Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)
nicht, man musste einfach hinschauen. Wie machte er das nur? Wie brachte er diesen Gang zustande, lässig, aber mit voller Körperspannung, wie ein Tiger, der sich anschlich, immer bereit zum Sprung?
Nein, er fiel sie nicht an. Stattdessen ließ er sich neben Anne am Tisch nieder und sah ihr herausfordernd in die Augen. Es war ein Wunder, dass das filigrane Stühlchen nicht unter ihm zusammenbrach.
»Dein Espresso kommt gleich. Und jetzt verrate mir mal, wieso du nicht auf meine SMS antwortest.«
Er roch gut. Kein bisschen verschwitzt, obwohl seine Haut feucht glänzte. Einfach nur nach Sex. Überwältigend. Vorsicht, jetzt nur nicht schwach werden, warnte ihre innere Stimme. Das Teufelchen in ihr war allerdings ganz anderer Meinung. Halleluja, jubilierte es, er steht auf dich!
»Marc, du bist leider unmöglich«, sagte Anne. »Ich bin verheiratet, und zwar sehr, sehr glücklich. Was sollen deine SMS? Du machst mich ganz verrückt.«
»Dann mache ich ja was richtig!«
Selbstgefällig rieb er seinen prallen Bizeps. Das faustgroße Tattoo darauf stellte einen Panther dar. Mit gefletschten Zähnen.
»Was hältst du davon, wenn wir ein bisschen überflüssige Energie abbrennen? Ich meine, erst mal an den Geräten.«
»Gar nichts halte ich davon«, entgegnete Anne heftig. »Ich trainiere mit Tess. Sie muss jeden Moment kommen.«
»Ah, Tess!« Seine Augen leuchteten auf. »Die ist fast so heiß wie du.«
Wollte er sie etwa eifersüchtig machen? Da hatte er sich aber geschnitten.
»Schön, endlich haben wir einen Gewinner im Charmewettbewerb. Wenn dir Tess so gut gefällt, dann versuch’s doch bei ihr. Aber nimm dich in Acht. Sie ist genauso in festen Händen wie ich.«
»Uuh, muss ich mich fürchten?«, fragte Marc mit gespielter Angst. »Ist der Kerl von Tess auch so dürftig gebaut wie dein Mann? Sorry, Lady, aber die Jungs müssten erst mal ins Trainingslager, bevor sie mir eins auf die Mütze geben können.«
Zornig schob Anne die Espressotasse beiseite, die die Kellnerin vor sie hinstellte. »Mein Mann ist Anwalt. Wenn du mich weiter bedrängst, kann er dir mir nichts, dir nichts eine Anzeige anhängen.«
So, da hast du’s, du Spatzenhirn! Normalerweise versteckte sich Anne nicht hinter Joachim. Das hatte sie nicht nötig. Doch in diesem Fall waren stärkere Geschütze angebracht.
Marc zuckte nicht mit der Wimper. »Sieh an, ein Kollege.«
Wie bitte? Der Muskelberg mit Spatzenhirn war – Anwalt?
Es war nicht zu übersehen, wie Marc ihre Verblüffung genoss. »Hättest du nicht gedacht, was?«
Anne war außerstande, sich Marc in Schlips und Jackett vorzustellen. Wie verpackte man einen Tiger in Nadelstreifen? Ließ er sich seine Anzüge maßschneidern?
»Anwalt, interessant«, sagte sie so beiläufig wie möglich. »Naja, ist ein Beruf wie jeder andere auch.«
»Schnecke!«, klang es plötzlich aus dem Hintergrund. Wie ein Taifun rauschte Tess heran, in roter Lederjacke und rosa Leggins, bewaffnet mit einer giftgrünen Sporttasche. Für einen Augenblick sah es so aus, als wollte sie Marc die Tasche über den Schädel ziehen.
»Wie oft soll ich es noch sagen?«, schnauzte sie ihn an. »Anne ist tabu, kapiert? Du lässt sie gefälligst in Ruhe! Sie will hier nur trainieren, keinen depperten Muckimann abschleppen!«
Seelenruhig stand Marc auf. »Okay, okay, ich lasse die Damen allein. Ihr habt euch bestimmt eine Menge zu erzählen. Der Espresso geht auf mich, is klar.«
Er zwinkerte Anne vertraulich zu, dann wandte er sich zum Gehen. Alle Blicke folgten ihm, während er aufreizend langsam die Cafeteria verließ. Das Raubtier, das sich seiner Kraft nur allzu bewusst war. Kaum war Marc draußen, als überall getuschelt wurde, am Tresen und an sämtlichen Tischen.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Tess. »Erst habe ich verschlafen, dann fand ich keinen Parkplatz. War es sehr schlimm?«
»Wusstest du, dass er Anwalt ist?«, platzte Anne mit der Neuigkeit heraus.
»Der?« Tess starrte in die Richtung, in der Marc verschwunden war. »Was für ein Anwalt? Ein Spezialist für Sexualdelikte, oder was?«
»Habe ich ihn nicht gefragt«, antwortete Anne. »Ist ja auch egal. Wollen wir loslegen?«
»Ich zieh mich nur noch um«, sagte Tess. »Gib mir eine Minute.«
Die Wartezeit nutzte Anne, um ihre Mutter anzurufen. Es dauerte ein wenig, bis sie ranging.
»Anne, alles in Ordnung?« Im Hintergrund hörte man Vogelgezwitscher und Kinderlachen.
»Das wollte ich dich fragen.«
»Hier läuft es
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