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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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in
ganz Paris unerreicht«, erklärte Lucine stolz. »Eine bessere werden Sie
so schnell kaum finden.«
    Dem konnte Samuel nicht widersprechen: Die Torte mit der
dicken Vanilleglasur und einer Füllung aus Walnüssen und Früchten war
köstlich. »Entschuldigen Sie meine Neugier, Lucine. Aber nachdem ich
Sie jetzt etwas näher kennengelernt habe, kann ich mir beim besten
Willen nicht vorstellen, was zwischen Ihnen und Janak vorgefallen sein
könnte, dass Sie so schlecht auf ihn zu sprechen sind. Ich kenne Janak
nun schon mehrere Jahre und könnte nichts Nachteiliges über ihn sagen.
Er ist eine absolut integere Persönlichkeit mit einem tiefverwurzelten
Gerechtigkeitssinn. Wenn es gilt, den Benachteiligten dieser
Gesellschaft zu ihrem Recht zu verhelfen, ist er immer zur Stelle. Was
hat er getan, dass Sie so enttäuscht von ihm sind?«
    »Dafür habe ich meine Gründe, Samuel. Aber lassen wir das.«
Sie wandte sich ab, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte.
    Samuel merkte, dass er zu weit gegangen war. Aus einem
spontanen Impuls heraus legte er ihr den Arm um die Schulter.
    Nachdem Samuel gegangen war, schenkte sich
Lucine ein Glas Chablis ein und blickte, versunken in ihre
Erinnerungen, aus dem Fenster. Janak hatte sie nicht nur enttäuscht, er
hatte sie im Stich gelassen. Sie studierte an der Sorbonne, als eines
Tages ein amerikanischer Tourist sie nach dem Weg fragte. Der seltsame
Gegensatz zwischen seinem derben, fast grobschlächtigen Äußeren und der
Wärme in seinem Blick hatte sie spontan angezogen, und sie beschloss,
ihn dorthin zu begleiten. Anschließend unterhielten sie sich den
Nachmittag über in einem Café, und ein paar Tage später hatten sie sich
unsterblich ineinander verliebt. Zumindest Lucine. Es ist immer wieder
dieselbe alte Geschichte, dachte sie wehmütig. Ein Mädchen verliebt
sich in einen Fremden und wird ungewollt schwanger, und schon schlägt
ihr Leben eine völlig andere Richtung ein.
    Es ist eben einfach passiert, hatte
sie schuldbewusst zu Janak gesagt.
    Wir sind beide nicht in der Lage, ein Kind
großzuziehen, Lucine, jedenfalls zurzeit nicht. Es ist einfach noch zu
früh für uns.
    Als sie leise zu weinen begann, hatte er sie in die Arme
genommen und ihr immer wieder erklärt, er stehe noch ganz am Beginn
seiner beruflichen Laufbahn und müsse sich erst eine Existenz aufbauen;
deshalb könne er unmöglich jetzt schon eine Familie unterhalten. Aber
um die finanzielle Seite des Problems, fügte er hinzu, würde
selbstverständlich er sich kümmern – das wäre die einzige
vernünftige Lösung.
    Abtreibungen seien in Frankreich verboten, hatte sie darauf
erwidert, und sie sei sich auch gar nicht sicher, ob sie das wirklich
wolle.
    Du kannst dir doch nicht die Zukunft verbauen,
Lucine, allein mit einem Kind. Das war der Punkt, an dem ihr
klarwurde, dass Janak nicht der Mann war, für den sie ihn gehalten
hatte. Er wollte nicht einmal die Verantwortung für seinen Part bei der
Sache übernehmen. Er tat ganz so, als wäre alles einzig und allein ihr
Problem.
    Ein paar Tage später fuhren sie mit dem Taxi in eine kleine
Straße im Marais. Lucine hatte die Adresse von einer Freundin bekommen.
Langsam stiegen sie die Treppe im Hinterhaus hinauf. Lucines Angst
wuchs mit jeder Stufe. Janak klopfte an die vergitterte Tür, und eine
Frau mittleren Alters mit grauen Strähnen im Haar und müden Augen
öffnete ihnen. Die faiseuse d'ange , die
Engelmacherin, trug einen zerknitterten Schwesternkittel, der dringend
einer Wäsche bedurfte, und hielt eine Gauloise zwischen den Fingern.
Sie nahm Lucine mit einem beruhigenden Lächeln am Arm und führte sie in
ein hellgrün gestrichenes Zimmer mit einer Neonlampe an der Decke. Ein
Ventilator summte, und aus einem museumsreifen Radio tönte krächzend,
von einer Werbeeinblendung unterbrochen, ein Chanson von Edith Piaf.
    Die Frau setzte sich hinter ein altes Lehrerpult und legte die
Zigarette in den Aschenbecher. Ohne Janak auch nur eines Blickes zu
würdigen, sah sie Lucine an. Hab keine Angst, es ist gleich
vorbei. Aber vorher müssen wir noch das Finanzielle regeln.
    Das war für Janak das Stichwort, seine fünfhundert neuen
Francs auf den Tisch zu blättern. Die Engelmacherin nahm das Geld an
sich und zählte es noch einmal ab.
    Tout est prêt , sagte
sie und zwinkerte dem Mädchen zu. Komm mit.
    Sie führte Lucine in ein Zimmer, das in demselben fahlen Grün
gestrichen war. Dort stand ein mit Riemen versehener Tisch, über dem
eine grelle

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