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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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geradewegs auf die Glasfront zu und ließ die Jalousien herunter. Balodis hingegen steuerte direkt auf Winthrop zu. Als Chavez die Tür schloss, beugte sie sich zu ihm hinunter, hielt ihm den Pistolenlauf in den Nacken und rief: »Nehmen Sie Ihre Finger von der Tastatur, Nathaniel D. Winthrop.«
    Winthrop tat, wie ihm geheißen. Ohne ein Wort hob er die Hände. Auf dem Bildschirm des Computers war ein vollkommen wahnwitziger Betrag zu sehen. Der Cursor blinkte. Er wartete auf ein »Ja« oder »Nein«.
    Â»Mein Gott«, stieß der Bankangestellte in der Ecke aus und wurde blass. »Das ist Dr. Johann Wrostock, einer unserer treuesten Kunden.«
    Â»Ich nehme an, dass Sie deswegen die Überwachungskameras in diesem Raum ausgeschaltet haben?«, vergewisserte sich Chavez auf Englisch.
    Â»Wir haben hier kein Geld«, entgegnete der Bankangestellte in ziemlich miserablem Englisch und war nun kreidebleich.
    Â»Wir sind von der Polizei«, erklärte Chavez. »Wir haben nicht vor, die Bank auszurauben. Wir sind hier, um ein Land zu retten.«
    Nathaniel D. Winthrop saß regungslos da, die Hände in die Luft gereckt.
    Â»Wie weit sind Sie gekommen?«, fragte Balodis und warf einen Blick auf den Bildschirm.
    Â»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden«, antwortete Winthrop beherrscht in deutlichem New Yorker Englisch.
    In dem Augenblick, als die Tür geöffnet wurde, kam Chavez darauf, an wen ihn die dunkelhaarige Kassiererin erinnerte. Sie stürzte sich auf Winthrop. Chavez ergriff ihr Handgelenk genau in dem Moment, als sie das Messer in Winthrops Rücken rammen wollte, und dachte verwirrt: fast wie Jackie Onassis.
    Ihr fehlte lediglich ein Pillboxhütchen aus den Sechzigerjahren auf dem Kopf.
    Chavez rang Jane Bennings alias Phädra nieder, sodass sie unter dem Schreibtisch landete, und warf ihr Messer in die Ecke in Richtung des immer noch blasser werdenden Bankangestellten. Balodis wurde mit einem kräftigen Stoß gegen die Wand katapultiert. Winthrop nutzte die Gelegenheit und klickte auf der Tastatur auf »Ja«.
    Dass es in gewisser Weise immer zu spät ist, dachte Chavez. Dass einem alles immer erst einfällt, wenn es bereits zu spät ist.
    Doch auf dem Bildschirm hatte sich nichts verändert. Der Cursor blinkte weiter. Er wartete immer noch auf ein »Ja« oder »Nein«. Winthrop hämmerte immer verzweifelter auf das »Ja« ein, bis es Chavez gelang, seinen Stuhl umzustoßen, sodass er zu Boden fiel.
    Chavez hob die Tastatur an. Ein Kabel hing von ihr herab und baumelte lose in der Luft. Er spürte, wie albern sein Gesichtsausdruck war, als er seine Augen aufriss und Laima Balodis unten auf dem Boden anstarrte. In der rechten Hand hielt sie immer noch ihre Pistole. Doch dann hob sie ihre linke Hand. Darin hielt sie eine Schere.
    Â»Ich habe als Erstes die Verbindung gekappt«, sagte sie.
    Jorge Chavez wollte am liebsten loslachen. Er wollte laut auflachen. Doch die Situation war nicht danach. Er half Winthrop wieder auf die Füße. Balodis stand mit blutendem Kopf auf und kümmerte sich um Jane Bennings. Phädra und Minotaurus – Bennings und Winthrop – wurden mit Handschellen gefesselt. Chavez stieß Winthrop in Richtung der offenen Tür.
    In dem Moment explodierte Nathaniel D. Winthrops Kopf.
    In der Türöffnung konnte Chavez gerade noch den Schatten des Mannes ausmachen, der auf dem Stuhl gesessen hatte und in eine Broschüre über Darlehen vertieft gewesen war. In der Hand hielt er eine Pistole mit Schalldämpfer. Chavez erahnte ein ziemlich profilloses Gesicht mit einer kräftigen Kinnpartie und einem stechenden Blick aus braunen Augen. Dann war er weg.
    Chavez und Balodis beugten sich über Winthrop, doch die Hälfte seines Kopfes war weggeschossen. Der Bankangestellte brüllte, Jane Bennings heulte.
    Chavez stolperte in Richtung Ausgang. Sein Anzug war blutrot und mit graugrünen Spritzern übersät. Die Sicherheitsbeamten kamen auf ihn zugerannt. Er schob sie zur Seite. Vermutlich war es lediglich sein Blick, der sie daran hinderte, ihn zu erschießen. Unmittelbar vor dem Eingangsportal der Bank kniete Lara Drescher, die nur einen BH trug. Ihren Pulli und ihre Jacke hatte sie verwendet, um einen Druckverband herzustellen, den sie mit aller Kraft gegen Dieter Hamanns Brust presste.
    Â»Wer zum Teufel war das denn?«, rief sie mit ihrer dunklen

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