Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)
gleich drei Messages, die Anne auf ihrem Handy fand, nachdem sie wieder in den Wagen gestiegen war. Nummer eins stammte von Joachim: Danke für dein Verständnis. Dicker Kuss, J. Die zweite SMS hatte Tess geschickt: Morgen Mittag wie immer in »Lorettas Loft«? Die dritte SMS, wie konnte es anders sein, war eine Baggerbotschaft von Marc: Ich muss dich sehen, schöne Frau!
Während Anne den Motor anließ, atmete sie tief ein und aus. So hatte sie es damals beim Yoga gelernt. Zehn Sekunden eeeeiiiin, zehn Sekunden aaauuus. Es war der Auftakt für eine Reihe von Entspannungsübungen. Ihr Blutdruck musste kurz vorm Kollaps sein. Der Sonnengruß wäre jetzt perfekt gewesen, um ihren ratternden Puls zu besänftigen. Doch sie musste sich sputen, um rechtzeitig in der Praxis zu sein. Also nur atmen – zehn Sekunden eeeeiiiin, zehn Sekunden aaauuus.
Sie bog auf die Schnellstraße zum Stadtzentrum ein. DieAuseinandersetzung mit Frau Landmann hatte fast ihre gesamte Energie verbrannt. Dennoch konnte sie mit dem winzigen Rest gleichzeitig Autofahren, tiefenentspannt atmen und nachdenken. Erstens darüber, was es mit Joachims Seminar auf sich hatte. Zweitens, ob sie weiterhin mit Tess erotisches Neuland erkunden sollte. Und drittens, wie sie Marc mit Anlauf aus ihrem Leben kickte. Das nannte man Multitasking.
Als sie mit wehendem Mantel die Treppe zur Praxis von Doktor Arenson hochlief, hatte sie keins der drei Rätsel gelöst. Zu spät war sie zu allem Überfluss auch noch. Hinter dem Empfangstresen saßen Leila und Birte, die gerade versuchten, die Patientendateien im Computer zu finden.
»Guten Morgen«, rief Anne außer Atem, »sorry, bin im Kindergarten aufgehalten worden. Geht gleich los. Eine Sekunde!«
Nachdem sie ihre Sachen verstaut hatte, hastete sie zur Toilette und sendete Tess eine SMS. Ab heute Nachmittag ohne Kind und Mann – und zwar bis Sonntagabend! Pläne?
Das musste fürs Erste genügen. Marc würde sie sich später vornehmen, und Joachim – tja, was war mit Joachim? Es war das erste Mal, dass er ein Wochenendseminar besuchte. Sonst fanden seine Fortbildungen in der Arbeitszeit statt. Ein schlechtes Zeichen? Oder nur die Einsatzbereitschaft eines äußerst ehrgeizigen Familienvaters?
»Wir haben es geschafft!«, verkündete Leila, als Anne im weißen Kittel nach vorn kam. »Wir sind drin!«
Unwillkürlich musste Anne an das Gespräch mit Doktor Arenson denken. War Leila zuzutrauen, dass sie Medikamente stahl? Unmöglich. Sie war ein feiner Kerl. Und Birte? Nein,auch sie machte nicht den Eindruck, als ob sie etwas mitgehen ließ.
»Ihr seid echt begabt«, sagte Anne. »Kompliment. Aber jetzt übernehme ich, und ihr könnt euch wieder den Patienten widmen.«
»Sind nur scheintote alte Daddys im Wartezimmer«, beschwerte sich Leila. »Wann kommt denn dein Sahneschnittchen mal wieder vorbei?«
Anne lächelte säuerlich. Marc! Zur Hölle mit ihm!
»Ja, der Typ mit dem Totenkopf-Shirt, der is’n Schuss«, gluckste Birte. »So, wie der aussieht, hat er bestimmt gepiercte Genitalien!«
Die beiden Arzthelferinnen brachen in Lachen aus. Jetzt reichte es Anne aber. »Nur damit das mal klar ist: Ich kenne den Kerl so gut wie gar nicht. Außerdem bin ich glücklich verheiratet!«
»Dein Mann war doch der Typ im Anzug, oder?«, fragte Leila.
»Ja, wieso?«
Das junge Mädchen kicherte. »Der hat total süß mit uns geflirtet. Stille Wasser sind tief, würde ich sagen.«
Flirtig? Süß? Joachim? »Sag bloß.« Anne verzog den Mund.
»Nicht, dass du was Falsches denkst. Angemacht hat er uns natürlich nicht«, warf Birte schnell ein.
»Nun guck nicht so böse«, lachte Leila. »Freu dich doch, dass dir gleich zwei Männer Rosen schenken. Aber wenn ich diese Auswahl hätte: Lieber ein stürmischer Lover als ein windiger Ehemann!«
In ihr Lachen mischte sich eine sonore Männerstimme. »Meine Damen, wir sind hier nicht auf einer Party!«
Ungehalten musterte Doktor Arenson seine Mitarbeiterinnen. Keine von ihnen hatte bemerkt, dass er in den Empfangsraum gekommen war.
»Bei der Arbeit, Chef«, flötete Leila. »Komm, Birte, wir bereiten die Untersuchungsstühle vor.«
Damit zogen die beiden jungen Frauen ab, und Doktor Arenson verschwand wieder in seinem Sprechzimmer.
Anne blieb allein zurück. Mit Worten, die wie Ohrfeigen auf ihren Wangen brannten. Süß und flirtig hatte Leila Joachim genannt. Die Bemerkung über windige Ehemänner hatte ihr vollends den Rest gegeben. So also wirkte er auf ihre
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