Gift
deinen Gunsten. Deadeye ignoriert die Beweise
einfach. Die Frage ist allerdings, ob die Geschworenen das auch so
sehen.«
»Auf lange Sicht wirst du die Zeugen auf jeden Fall dazu
bringen, die Wahrheit zu sagen«, schaltete sich Asquith ein, »und zwar
egal welche krummen Touren Deadeye versucht. Und nur das zählt.«
»Was langfristig passiert, interessiert mich nicht die Bohne«,
erwiderte Janak. »Ich will, dass meine Mandanten jetzt sofort
freikommen und nicht erst in fünfundzwanzig Jahren. Und ich muss sagen,
ich habe kein gutes Gefühl bei der Sache.«
»Jetzt warte doch erst mal ab«, versuchte Samuel den Anwalt zu
beruhigen. »Mach einfach weiter wie bisher, Schritt für Schritt. Und
ich werde dafür sorgen, dass in der Presse über den Fall berichtet
wird.«
»Ich glaube, ihr liegt mit eurer Einschätzung der Lage beide
falsch«, sagte Janak. »Der Ausgang dieses Prozesses hängt
ausschließlich davon ab, ob Deadeye noch einmal ein Fehler unterläuft.
Sollte das nicht der Fall sein, verlieren wir.«
»Wie kommst du denn darauf?«, fragte Asquith.
»Weil das 1962 in Contra Costa County so läuft«, antwortete
Janak mit besorgter Miene.
Als das Gericht um vierzehn Uhr wieder
zusammentrat, rief Deadeye Dr. Jerome Bancroft auf. Der Rechtsmediziner
begab sich mit einem kleinen braunen Ordner und einem Umschlag mit dem
Stempel ›Amtliches rechtsmedizinisches Bildmaterial‹ in den
Zeugenstand. Der hagere, mittelgroße Brillenträger hatte nur noch einen
schmalen grauen Haarkranz um seinen ansonsten kahlen Schädel und
entsprach mit seiner schmallippig herablassenden Art genau den gängigen
Vorstellungen von einem Arzt, der mehr mit Toten als mit Lebenden zu
tun hatte.
Um Bancrofts fachliche Kompetenz unter Beweis zu stellen,
schilderte Deadeye Graves kurz den Lebenslauf des Doktors, der nach
Abschluss seines Medizinstudiums und seines praktischen Jahres zur Army
gegangen war, bei der er in den vier Kriegsjahren als Arzt Dienst tat.
Nach dem Krieg ließ er sich wie Millionen andere in Kalifornien nieder
und eröffnete in Walnut Creek eine Praxis. Neben seiner Tätigkeit als
Arzt hatte er begonnen, bei Bedarf für das Contra Costa County
Obduktionen durchzuführen, und war unter anderem damit beauftragt
worden, die Autopsie an Armand Hagopian vorzunehmen.
»Ich hätte einige recht spezifische Fragen an Sie, Dr.
Bancroft«, begann Deadeye. »Aber wie ich sehe, haben Sie das
Obduktionsprotokoll bei sich. Sie können es gern zu Rate ziehen, wenn
Sie Ihr Erinnerungsvermögen auffrischen müssen. Sie haben die Autopsie
vorgenommen, ist das richtig?«
»Ja, Sir.«
»Wann war das genau?«
»Am 7. Dezember 1961 um acht Uhr morgens im Leichenschauhaus
des County.«
»Hatten Sie einen Assistenten?«
»Ja, Sir. Ein Mitarbeiter hat mir assistiert.«
»An wem haben Sie die Obduktion vorgenommen?«
»Den Angaben in den Unterlagen zufolge, die durch die
Fingerabdrücke des Verstorbenen bestätigt wurden, war der Tote Armand
Hagopian, ein einundfünfzigjähriger Weißer.«
»Konnten Sie die Todesursache feststellen?«
»Ja, Sir. Die Todesursache war Asphyxiation. Das heißt, dem
Opfer wurde die Luftzufuhr abgeschnitten.«
»Wie sind Sie zu dieser Feststellung gelangt?«
»Dafür gab es verschiedene Indizien. Die Halsmuskulatur um den
Larynx – das ist der Kehlkopf – war gequetscht, die
Luftröhre hatte Risse, und dieBlutgefäße im Weißen
seiner Augen wiesen Anzeichen einer Blutung auf. Das sind die
klassischen Symptome, wenn jemand auf diese Weise ums Leben kommt.«
»Sind Sie auf Hinweise gestoßen, dass sein Tod andere Ursachen
gehabt haben könnte?«
»In seinem Mund befanden sich toxische Chemikalien, die in die
oberen Luftwege eingedrungen waren, aber meiner Meinung nach wurden sie
dem Opfer erst nach seinem Tod eingeflößt und haben diesen keinesfalls
verursacht.«
»Wollen Sie damit sagen, jemand hat ihm die Chemikalien, die
sich auch in den Cola-Flaschen befanden, in den Mund geschüttet?«
»Ja, alle vier dieser Chemikalien. Aber das Opfer war zu
diesem Zeitpunkt bereits tot.«
»Sie haben als Todesursache Asphyxiation angegeben. Ist das
dasselbe wie Erhängen?«
»In diesem Fall deutet alles darauf hin, dass dem Opfer durch
Erhängen die Luftzufuhr abgeschnitten wurde. Als wir die Schlinge von
seinem Hals entfernten, wies die Haut darunter Abschürfungen auf, wie
man sie einzig und allein durch Erhängen bekommt. Außerdem hing er an
diesem Seil vom Tor der Mülldeponie.«
»Das war
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