ein gutes Stück von München entfernt.“
Valerie lehnte sich nach vorne. „Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Bodyguard zu werden? Waren Sie zuerst beim Film?“
„Nein, eigentlich bin ich Techniker … Raketentechniker.“
Sie riss die Augen auf. „Raketentechniker? O mein Gott! Sie waren bei der NASA?“
„Äh, ja“, log Rafael weiter, und es widerstrebte ihm heftig, dass er sie schon wieder hinters Licht führen musste. Was sollte er ihr nur erzählen? „David und ich, wir waren quasi … Nachbarn.“ Zumindest das entsprach der Realität, ohne den eigentlichen Tatsachen auch nur im Entferntesten nahezukommen. „Und als er auf der Suche nach einem Bodyguard war, habe ich mich einfach angeboten.“
„War es denn nicht interessant bei der NASA?“
„Doch, aber ich hatte Lust auf Veränderung. Ach, sehen Sie, da kommt das Essen.“ Das verschaffte ihm zumindest eine Verschnaufpause.
Hungrig stürzte sich Valerie auf den Fisch, wohingegen er auf winzigen Happen herumknabberte.
„Vertragen Sie auch keinen Fisch? Sie nehmen ja kaum was zu sich“, fragte sie schließlich.
„Ich esse eigentlich immer so wenig.“
Erstaunt glitten ihre Blicke über seinen kraftstrotzenden Körper. „In der Tat, eindeutig unterernährt. Bei den Muskeln …“
„Ach, das ist nur vom Sport.“
„Und Sportler verschlingen im Normalfall Berge von Kohlehydraten.“
Gott, war die Frau hartnäckig! So viel zum Thema
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