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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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aber noch nicht alles, was dem Opfer angetan wurde,
richtig?«
    »Ja, Sir. Das Opfer wurde entmannt, und zwar zu einem
Zeitpunkt, als es noch lebte.«
    »Woraus erschließen Sie das?«
    »Sehen Sie die Fotos von den Blutflecken auf seinen
Hosenbeinen? Der starke Blutverlust deutet daraufhin, dass das Herz des
Opfers noch schlug, als ihm die Verletzungen beigebracht wurden.«
    »Können Sie den ungefähren Todeszeitpunkt angeben, Herr
Doktor?«
    »Das ist mir leider nicht möglich. Dazu müsste ich wissen, wie
weit der Rigor Mortis fortgeschritten war, als der Coroner das Opfer
untersucht hat.«
    »Sie wissen es also nicht. Ist das Ihre Aussage?«
    »Ja, Sir.«
    »Was ist der Rigor Mortis, Herr Doktor?«
    »Damit bezeichnet man die Totenstarre, also den Prozess, bei
dem nach dem Tod eines Menschen die Muskeln langsam zu erstarren
beginnen. In der Regel setzt dieser Prozess drei bis vier Stunden nach
dem Tod ein und ist zirka zwölf Stunden später abgeschlossen.«
    »Danke, keine weiteren Fragen«, sagte Deadeye.
    »Möchten Sie den Zeugen ins Kreuzverhör nehmen, Mr. Marachak?«
    »Ja, Euer Ehren, danke.« Und wieder kam Janak nach vorn an den
Zeugenstand.
    »Guten Tag, Herr Doktor. Sie haben den vollständigen Bericht
des Coroner sowie den Ermittlungsbericht der Polizei vorliegen, des
Weiteren den toxikologischen Befund, den Obduktionsbefund und sämtliche
Fotos, die auf der Deponie gemacht wurden, ist das richtig?«
    »Ich habe nicht alle diese Unterlagen hier im Zeugenstand bei
mir, aber sie befinden sich in meiner Aktentasche.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, sie zu holen? Ich möchte
Ihnen ein paar Fragen stellen, und möglicherweise müssen Sie sie zur
Beantwortung zu Rate ziehen.«
    Der Arzt sah hilfesuchend zu Deadeye hinüber, doch der
Ankläger wollte unter keinen Umständen den Eindruck erwecken, den
Geschworenen würden Beweismittel vorenthalten, und wich seinem Blick
aus. Darauf wandte sich Bancroft dem Richter zu, der ihm mit einem
Nicken die Zustimmung erteilte, den Zeugenstand zu verlassen und seine
Aktentasche zu holen.
    Als der Pathologe wieder Platz genommen hatte, begann Janak:
»Die Totenstarre setzt etwa drei bis vier Stunden nach dem Tod ein,
sagten Sie.«
    »Ja, Sir.«
    »Und Sie sagen, Ihnen war nicht bekannt, in welchem Stadium
der Erstarrung sich die Leiche befand, als sie vom Coroner untersucht
wurde?«
    »Richtig.«
    »Würden Sie bitte Seite eins der Aufzeichnungen des Coroner
aufschlagen? Sie sind Teil der Akte, die Sie vor sich liegen haben.«
    Dr. Bancroft kam der Aufforderung nach. »Ja, hier ist sie. Was
möchten Sie wissen?«
    »Lesen Sie den Geschworenen vor, was dort steht.«
    »In den Aufzeichnungen steht: ›Die Leiche befindet sich im
Anfangsstadium der Totenstarre. Ich beugte die Extremitäten und die
Finger der Hände, aber die Leiche wurde zusehends starrer.‹«
    »Als der Coroner das schrieb, befand er sich am
Leichenfundort, und der Tote wurde gerade vom Eingangstor der Deponie
heruntergeholt, ist das richtig?«
    »Ja, Sir.«
    »Die Totenstarre setzt bekanntlich drei bis vier Stunden nach
Eintritt des Todes ein. Der Coroner untersuchte den Toten –
welchen Zeitpunkt hat er dafür in seinen Notizen angegeben?«
    »Acht Uhr morgens.«
    »Und es war ein kalter Dezembertag. Spielt das in diesem
Zusammenhang eine Rolle?«
    »Ja, Sir. Bei kalter Witterung verzögert sich der
Erstarrungsprozess.«
    »Im polizeilichen Ermittlungsbericht steht, dass der Tote
gegen sechs Uhr von einem anonymen Lkw-Fahrer entdeckt wurde. Demnach
muss das Opfer irgendwann zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens
gestorben sein, ist das richtig?«
    »Wenn die Aufzeichnungen des Coroner richtig sind, würde ich
sagen, ja. Das dürfte in etwa hinkommen.«
    »Liegen Ihnen Hinweise vor, dass sie eventuell nicht richtig
sein könnten?«
    »Nein, Sir.«
    »Demnach dürfte diese Angabe nicht nur in etwa hinkommen.
Vielmehr handelt es sich um eine absolut zuverlässige, wissenschaftlich
untermauerte Einschätzung des Sachverhalts, ist das richtig?«
    »Ja, Sir.« Die Lippen des Arztes schienen plötzlich auf seinen
großen Zähnen festgeklebt und verliehen ihm das Aussehen einer Leiche,
die der Ewigkeit entgegengrinst.
    »Wenden wir uns nun der Todesursache zu. Sie sagten, es war
Asphyxiation? Verursacht durch Erhängen?«
    »Die Todesursache könnte Erhängen gewesen sein. Jedenfalls
wurde etwas um den Hals des Opfers geschlungen und so fest zugezogen,
dass es erstickte.«
    »Vielleicht habe ich

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