Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
Lichtkegel der Scheinwerfer erkannte Valerie Rafael, der ein schimpfendes Bündel mit einer Hand hochhielt und gegen einen Baum drückte. Wobei die Füße des Bündels ungefähr einen Meter über dem Boden baumelten. Rafael schien seinem hilflosen Opfer gerade gehörig den Marsch zu blasen, jedoch in einer undefinierbaren Sprache, die Valerie nicht einmal annähernd zuordnen konnte. Verwundert lauschte sie dem ungewöhnlichen Singsang, der sie vereinzelt an die schrillen Klick- und Pfeiftöne von Walen erinnerte.
Langsam bewegte sie sich auf die beiden Kampfhähne zu. Dann entfuhr ihr ein gellender Schrei. Bei dem Mann, der da von Rafael malträtiert wurde, handelte es sich um niemand anderen als ihren verhassten Exmann Alex – ihre ganz persönliche Nemesis.
Durch ihren Schrei aufgeschreckt, zuckten die Köpfe der beiden Männer unisono in ihre Richtung.
„Hase, sag diesem Idioten, dass er mich auf der Stelle loslassen soll!“, befahl der in der Luft hängende Mann mit lauter Stimme. „Der hat sie doch nicht mehr alle!“
„Nenn mich nicht Hase!“, zischte Valerie ungehalten.
Rafaels Blicke schossen ungläubig zwischen Valerie und dem unbekannten Individuum hin und her. Der Typ kannte sie? Er hatte ihn für einen Sirianer gehalten, den man zu seiner Beobachtung abgestellt hatte. Zu offensichtlich war er ihnen die ganze Strecke vom Festplatz immer im Abstand von ein paar Wagenlängen gefolgt.
Er bemerkte, wie seine Begleiterin schützend die Arme um ihren schlanken Körper schlang und mit erschrockenem Gesichtsausdruck zurückwich. Ein übler Verdacht keimte in ihm auf. „Hase, wer ist der Mann?“
„Rafael, lassen Sie das! Das ist … Das ist Alex“, stotterte sie. „Mein Exmann.“
Rafaels Kopf flog herum. Der dunkelhaarige Mann starrte ihn aus braunen, weit aufgerissenen Augen angriffslustig an. Der Kategorie Feigling konnte man diesen Kerl eindeutig nicht zuordnen. Der Typ trug einen dunklen Nadelstreifenanzug und vermittelte einen gepflegten und wohlhabenden Eindruck. Noch dazu war er nicht unattraktiv. An irgendjemanden erinnerte er Rafael, er kam aber nicht dahinter, an wen.
„Valerie, was hat der Kerl hier zu suchen?“ Er ließ Alex immer noch mit einer Hand über dem Boden schweben, als handelte es sich um eine Schaufensterpuppe.
„Überhaupt nichts. Es gibt sogar einen Gerichtsbeschluss, dass er sich mir nicht nähern darf. Nur hält er sich nicht daran. Er rückt mir seit Jahren unablässig auf den Leib.“
„Valerie“, erkundigte sich Rafael lauernd, „erlauben Sie mir, dass ich ihn zu Püree schlage?“
„Zu Püree? Sie meinen wohl zu Brei?“
Rafael verdrehte die Augen. „Meinetwegen. In Washington sagt man Püree.“
Valerie seufzte abgrundtief. „Nein, tun Sie ihm nichts. Auch wenn er eine Abreibung verdient hätte. Er ist Anwalt. Er wird Sie verklagen.“
„Genau!“, pflichtete Alex bei, der die seltsame Kommunikation stirnrunzelnd verfolgt hatte und sich eindeutig vernachlässigt zu fühlen schien. „Lassen Sie mich runter, Sie Arschloch. Sonst werde ich Sie vor Gericht zerren. Ausnahmsweise hat der Hase einmal recht.“
Er hatte noch nicht richtig ausgesprochen, als Rafaels freie Faust krachend in seinem Gesicht landete. Ein widerliches, knirschendes Geräusch durchschnitt die nächtliche Stille. Dann spritzte Blut in alle Richtungen. Die braunen Augen ungläubig aufgerissen, stieß Alex einen markerschütternden Schrei aus, bevor er grunzend zu Boden plumpste, da Rafael ihn losgelassen hatte. Doch genauso schnell hatte er ihn wieder hochgezogen, nur um den nächsten Schlag in seinem Magen zu platzieren. Wie ein nasser Sack flog Alex nach hinten, wo er stöhnend auf dem Rücken landete.
Sofort baute Rafael sich bedrohlich vor ihm auf und stemmte die Arme in die Hüften, wie er das in einem Western gesehen hatte. „Hören Sie mir gut zu, denn ich werde das nicht zweimal sagen!“ Er versuchte, seiner Stimme einen gefährlichen Unterton zu geben. „Ich will Sie nie wieder in Valeries Nähe sehen, sonst verarbeite ich Sie wirklich zu Püree oder Brei, was auch immer.“
Er beugte sich noch ein Stück nach vorne. „Und das mit dem Anzeigen lassen Sie auch schön bleiben. Denn glauben Sie mir, sollte ich Sie nicht erwischen, dann tut es einer meiner Freunde. Und von denen habe ich jede Menge“, log er gänzlich enthemmt weiter und klopfte sich dabei im Geiste stolz auf die Schulter.
Zu seiner Überraschung schien er Glaubwürdigkeit auszustrahlen, denn eine
Weitere Kostenlose Bücher