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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Beruf.«
    »
Dein
Beruf«, sagte Judith.
    Ja, mein Beruf, schon damals.
»Ich glaube, wir haben uns dabei einfach aus den Augen verloren, nicht räumlich, sondern in Gedanken.«
    Judith streichelte sein Bein. »Aber ich habe noch oft an dich gedacht.«
    Ja, die große Jugendliebe vergaß man nie. Den riesigen Schwarm. Das ewige Glück, das scheinbar alles möglich werden lässt – bis man sich wieder der Realität stellen muss.
So wie der Tod die Menschen hinterrücks erwischt.
Eine Erfahrung, die er seither immer wieder hatte machen müssen. Es war eben doch kein Kleiner-Jungen-Traum gewesen. Trauer übermannte ihn. Er blinzelte. Die Glut im Kamin flimmerte. Er kämpfte gegen die Tränen.
    Judith schien zu wissen, was in ihm vorging. »Wären wir doch damals bloß nach Barbados geflogen.«
    Ein schlichter Satz, der dennoch ein deutliches Begehren offenbarte: Was wäre gewesen, wenn …?
    Kalkbrenner drehte sich zu ihr um. Plötzlich war ihr Gesicht seinem ganz nahe. Er roch
Chanel No. 5.
Ihre Lippen berührten seinen Mund. Und im Radio sang Lauryn Hill
Killing me softly.

117
    Block schlang den Bademantel fest um seinen Körper. Mit einem Glas Whiskey in der Hand schlenderte er zum Fenster und zog den schweren Brokatvorhang beiseite. Die Straße lag ruhig und verlassen zu seinen Füßen.
    Block mochte die Stille. Sie war mit ein Grund, warum er sich vor Jahren für dieses Apartment entschieden hatte. Seitdem war die Wohnung sechs Stockwerke über Berlin sein eigenes, abgeschiedenes Reich. Niemand spottete über ihn. Keiner störte ihn hier. Von den Nachbarn mal abgesehen, den lästigen Tattergreisen, die schon seit Jahrhunderten in den Stockwerken unter ihm zu leben schienen.
    Es war schade um die schöne Wohnung und den einzigartigen Ausblick über Berlin. Wohin er auch schaute: überall ein Meer aus funkelnden Lichtern.
    Er leerte den Drink in einem Zug. Was soll’s? Was auf ihn wartete, war noch viel besser. Obwohl er sich auf Kuba sogar mit einer Matratze in einer Holzhütte zufriedengeben würde, solange er nicht allein war.
    So weit wird es nicht kommen
. Jetzt, wo er ungestört war, gönnte er sich die Vorfreude. Selbstverständlich würde er nicht allein sein. Und natürlich würden sie nicht auf einer Matratze in einer Holzhütte übernachten. Dafür hatte er schon gesorgt.
    Ein Wagen hielt vor dem Haus. Er parkte in zweiter Reihe, im Schatten zwischen zwei Laternen. Wahrscheinlich Geschäftsleute auf dem Weg zu einem der wenigen Restaurants, die dieser Straßenzug zu bieten hatte. Oder Architekten, die sich an der Pracht der Häuser erfreuen wollten.
    Auf dem Weg zu seiner Hausbar stieß er mit seinem kranken Fuß gegen das
Europäische Kartellverfahrensrecht (einschließlich Fusionskontrollverfahren)
, das seit dem Morgen auf den Fliesen lag. Das Buch rutschte über den glatten Marmor, prallte gegen die Wand und schlitterte dann wieder zurück in den Raum, wo es wie zufällig verloren liegen blieb. Der Einband war hin. Aber wen scherte das noch?
    Etwas allerdings störte ihn. Er drehte sich noch einmal um, ging zurück zur Fensterfront. Drei Gestalten entstiegen dem Wagen. Nur der Fahrer verharrte auf seinem Sitz. Die Männer unterhielten sich. Sie schienen zu diskutieren. Dann machte einer von ihnen kehrt und setzte sich zurück in den Wagen.
    Block presste die Nase gegen das Fensterglas. Um ein Haar wäre ihm der Drink entglitten. Der Wagen unten auf der Straße war ein Chrysler.
    Was will er hier?
Die Gedanken in Blocks Hirn rasten. Ganz bestimmt kam Miguel nicht auf einen Kaffeeschwatz vorbei. Er hatte Block noch nie in seiner Wohnung besucht. Warum sollte er das heute tun? Darauf konnte es nur eine Antwort geben.
    Die Welt vor Blocks Augen begann sich wie ein Karussell zu drehen. Erst jetzt bemerkte er, dass er seit einer Minute die Luft anhielt.
Hol Luft,
schrie es panisch in ihm.
Atme!
Rasselnd nahm seine Lunge ihre Arbeit wieder auf.
    Es war unmöglich! Dossantos konnte nichts von seinem Plan wissen. Er war doch so gerissen, so vorsichtig, so besonnen vorgegangen. Erst in vier Wochen konnte Miguel davon erfahren. Wenn Block nicht mehr in die frisch renovierte Kanzlei zurückkehrte. Wenn sie nach ihm suchten, aber jede Spur von ihm verwischt war.
    Der Besuch seines Chefs musste einen anderen Grund haben. Daran gab es keinen Zweifel, durfte es keine Zweifel geben. Er wusste, dass er sich belog.
    Lauf weg!
Die Idee war absurd. Mit seinem lahmen Bein war er so schnell wie eine Schnecke. Trotzdem

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