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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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nicht ganz, warum ich hier bin«, sagte sie.
    Crowley blinzelte, als fühlte er sich ertappt. Dann riss er sich zusammen und sagte streng: »Ich muss mich deines Schweigens versichern, Hazel.«
    Â»Als würde ich etwas ausplaudern!«, rief sie gekränkt. »Ich habe noch nie das Geringste ausgeplaudert. Um meine Schweigepflicht ist es weiß Gott besser bestellt als um eure. Bei euch sickern die Fakten doch geradewegs durch wie durch ein Sieb.«
    Â»Solange die Boulevardpresse unseren unterbezahlten Polizisten ein halbes Jahresgehalt für etwas Klatsch und Tratsch zahlt, ist es schwer, etwas dagegen zu unternehmen. Aber ich spreche nicht von deiner Schweigepflicht, Hazel.«
    Â»Ich stelle fest, dass es dir offenbar gefällt, meinen Namen auszusprechen, Andrew«, sagte Mallory scharfzüngig. »Um was geht es dann?«
    Â»Um dein absolutes Schweigen, Hazel. Du darfst diesen Zettel nicht einmal erwähnen, weder Kollegen noch anderen Polizisten gegenüber. Du darfst ihn überhaupt nicht erwähnen.«
    Mallory zog die Stirn in Falten und musterte ihn.
    Â»Wenn das klar ist, kannst du jetzt gehen«, sagte Crowley.
    Kopfschüttelnd verließ Hazel Mallory mit einem raschen, schwer zu deutenden Blick auf Dryden den Raum.
    Nun las Andrew Crowley laut vor, was auf dem kleinen Zettel stand, der auf seinem Schreibtisch lag: »›An die operative Einheit, Europol.‹«
    Â»Es gibt keine operative Einheit innerhalb von Europol«, sagte Ralph Dryden und wand sich etwas in dem unbequemen Besucherstuhl.
    Â»Und auf der Rückseite«, fuhr Commander Crowley ungerührt fort, »›e98weriN‹ respektive ›79sYsd76‹, jeweils in einer Zeile.«
    Â»Eine Art Code«, meinte Dryden nachdenklich und zuckte mit den Schultern.
    Â»Ein Benutzername, ein Passwort?«, schlug Crowley vor.
    Â»Nicht ganz unwahrscheinlich«, meinte Dryden. »Aber wofür?«
    Commander Crowley beugte sich über den Schreibtisch vor und blickte Dryden an. »Es wird deine Aufgabe sein, das herauszufinden, Ralph. Und zwar ohne Kontakt zu irgendwelchen anderen Polizisten aufzunehmen und ganz ohne dein herkömmliches Team.«
    Â»Ich verstehe nicht ganz, was diese Geheimhaltungsneurose soll«, warf Dryden ein. »Was ist denn daran so speziell?«
    Andrew Crowley holte tief Luft und befingerte den handgeschriebenen kleinen Zettel.
    Â»Europol schickt ein paar Leute aus Den Haag her. Du wirst mit ihnen zusammenarbeiten, aber mit niemand anderem.«
    Â»Von wo?«, rief Dryden aus. »Von der ›operativen Einheit, Europol‹?«
    Â»Das hast du gesagt«, meinte Crowley und fixierte Dryden. »Es gibt keine operative Einheit bei Europol.«

Vorspiel
Stockholm, 6. April
    Aus ihrem neuen Bürofenster betrachtet, sah der Frühling irgendwie anders aus. Zwar hatte der April begonnen wie sonst auch – mit heftigen Wetterumschwüngen –, und auch die ersten kühn emporstrebenden Knospen im wie üblich vernachlässigten Innenhof des Polizeigebäudes erinnerten sie an die Vorjahre.
    Dennoch schien die Tatsache, dass sie nun in einem anderen Raum in einem anderen Teil des Gebäudes auf Kungsholmen in Stockholm saß, offenbar ihre Wahrnehmung verändert zu haben.
    Die Macht der Gewohnheit, dachte sie. Wie stark sie doch ist. Unser gesamter Organismus strebt nach Regelmäßigkeit, Gewohnheit, Wiedererkennung. Während unsere Seele, solange sie am Leben ist, letztlich nach dem Gegenteil strebt.
    Wir sind für immer und ewig dazu verdammt, uns gespalten zu fühlen. Bei dem Gedanken musste sie laut auflachen. Doch als sie ihr eigenes Lachen hörte, verstummte sie sofort und warf instinktiv einen Blick zur Decke. Schließlich sah sie ihren Blick im Spiegel und wusste nicht, ob sie weinen oder lachen sollte.
    Im Großen und Ganzen agierte Kriminalkommissarin Kerstin Holm wie ein beschatteter Mensch.
    Dieser Fall, der noch kaum als Fall bezeichnet werden konnte, war ihr bereits bis ins Mark gedrungen. Etwas an ihm vermittelte ihr ein körperliches Unbehagen. Das erstaunte sie. In all ihren Jahren als Polizistin hatte sie bedeutend schlimmere Dinge erlebt. Aber dieser Fall kam ihr völlig unberechenbar vor. Er öffnete der Polizei ganz neue Türen, bei denen sie sich nicht sicher war, ob man sie wirklich aufstoßen sollte.
    Das Stockholmprogramm, dachte sie. Das umfassende Programm der EU zur gemeinsamen

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