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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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erkennen.«
    Â»Lediglich aufs Gesicht?«, fragte Dryden und musterte das entsetzlich aufgequollene Gesicht, während ihn für einen Moment der Gedanke tröstete, dass er wohl nie als Zyniker enden würde. Ihn erfüllte eine tiefe Trauer um die Toten, die verstümmelten Leichen. Er spürte, wie Hazel Mallory ihn fixierte.
    Sie antwortete: »Nein, es sind keinerlei sonstige äußere Verletzungen am Körper zu erkennen. Bis auf eine Sache. Aber die ist ihr nach Eintritt des Todes zugefügt worden.«
    Â»Ich sehe es.« Dryden nickte. »Jetzt, wo du es sagst.«
    Mallory hielt die freie Hand der Leiche hoch und sagte: »Ja, abgefeilte Fingerabdrücke.«
    Â»Hm.« Dryden runzelte die Stirn. »Und ein Gesicht, das nicht zu erkennen ist. Wahrscheinlich muss man davon ausgehen, dass wir sie auch mittels DNA nicht identifizieren können. Wir kennen sie nicht, aber irgendjemand anders tut es. Sie ist eine Botschaft an jemanden. Eine Botschaft über die Köpfe der Polizei hinweg in Form eines anonymen und sehr punktuell demolierten Kunstwerks.«
    Mallory machte eine flüchtige, schwer zu deutende Geste.
    Dryden fuhr fort: »Wie lange ist sie schon tot? War sie bereits tot, als man sie in Hampstead Heath platzierte?«
    Â»Ich werde hinten anfangen«, sagte Mallory und streifte ein Paar neue Latexhandschuhe über. »Sie war allem Anschein nach bereits tot, als man sie in den Park brachte. Seit ungefähr zehn Stunden. Weitere Details folgen, wenn ich meine Arbeit erledigt habe, ohne gestört zu werden.«
    Dryden konnte ein leises Lächeln nicht zurückhalten. Er vollführte eine großzügige Geste mit der Hand in Richtung der Leiche, und als er Hazel Mallorys Handschuh sich zwischen die Beine der Leiche schieben sah, machte er auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.
    Genau in dem Moment, als die Tür hinter ihm zuglitt, hörte er Mallorys Stimme von drinnen: »Ralph!«
    Nicht Ralphie?, dachte er flüchtig, bevor er die Tür erneut aufschob und eine gebückte Mallory mit nahezu der ganzen Hand im Enddarm der Leiche steckend sah. Es war ein beklemmender Anblick.
    Â»Verdammt«, entfuhr es ihm.
    Â»Hier ist irgendetwas«, sagte Mallory und zog sachte ihre Hand wieder heraus. Dryden wurde klar, dass das ploppende Geräusch, das ertönte, als die Hand wieder zum Vorschein kam, ihn noch lange verfolgen würde.
    Mallory wischte einen Gegenstand ab und hielt ihn gegen das Licht. Es war ein winziges durchsichtiges Röhrchen aus Glas oder Plastik, in dessen beiden Enden zwei sehr kleine, ebenfalls durchsichtige Korken steckten. Im Inneren des Röhrchens war ein Stück Papier zu erkennen.
    Â»Im Hintern?«, fragte Dryden und kam näher.
    Â»Außerdem ziemlich weit hineingeschoben«, erklärte Mallory und deutete auf den Karton mit den Latexhandschuhen.
    Dryden biss die Zähne zusammen und streifte ein Paar über. Dann nahm er das kleine Röhrchen in die Hand und drehte und wendete es.
    Â»Irgendeine Kunststoffhülse«, sagte er und begann vorsichtig, einen der kleinen Korken zu bewegen. Nach einer halben Minute gab er nach. Mallory reichte ihm eine Pinzette aus ihrer umfangreichen Sammlung von Obduktionsinstrumenten auf einem Beistelltisch. Dryden nahm sie entgegen und zog einen zusammengerollten kleinen Zettel heraus. Er betrachtete das relativ grobfaserige, schwach blaugrüne Papier, rollte den Zettel vorsichtig auf dem Tisch auseinander und richtete die Lampe darauf.
    Dann las er laut: »An die operative Einheit, Europol.«
    Commander Andrew Crowley musterte die beiden Gestalten auf der anderen Seite des Schreibtischs und war selbst überrascht von dem Gedanken, dass sie ein schönes Paar abgeben würden. Dann überlegte er, warum ihm ausgerechnet dieser Gedanke gekommen war.
    Chief Inspector Ralph Dryden gehörte nicht gerade zu seinen Topkräften, war aber ansonsten ein gewandter, relativ junger Polizeibediensteter mit akzeptablen Karrierechancen. Im Großen und Ganzen gab es nichts gegen ihn einzuwenden, allerdings war er eher unscheinbar.
    Doktor Hazel Mallory hingegen war alles andere als blass. Ohne Latexhandschuhe und den obligatorischen weißen Kittel war sie eine blendende Schönheit. Commander Crowley ließ für einen kurzen Augenblick seinen sexuellen Phantasien freien Lauf.
    Doch Mallory zerstörte rasch seine Träume: »Ich verstehe, ehrlich gesagt,

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