Gier
auf den Vernehmungstisch. Es sah genauso aus wie ein USB-Stick.
»Es ist, wie Sie wissen, ganz einfach«, fuhr sie fort. »Wir suchen das Passwort, das dieses kleine Ding hier benötigt, um zu funktionieren. Es wurde zuletzt nachweislich gestern Nachmittag um 15: 12 Uhr im Kulturzentrum benutzt, wo eine verschlüsselte Mail von einem Computer der Bibliothek an einen Computer der Mafia in der Nähe der Stadt Potenza in Süditalien versandt wurde.«
»Und die Antwort ist, wie Sie wissen, ebenfalls ganz einfach«, entgegnete Rechtsanwalt Lagerbrandt. »Es ist richtig, dass sich Herr Stiernmarck gestern zwischen 15: 04 Uhr und 15: 16 Uhr im Kulturzentrum aufhielt. Aber er hat keine Mail versandt. Es wird Zeit, dass Sie meinen Klienten gehen lassen. Das hier führt zu nichts.«
»Obendrein wurde technisch nachgewiesen, dass die Mail mit diesem Gerät hier, das in einem Geheimfach im FuÃboden unter Herrn Stiernmarcks Schreibtisch in seinem Haus in Hästhagen, Nacka, gefunden wurde, verschlüsselt worden ist. Dürfte man dies nicht als Indiz bezeichnen?«
»Aber nicht als Beweismittel«, antwortete Lagerbrandt, wenn auch etwas angespannt.
»Ich denke, dass sämtliche Anwesenden sich darüber im Klaren sind, wie das Gericht die Sachlage beurteilen wird. Aus welchem Grund haben Sie es dort versteckt? Und jetzt möchte ich, dass der Verteidiger seinen Mund hält und den Festgenommenen die Frage beantworten lässt. Herr Lagerhallenbrandt ist als Zeuge der Vernehmung hier und nicht als Beschuldigter. Dieses Mal.«
»Wie haben Sie mich gerade genannt?«
»Dürfte ich Herrn Lagerbrandt im Namen des Gesetzes nun darum bitten, still zu sein?«
»Kein Kommentar«, antwortete Stiernmarck und vermied es somit, lispeln zu müssen.
»In Anbetracht dessen, dass eine Anklage wegen schwerer Gewalt gegen die Staatsgewalt vorliegt, ist es im eigenen Interesse des Festgenommenen, zu antworten, insbesondere da er mit groÃer Wahrscheinlichkeit von der italienischen Mafia ermordet werden wird, sobald man ihn auf freien Fuà setzt. Es ist bereits eine Anzahl verdächtiger Personen mit südländischem Aussehen vor dem Polizeigebäude gesichtet worden. Gegen die wir jedoch aus rechtlichen Gründen leider nicht vorgehen können. Dank unseres hoch entwickelten Rechtsstaates.«
»Oder einfacher ausgedrückt«, sagte Sara Svenhagen. »Wenn Sie nicht aussagen, werden Sie sterben.«
»Alternativ werde ich, wenn ich aussage«, entgegnete Stiernmarck, diesmal allerdings stark lispelnd, »im Gefängnis landen.«
Lagerbrandt legte die rechte Hand auf Stiernmarcks Arm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Stiernmarck schüttelte den Kopf. Sagte jedoch nichts.
Kerstin Holm beugte sich leicht über den Tisch vor und erklärte: »Wir können natürlich alle gemeinsam den Kopf in den Sand stecken und die Auffassung vertreten, dass es sinnlos ist, Carl-Henric. Es wird sowieso keiner irgendetwas gegen die âNdrangheta ausrichten können. Wir sind allesamt machtlos. Aber ich weià ja nicht, wie wichtig Ihnen zum Beispiel Ihr Sohn Johannes ist.«
»Was hat denn Johannes mit der Sache zu tun?«
»Sie leben also in dem Irrglauben, dass man Ihre Familie verschonen wird?«
»Aber was zum Teufel soll es mir denn bringen, Ihnen etwas zu erzählen? Inwiefern sollte es mir und meiner Familie nützen? Soll ich schlicht und einfach darauf vertrauen, dass zwei weibliche schwedische Polizeibedienstete mich vor der Hölle auf Erden bewahren? Sie wissen doch selbst, dass meine einzige Chance darin besteht, den Mund zu halten!«
Während der Dauer seines Wortschwalls hing Anton Lagerbrandt förmlich über Carl-Henric Stiernmarck. Dennoch gelang es ihm nicht, ihn zum Schweigen zu bringen.
»Denken Sie denn, dass die Ihnen glauben werden, dass Sie geschwiegen haben?«, fragte Sara Svenhagen gelassen. »Dass man Sie auf freien Fuà setzt, weil Sie geschwiegen haben? Mal angenommen, wir würden Sie hier und jetzt auf freien Fuà setzen â worüber wir in der Tat nachdenken â, meinen Sie, dass Rechtsanwalt Lagerbrandt Sie dann nach Hause fahren würde?«
Rechtsanwalt Lagerbrandt riss die Augen auf und starrte die beiden Polizistinnen verdutzt an.
»Ja, was würden Sie dazu sagen, Anton?«, fragte Kerstin Holm. »Natürlich würden Sie Carl-Henric nach Hause
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