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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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anrufen und zu ihm sagen würde: «Komm rüber und fick mich»? Was wäre, wenn er wirklich irgendwelche seltsamen Phantasien hätte, mich anketten und auspeitschen wollte?
    Aber aus all diesen «Was wäre, wenn»-Vorstellungen ergab sich kein größeres, zusammenhängendes Ganzes. Ich hatte mir nichts ausgemalt, was man konkret mit «wir» bezeichnen könnte, als eine Beziehung mit, um Gottes willen, Zukunft. Und als Ilya «uns» sagte, spürte ich deshalb Enttäuschung, wie einen stechenden Schmerz. Es klang so banal und nach spießigem Pärchen. Ich genoss unsere anregenden Telefonate und freizügigen Fotos. Das war es, wovon ich mehr wollte.
    «Ich bin nicht auf der Suche nach einer Beziehung», fuhr ich fort. «Ich will nichts Ernsthaftes oder Schwergewichtiges oder Schwieriges.»
    Ich dachte an Martin und an all den Schmerz, der damit verbunden war, wenn einem jemand wirklich am Herzen lag. Ob ich wohl unabhängig genug war, ein Verhältnis mit jemandem zu haben, das nur aus reinem Sex bestand? Könnte ich mein Gehirn so weit von meinem Körper trennen? Diese Frage war allerdings ein bisschen albern und hypothetisch, da ich bereits bis kurz vorm Durchdrehen fasziniert war von diesem Ilya, ohne dass wir uns bislang auch nur begegnet wären. Aber wenn schon, beruhigte ich mich selbst, basierte diese Faszination nicht ausschließlich auf Lust? Und auf Ilyas Selbstinszenierung als der finstere, geheimnisvolle Unbekannte? Wenn wir uns erst einmal getroffen hätten, wäre das ohnehin alles vorbei. Also entschied ich, ja, es sollte möglich sein, sich für ein allerseits unverkrampftes, unverbindliches, anregendes sexy Treffen zu verabreden.
    Wie naiv ich da noch war.
    «Ich möchte nur … mir ist nach einer Affäre zumute», sagte ich. «Einer Sommeraffäre.»
    «Also wird im Herbst der Zeitpunkt da sein, an dem alles vorbei ist?», hakte er sachlich nach.
    Herrje, er sprach schon vom Schlussmachen, bevor wir überhaupt mit irgendetwas begonnen hatten. Ich stellte ihn mir vor, wie er gerade «Ende» in sein Tagebuch schrieb.
    «Vielleicht», sagte ich und versuchte locker zu wirken. «Wir werden sehen, wie’s läuft. Vielleicht dauert es ja noch nicht einmal so lange.»
    «Mal sehen», meinte er. «Ich nehme schon an, dass wir uns gut verstehen werden, Beth. Schlag einfach was vor. Erzähl mir von einer Phantasie, bei deren Erfüllung ich dir helfen kann.»
    Ich verfiel für eine Weile in Schweigen, mit einem Mal ungewöhnlich schüchtern. Meine lasterhafte Seele hatte ich bisher noch nicht einmal meinen Langzeit-Geliebten geöffnet, geschweige denn jemandem, den ich noch nie getroffen hatte.
    «Es muss nichts Weltbewegendes sein», ergänzte er. «Fang klein an. Wir können ja weitermachen, wenn es sich gut anlässt.»
    «Okay», sagte ich leise. «Dann ist es eigentlich ganz einfach … aber ich habe viel darüber nachgedacht in den letzten Tagen. Es ist nicht wirklich eine Phantasie; es ist eher … ich will, dass wir ficken. Nichts irgendwie Wildes. Immerhin weiß ich ja noch nicht mal, wie du aussiehst, jedenfalls nicht richtig. Da wäre ein Fick doch ein guter Anfang, meinst du nicht? Kein unverbindliches Geplauder, keine tiefschürfenden Gespräche. Nur ein Fick.»
    Er antwortete nicht. Sofort bekam ich Angst, dass ich ihn enttäuscht hatte, weil ich es so locker ausgesprochen hatte. Kam ein simpler Fick in seiner Spielanleitung nicht vor? Hatte ich ihn damit abgestoßen? War mein Vorschlag so wie das Foto, das ich ihm geschickt hatte: langweilig und einfallslos?
    Aus seinem sich immer länger hinziehenden Schweigen konnte ich Missbilligung heraushören.
    «Du hast gesagt, ich sollte etwas vorschlagen», sagte ich und versuchte aggressiv, mich zu verteidigen. «Und das ist es, was ich vorschlage. Ich sage nicht, dass es die tollste all meiner Phantasien ist oder so. Was also ist daran falsch? Kriegst du nur bei irgendwelchen merkwürdigen Sachen einen hoch? Bist du vielleicht –»
    «Gar nichts ist falsch», widersprach er ungerührt. «Ich hab nur darauf gewartet, dass du es noch weiter ausführst. Zeit, Ort, all diese Dinge.»
    «Oh», sagte ich, ernstlich eingeschüchtert. «Oh, na gut. Nun, wie wär’s bei mir? Sagen wir morgen Abend? Natürlich nur, wenn du Zeit hast.»
    «Tut mir leid», antwortete er, vielleicht ein bisschen zu heiter für meinen Geschmack. «Das wird nichts. Dienstagabend vielleicht?»
    Ich musste meinen aufsteigenden Ärger bezwingen. Dienstag war KörperSprache. Das müsste

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