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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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prallte ich gegen eine Gestalt, die sich nach der ersten
Schreckzehntelsekunde als mein Großvater entpuppte. Er packte mich wortlos und
zog mich in die Bibliothek.
    »Was
machst du denn für einen Lärm?«, flüsterte er, als er die Tür geschlossen
hatte. »Und warum kommst du so spät? Ich habe mir vor Urururgroßonkel Hughs
Bild die Beine in den Bauch gestanden und dachte schon, dir sei etwas zugestoßen.«
    »Ist es ja
auch. Dank Tante Maddy bin ich direkt im Schlafzimmer von Tante Glenda
gelandet«, brachte ich außer Atem hervor. »Und ich fürchte, sie hat mich
gesehen. Wahrscheinlich telefoniert sie in dieser Minute schon mit der
Polizei.«
    Lucas'
Anblick war ein kleiner Schock. Er sah wieder aus wie der Grandpa, den ich als
kleines Mädchen gekannt hatte, den jungen Lucas mit der Pomadenfrisur konnte
ich nur noch ganz schwach erahnen. Obwohl es albern war, kamen mir deswegen die
Tränen.
    Grandpa
merkte es nicht. Er lauschte an der Tür. »Warte hier - ich gehe nachschauen.«
Er drehte sich kurz zu mir um und lächelte. »Da vorne stehen Sandwiches - nur
für den Fall. Und sollte jemand reinkommen ...«
    »... bin
ich deine Cousine Hazel«, ergänzte ich.
    »...
versteckst du dich am besten! Dort hinten unter dem Schreibtisch.«
    Aber das
war nicht nötig. Kurz darauf kehrte Lucas schon wieder zurück. Ich hatte die
Zeit genutzt, zu Atem zu kommen, ein Sandwich zu verdrücken und auszurechnen,
wie viele Minuten mir noch bis zum Rücksprung blieben.
    »Keine
Sorge«, sagte er. »Sie wirft Charles gerade vor, dass er für die Albträume
verantwortlich ist, die sie seit der Hochzeit hat.« Er schüttelte den Kopf.
»Man sollte nicht glauben, dass der Alleinerbe einer Hotelkettendynastie sich
so etwas bieten lässt! Egal, vergessen wir Glenda.« Er lächelte. »Lass dich
anschauen, Enkeltochter. Genau, wie ich dich in Erinnerung hatte, vielleicht
sogar noch ein bisschen hübscher. Was ist mit deinem Schlafanzug passiert? Du
siehst aus wie ein Schornsteinfeger.«
    Ich winkte
ab. »Es war gar nicht so leicht, hierherzukommen. Im Jahr 2011 kann ich den
Chronografen nicht mehr einfach durchs Haus schleppen, weil Charlotte Verdacht
geschöpft hat und aufpasst wie ein Luchs. Vielleicht ist sie in diesen Minuten
dabei, das Schloss zu meinem Zimmer aufzubrechen, wundern würde es mich nicht.
Und jetzt habe ich auch kaum noch Zeit, ich habe ewig da oben im Wandschrank
herumgestanden.« Ich schnalzte ärgerlich mit der Zunge. »Und wenn ich nicht
wieder in meinem Zimmer zurückspringe, habe ich mich selber ausgesperrt -
großartig!« Ich ließ mich stöhnend auf dem Sessel nieder. »Was für ein
Reinfall! Wir müssen uns noch einmal verabreden - und zwar vor diesem verdammten
Ball. Ich schlage vor, wir treffen uns am besten auf dem Dach! Ich glaube, das
ist der einzige Platz in diesem Haus, an dem man nicht gestört wird. Wie wäre
es von dir aus gesehen morgen um Mitternacht? Oder ist es für dich zu
schwierig, unbemerkt aufs Dach zu klettern? Es gibt wohl einen Weg durch den
Kamin, sagt Xemerius, aber ich weiß nicht...«
    »Moment,
Moment, Moment«, sagte Grandpa und schmunzelte. »Ich hatte schließlich ein
paar Jährchen Zeit nachzudenken und daher habe ich schon etwas vorbereitet.«
Er zeigte auf den Tisch, auf dem neben dem Teller mit den Sandwiches ein Buch
lag, ein richtig dicker Schinken.
    »Anna
Karenina?«
    Grandpa
nickte. »Schlag es auf!«
    »Du hast
einen Code drin versteckt?«, mutmaßte ich. »So wie im Grünen Reiter?«
    Das durfte
doch wohl nicht wahr sein! Lucas hatte siebenunddreißig Jahre damit verbracht,
eine Rätselaufgabe für mich auszuknobeln? Wahrscheinlich würde ich tagelang
Buchstaben auszählen müssen. »Weißt du, es wäre mir lieber, du würdest mir
einfach sagen, was darin steht. Die paar Minuten haben wir schon noch.«
    »Jetzt sei
doch nicht so voreilig. Lies den ersten Satz«, forderte Grandpa mich auf.
    Ich
blätterte zum ersten Kapitel vor. »Alle glücklichen Familien
gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Weise
unglücklich. Ähm - ja. Das ist hübsch. Und so weise. Aber ...«
    »Es sieht
ganz normal aus, oder?« Lucas strahlte. »Aber es ist eine Sonderanfertigung!
Die ersten vierhundert und die letzten vierhundert Seiten sind von Tolstoi,
ebenso zweihundert Seiten in der Mitte, die anderen aber sind von mir für dich
- in exakt derselben Schrifttype gesetzt. Perfekt getarnt! Du wirst darin alle
Informationen finden, die ich in siebenunddreißig

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